Im Schatten der Drachen (MYTHENLAND - Band 1 bis 5 komplett) (German Edition)
überrennen.
»Was hast du vor?«, brüllte Bob, der sah, dass Connor sich in Richtung der Herde aufmachte.
»Sie aufhalten.«
»Verfluchter Narr! Wie willst du das alleine hinkriegen?«
»Mir fällt was ein. Vielleicht fürchten sie sich vor mir.«
Bob wedelte mit den Armen. »Lass sie kommen. Ich will, dass du mit uns zum Strand flüchtest. Wenn wir Glück haben, zerstören sie nur das wenige, was wir aufgebaut haben.«
»Wenn wir Pech haben, folgen sie uns zum Strand und töten, was sie vor die Hörner kriegen. Wir wissen nicht, was in diese Tiere gefahren ist.«
»DER ÄRGER! Anders kann es nicht sein. Er hat sie in seiner Gewalt. Sie drehen durch.«
»Ich komme nicht mit!«
»Du bist genauso dämlich, wie du kantig bist, Blondling.« Bob brüllte sich fast die Kehle aus dem Leib, während das Dröhnen an Intensität zunahm. »ICH BEFEHLE ES DIR!«
Connor lachte und rannte los. Noch waren sie hinter dem Hügel. Wenn er sich beeilte, konnte er sich ihnen entgegen stellen und den Leitbullen ...
Den Leitbullen ...
Bei den Göttern! Ja, er war dämlich. Warum hatte er sich nicht mit einem Bogen bewaffnet? So hätte er versuchen können, den Leitbullen abzuschießen. Mit etwas Glück würde das bei der Herde Verwirrung stiften und sie drehten ab. Stattdessen hatte er einen Stab und eine Axt. Bob hatte recht. So dämlich wie kantig!
Und jetzt? Dann musste er es eben mit diesen Waffen schaffen. Er würde sich dem Leittier stellen und es niederschlagen. Wenn es sein musste, würde er ihm den Carnusstock in den Rücken jagen, direkt unter die Ausbuchtungen, die wie Drachenhörner bis zum Schwanz reichten.
Connor sammelte sich und schaute nicht zurück. Erst als eine kleinere Gestalt keuchend und schwitzend neben ihm auftauchte, wurde er aus seiner Konzentration gerissen.
»Was willst du hier?«, schrie er gegen den Lärm an.
Bob blickte zu ihm hoch und schwenkte den Bogen. Über dem Rücken hing ein gutgefüllter Köcher. »He, Blondling, wir müssen den Leitbullen abschießen.«
»Schaffst du das, kleiner Mann?«
»Ich schieße einer Fliege in den Arsch, wenn’s sein muss.«
Für Diskussionen war keine Zeit. Es war, wie es war. Da mussten sie durch.
Sie rannten die Anhöhe hinab, umrundeten eine Buschlinie und kamen auf die Ebene. Das Bild, welches sich ihnen bot, war unglaublich. Etwas erhöht stehend, genau in der richtigen Position, um mit Pfeil und Bogen zu kämpfen, blickten sie auf ungefähr vierhundert Crocker, die direkt auf sie, das Dorf und den Strand zuliefen. Sie alle waren in langen Zyklen von den Barbs gezüchtet worden.
Diese Crocker wirkten weniger wie eine wilde Horde, sondern, als trieb sie der Fressdrang. Ihre Mäuler klappten auf und zu, Schleim und Geifer spritzte und ihr Gang war zwar schnell und zielbestimmt, dennoch rannten sie nicht sinnentleert, als steuere sie eine geheimnisvolle Kraft.
Sie wirbelten Unmengen Staub hoch und rissen Pflanzen aus dem Erdreich. Über der Herde schwebte eine graue Wolke Staub. Die eng aneinander gepressten Körper wirkten wie eine rohe brutale Masse Fleisch. Es war kaum zu glauben, dass eben jene Herde sonst aus stillen, verspielten Tieren bestand, die nicht nur Milch gaben, sondern jederzeit als Nahrung dienten. Ihre kurzen Felle wurden geschickt verarbeitet, aus der Haut machte man Leder. Die Sehnen schlang man zur Stabilisierung in die Wareikenseile, aus den Knochen wurde Kleister gemacht. Und so weiter. Ohne Crocker war ein Leben auf Fuure nicht denkbar und es gab keinen Barb, der nicht Achtung vor diesen mächtigen Tieren hatte. Es wurde nie sinnlos getötet und tragende Weibchen wurden allzeit verschont.
Bob spannte seinen Bogen. Aufgrund seiner kurzen Arme und der damit verbundenen geringen Reichweite der Pfeile musste er lange warten, was an den Nerven riss. Connor schüttelte den Kopf, schlug seinem Freund auf die Schulter und schritt, die Axt und den Stab erhoben, wie ein Rachegott nach unten auf die Ebene. Die Sonne brannte auf seiner Haut. Er fühlte sich stark.
Er zog seine Augenbrauen nach unten, seine Lippen zusammengepresst, Kopf und Körper ein Fels, wartete er. Noch vierzig, vielleicht fünfzig Atemzüge, und sie wäre nahe genug heran. Wo war das Leittier? Connor beobachtete, sondierte und schließlich meinte er, es ausgemacht zu haben.
Seine Gedanken waren ausgeschaltet.
Es gab nur die Crocker und ihn.
Ein Pfeil sirrte an ihm vorbei und bohrte sich in die Kehle eines Crocker, der brüllend anhielt, den Kopf
Weitere Kostenlose Bücher