Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)

wenn es anders geht?«
    Ihre Lippen bebten und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Schnodder tropfte aus ihrer Nase.
    Jack zog vier Augenbrauen hoch. »Du fürchtest dich maßlos und flüchtest in Worte, kleine Barb!« Er hatte Mitleid. Das hatte er noch nie erlebt. War es ihre Körpergröße? Erinnerte sie ihn zu sehr an ein Kind? Bei den Düstergöttern, er durfte nicht versagen.
    Sie schwiegen sich ein paar Atemzüge an und in Blumas Gesicht zuckte es. Unversehens trockneten die Tränen und mit zitternder Stimme fragte sie: »Was ist geschehen? Warum hast du so viel Angst?«
    »Angst?«
    »Vor dem Versagen.«
    »Es war der Dämonenmann ...«, kreischte er unbeherrscht. »Er ist zwei Zellen weiter angekettet. Er ist noch stolzer als du. Er wollte mir nicht einmal seinen Namen nennen. Er hielt mir stand. Meinen Werkzeugen und meiner Magie.«
    »Was ist ein Dämonenmann?«
    »Er wechselt immerfort zwischen zwei Identitäten. Mal ist er Dämon, dann wieder ist er Mensch. So etwas dürfte es nicht geben, deshalb ist er für Lord Murgon so wichtig. Der Lord will alles über ihn wissen ...«
    »... und dir gelang es nicht, den Lord zufrieden zu stellen?« antwortete Bluma.
    Der Sanfte Jack nickte, jeder Kopf in eine andere Richtung. So stand er da und Bluma erhob sich.
    »Siehst du, das meinte ich ...«, murmelte er schwach. »Du bleibst nicht sitzen, auch wenn ich dir Schmerzen bereite. Du missachtest meinen Befehl. Ich konnte ihm seinen Namen nicht entreißen. Einer wie ICH! Kannst du dir das vorstellen?«
    Sie stand vor ihm und er roch ihren Schweiß und ihre Weiblichkeit. Seine Schädel drohten zu platzen. Mit den linken Augen suchte er die Lampe, die Holzkiste. Seine Köpfe befanden sich in Aufregung.
    Nein, er würde sich nicht kleinreden lassen. Er würde nicht klein beigeben, sich nicht klein machen
    Klein
    Klein!
    Ist sie zu klein für mich?
    Bluma begann zu singen. Der Sanfte Jack verharrte regungslos. Er hatte alles erlebt. Sie winselten, bettelten, jammerten, krochen umher, bebten oder heulten im Angesicht der Schmerzen.
    Oder sie schwiegen wie der Dämonenmann!
    Gesungen hatte noch niemand!
     
    Sie fanden diesen Dunklen.
    Der nannte sich L-kor
    Bestraften ihn mit Feuer,
    wie er es gern beschwor.
     
    Für den Sanften Jack waren es nur Worte, die er nicht verstand. Sie sang in ihrer eigenen Sprache. Dennoch ergriffen ihn die Töne. Ihre Stimme war rein und klar.
    Der Sanfte Jack bewunderte die kleine Barb Bluma.
    Sie war so ... tapfer!
    Ihr Gesang endete und der Sanfte Jack gab sich einen Ruck. Er stieß einen grellen Ton aus und vier Augen stießen zu, schleuderten Bluma mit schneidender Magie nach hinten, wo sie an die Mauer krachte und daran zu Boden rutschte. Er beugte sich zur Kiste und öffnete sie.
    Um Haaresbreite wäre es ihm ergangen wie mit seiner Frau, die er hatte töten müssen. Er hätte zu viel Gefühl gezeigt. Er würde seinen Auftrag erfüllen.
    Jetzt erst recht!
     
     

8. Kapitel
     
    Wie war der junge Idiot nach Unterwelt geraten?, fragte Gwenael sich zum wiederholten Mal. Er war einfach durch die Höhlen spaziert, bewaffnet mit einem Schwert, ohne das er es handhaben konnte. Wie jemand, der auf dem Jahrmarkt einen Barbaren spielt, aber vor einem kleinen Hund davon läuft. Hatte das Geheimnis gelüftet, welches auch sie, Gwenael, hergebracht hatte?
    Ein naiver Bursche, der vom Sanften Jack grausam getötet wurde, obwohl er mit dem Übergang eine große Portion Mut bewiesen hatte. Oh ja – Gwenael wusste das! Hatte Magus Claudel auch ihm geholfen?
    Woher kam der Bengel?, versuchte der Sanfte Jack zu erfahren, aber der Junge sagte nichts.
    Durch den Meeresübergang konnte er nicht nach Unterwelt gelangt sein. Dafür benötigte es Wesen, die Lord Murgon unterworfen waren. Woher also?
    Der Junge schwieg, nein, so konnte man das nicht sagen – er brüllte und schrie, aber er sprach nicht. Er verfiel nach wenigen Atemzügen dem Wahnsinn. Die Furcht brachte ihn um. Für klare Gedanken hatte der Gefangene keine Zeit mehr. Gwenael erinnerte sich an seine runden großen Augen, die den Dunkelelfen anstarrten und dann sie, als könne er nicht glauben, was mit ihm geschah.
    Die Erinnerung machte ihr eine Gänsehaut. Während der Schwarze Wanderer, wie man Eindringlinge der Unterwelt nannte, starb, weinte sie in sich hinein und verfluchte die Grausamkeit ihres Bruders. Der Unglückliche war doch noch fast ein Kind ...
    Sie versuchte, sich von diesen Überlegungen abzulenken und spielte mit den