Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
Auge es wahrnahm. Der Dokk krachte auf seine Hinterläufe, rutschte über den Stein, brüllte frustriert und sein Schädel zuckte suchend und desorientiert hin und her. Er rollte sich um die eigene Achse und seine sechs Beine verknoteten sich. Mit einem weiteren Schrei kam er wieder auf die Pfoten.
Nun sprangen die anderen Beiden.
Gwenael duckte sich unter den Kreaturen weg und kam in eine Vorwärtsrolle. Die Dokks flogen haarscharf aneinander vorbei, ihre Herrin war acht Schritte entfernt. Bevor die Dokks sich aufgerappelt hatten, stand sie wieder auf den Füßen. Ha, sie hatte eine Ausbildung als Kriegerin und würde mit diesen unfreundlichen Bestien spielend fertig. Genaugenommen machte es ihr sogar Spaß. Ihre Finger schnellten nach vorne und sie konzentrierte sich. Nichts geschah, keine Energie floss durch ihre Finger, nichts passierte, so, als hätte sie ihre Magie verloren. Sie brauchte etwas Zeit, um sich endgültig von der Vision zu lösen. Dann würde sie es den Kreaturen zeigen. Eines war klar. Derzeit hatte sie ihre Magie verloren!
Sie suchte nach einer Waffe.
Ein Kerzenleuchter. Sie huschte blitzschnell dorthin, aber die Dokks hatten sich auf ihre Schnelligkeit eingestellt, als hätten sie die Fähigkeit ihrer Herrin absorbiert. Knurrend und zähnefletschend verkürzten sie ihr den Weg. Einer schnappte nach ihr, wobei seine messerlangen Zähne wie Orkklingen glühten. Mit nur einem Biss konnte der Dokk seiner Gegnerin den Kopf abbeißen. Das wusste sein Kampfinstinkt, denn er richtete sich auf die Hinterläufe und tappte zwei, drei, vier Schritte auf sie zu, ein grauenerregender Anblick. Im selben Atemzug war Gwenael von drei aufrecht stehenden und sie kopfhoch überragenden Dokks umringt, als wollten sich alle an den Pfoten fassen und einen Ringelrein um ihr Opfer tanzen.
Gwenael spürte den Atem der Kreaturen. Es gab keinen Ausweg. Sollte sie sich ducken, wegrollen, springen, mit Gewalt aus diesem schrecklichen Gefängnis befreien? Noch waren ihre magischen Kräfte nicht zurückgekehrt, zumindest nicht alle. Die magische Geschwindigkeit war immerhin präsent und diese konnte sie nutzen. Aber wie?
Es handelte sich um drei Muskelpakete mit schwarz schimmerndem Fell. Drei mörderische Gebisse. Dreimal Jagdtrieb und Mordlust.
Sie starrte in die roten Augen der Bestien und wartete auf den tödlichen Biss. Im selben Moment gab der Dokk vor ihr ein Geräusch von sich, als würge er seinen Magen hoch. Das mittlere Beinpaar zuckte und deren Pfoten trommelten auf Gwenaels Körper. Als sie instinktiv zurücksprang, prallte sie gegen den heißen Körper von Weißmaul, dessen vordere Pranken auf ihrer Schulter lagen, während seine mittleren Beine sie umschlungen hielten. Er würde ihr seine Zähne in das Genick rammen.
Es ist zu spät.
Ich bin tot!
Der Dokk vor ihr platzte auseinander wie eine reife Frucht. Es stank erbärmlich und qualmte weißrot. Fleisch spritzte nach allen Seiten und beschmutzte Gwenaels Kleidung.
Weißmaul ließ sie los und Gwenael sprang wie ein Grashüpfer über den zerplatzten Körper.
Unmittelbar danach geschah das gleiche mit dem zweiten und dritten Dokk. Sie explodierten, ihre Knochen, Innereien und Schädel flogen durch die Gegend und im Tod krachten ihre Zähne aufeinander.
Gwenael traute ihren Augen nicht.
Verdutzt starrte sie auf das seltsame Schauspiel.
Ganz langsam drehte sie sich zum Höhleneingang und sah in Murgons lächelndes Gesicht. Der Dunkelelf ließ die Hand sinken, schüttelte sie aus und nickte langsam.
»Genau im richtigen Augenblick, nicht wahr?«
Gwenael starrte ihn mit großen Augen an.
Murgons Lächeln verwandelte sich in ein messerscharfes Grinsen. »Schön, dass wir uns aufeinander verlassen können, wirklich schön … «
Er drehte sich um und ließ Gwenael bei den zerrissenen Kadavern der Dokks zurück.
Es gab so viele Geschichten über Drachen, dass sogar geübte Barden oder Erzähler sie kaum aufzählen konnten. Sie seien eine Mischung aus Reptilien, Vögeln und Raubtieren, sagte man. Das hörte Drachen nicht gerne, denn sie hielten sich für etwas Besonderes.
Da war die Rede von alten Drachen, die Goldschätze bewachten, mit denen sie zwar nichts anfangen konnten, die sie aber ihrer Farbe wegen liebten.
Es gab Drachen, die die Generationen überlebten und durch die Zeit reisten, und es gab Drachen, die sich dunklen Mächten anschlossen und mit ihnen Kriege führten. Städte, die verbrannten, Menschen, die starben und Drachen,
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