Im Schatten der Erdmagie
drehte er sich kurz noch einmal um.
„ Ich bin heilfroh, daß wenigstens zwischen uns beiden alles geklärt ist. Weißt du, ich habe nie richtige Eltern gehabt, und du bist für mich jetzt schon mehr als meine eigene Mutter!”
„ Das ist das schönste Kompliment, das ich jemals gehört habe!” bekannte Kara Kioto, doch das konnte Peter nicht mehr hören, denn er war schon draußen.
Er hatte es eilig, und Kara war ihm dankbar darum.
Sie setzte sich nieder und lauschte in sich hinein.
„ Alles wird gut, Peter. Ich spüre es. Leicht wird es nicht werden, die Rätsel zu lösen – und zu entschärfen! -, aber du wirst es schaffen – und Ellen auch!”
War es nur der schiere Optimismus oder war dieses Gefühl wirklich echt?
Sie vermochte es nicht, mit Sicherheit zu bestimmen.
*
Professor Brook konnte es nicht erwarten, zumindest im groben den Inhalt des Manuskriptes kennenzulernen.
„ Ich denke, wir fahren am besten zu meiner Villa, und Sie helfen mir, eine vorläufige Übersetzung zu erstellen”, schlug er Ellen vor. „Natürlich erwarte ich nicht, daß Sie das umsonst machen. Sie bekommen den normalen Stundensatz einer studentischen Hilfskraft. Sind Sie damit einverstanden?”
„ Ja, sicher!” antwortete Ellen ziemlich überrascht. Und sie dachte natürlich an Peter. Sollte sie ihn noch einmal anrufen?
Der Professor lenkte sie ab.
„ Ich bin sicher, daß das Kerimov-Manuskript uns in dieser Sache erheblich weiter bringen wird!”
„ Mich erstaunt etwas, daß Sie sofort bereit waren, den vollen Preis zu bezahlen”, bekannte die junge Frau.
Brook lächelte mild, während er den Wagen an einer roten Ampel anhielt. „Manchmal folge ich einfach meiner Intuition. Kennen Sie das nicht auch?”
„ Doch.”
„ Na, sehen Sie!”
*
Eine halbe Stunde später erreichten sie die Villa des Professors. Ellen erstarrte förmlich. Nie zuvor war sie an diesem Ort gewesen, da war sich die junge Frau sicher. Und doch hatte sie die Villa schon einmal gesehen!
Im Hintergrund war das Themseufer zu sehen.
Ein Frachter quälte sich flußaufwärts.
Es war dasselbe Haus, das sie in jener blitzlichtartigen Vision vor ihrem inneren Auge gesehen hatte, als sie Karem Grant, dem jungen Gehilfen des Antiquars, begegnet war.
„ Was ist los mit Ihnen?” erkundigte sich Brook, der bereits ausgestiegen war. „Sie sehen so blaß aus!”
Ellen schluckte.
Was hätte sie jetzt sagen sollen? Daß sie eine Art deja vu-Erlebnis hatte? Gleichgültig, in welche Worte man es auch faßte, es klang einfach absurd.
„ Es ist nichts”, behauptete sie daher.
Brook runzelte die Stirn.
Selbst dem weltabgewandten Eigenbrötler, den ganz gewiß alles andere als umfassende Menschenkenntnis auszeichnete, schien Ellens Behauptung nicht sonderlich überzeugend vorzukommen.
Das Manuskript hatte er unter den Arm geklemmt.
„ Kommen Sie! Ich bin gespannt, was wir beide erfahren werden!”
Ellen stieg endlich ebenfalls aus und folgte ihm.
Hastig schloß Brook die Tür auf. Sie gingen durch eine hohe Eingangshalle. Eine dicke Staubschicht bedeckte die Möbel. Offenbar hatte sich schon seit längerem niemand mehr wirklich um die Pflege dieses Anwesens gekümmert.
Brook führte Ellen zur Empore hinauf und vor dort in einen großen Raum, der ihm offenkundig als Arbeitszimmer diente. Mehrere völlig überladene Schreibtische fanden sich hier. Die Stapel von Büchern und Manuskripten, die sich darauf türmten, drohten jeden Moment einzustürzen.
„ Machen Sie sich einen der Sessel frei! Es tut mit leid, daß ich für Sie nicht aufräumen konnte, aber…”
„ Ist schon in Ordnung”, behauptete Ellen.
Der Professor kramte in einem Schrank herum und holte schließlich einen altmodischen Kassettenrecorder hervor.
„ Oh”, entfuhr es ihr unwillkürlich.
„ Irgend etwas nicht in Ordnung damit?” fragte Brook, während er auf einem der Tische einen Bücherstapel vorsichtig zur Seite schob, um Platz für das Aufnahmegerät zu bekommen.
„ Das Ding sieht aus wie aus dem Museum!”
„ Ja und funktioniert immer noch. Ganz im Gegensatz zu den Geräten, die man heute so kaufen kann! Es handelt sich um eine Spezialanfertigung, die Aufnahmen mit besonderer Empfindlichkeit ermöglicht! Vielleicht haben Sie mal davon gehört, daß die Stimmen von Toten aus dem Bandrauschen herausgefiltert werden konnten? Ich habe eine Zeitlang ebenfalls derartige parapsychologische Experimente durchgeführt und wissenschaftlich
Weitere Kostenlose Bücher