Im Schatten der Gerechtigkeit

Titel: Im Schatten der Gerechtigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry

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wäre vom Pferd gefallen, aber ich glaube nicht, daß der Doktor das auch nur einen Augenblick geglaubt hat. Er war zu diskret, um etwas zu sagen, aber ich habe den Ausdruck auf seinem Gesicht gesehen. Archie sagte, er würde Geoffrey verklagen, aber er hatte ja geschummelt und wußte, daß wir es wußten, und so hat er es natürlich nicht getan. Aber man hat seither keinen von beiden je wieder eingeladen.« Sie lächelte ihn an und zuckte die glatten Schultern. »Ich nehme also an, Nanette hatte eine ganze Menge nachzudenken. Immerhin, ein Temperament dieser Art gibt einem schon zu denken, wie charmant ein Mann auch immer sein mag, finden Sie nicht?«
    »Das finde ich in der Tat, Mrs. Waldemar«, sagte Monk aufrichtig. Mit einemmal sah sie ganz anders aus. Sie war nicht dumm; ganz im Gegenteil, sie verfügte über eine außerordentliche Auffassungsgabe. Sie plapperte nicht nur so dahin; sie lieferte kostbare und womöglich äußerst wichtige Informationen. Mit tiefer Wertschätzung sah er sie an. »Ich danke Ihnen. Ihr ausgezeichnetes Gedächtnis ist bewundernswert. Sie haben mir zu einem ganz neuen Verständnis verhelfen. Kein Zweifel, Miss Cuthbertson verhielt sich genau so, wie Sie sagen. Ich danke Ihnen vielmals für Ihre Zeit und Höflichkeit.« Er stand auf und trat zurück.
    »Aber nicht doch.« Sie erhob sich ebenfalls, ihre Röcke umwogten sie mit dem leisen Rascheln von Taft. »Wenn ich Ihnen noch irgendwie behilflich sein kann, zögern Sie nicht, mich zu besuchen.«
    »Das werde ich in der Tat.« So rasch, wie der Anstand es zuließ, verabschiedete er sich und trat hinaus auf die dämmernden Straßen, der Laternenanzünder kam ihm entgegen, den ganzen Gehsteig entlang erwachte eine Lampe nach der anderen zum Leben.
    Geoffrey hatte also ein gewalttätiges, ja mörderisches Temperament! Seine Schritte wurden leichter. Es war nur eine Kleinigkeit, aber ein entschiedener Lichtblick in dem Dunkel, das Sir Herbert Stanhope umgab.
    Es erklärte weder Prudence’ Träume noch deren Realität, was ihm nach wie vor zu schaffen machte, aber es war ein Anfang.
    Und es wäre ihm eine tiefe Genugtuung, damit zu Rathbone zu gehen! Es war etwas, was dieser nicht selbst herausgefunden hatte. Er konnte sich den Ausdruck überraschter Dankbarkeit auf dem klugen und beherrschten Gesicht vorstellen, wenn er es ihm erzählte.

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    Wie sich herausstellte, war Rathbone viel zu erleichtert über Monks Nachricht, als daß seine Verärgerung über den Augenblick hätte hinausgehen können. Es war ihm anzusehen, wie sehr Monks selbstgefällige Miene und sein arroganter Ton ihn im ersten Augenblick ärgerten; dann jedoch konzentrierte er sich ganz darauf, was er mit diesem Wissen anfangen sollte, wie es sich am besten einsetzen ließ.
    Als er Sir Herbert vor dem Beginn der Sitzung einen kurzen Besuch abstattete, fand er ihn nachdenklich vor, und die nervösen Bewegungen seiner Hände, das gelegentliche Zurechtzupfen von Kragen und Weste, wiesen auf innere Spannungen. Er hatte sich jedoch genügend unter Kontrolle, um Rathbone nicht danach zu fragen, wie der Prozeß seiner Meinung nach lief.
    »Ich habe eine kleine Neuigkeit«, sagte Rathbone unmittelbar, nachdem der Wärter sie allein gelassen hatte.
    Sir Herberts Augen wurden groß, und einen Moment lang hielt er den Atem an. »Ja?« Seine Stimme war heiser.
    Rathbone fühlte sich schuldig; seine persönlichen Gedanken genügten nicht für eine wirkliche Hoffnung. Er würde schon sein ganzes Geschick aufwenden müssen, um daraus etwas zu machen. »Monk hat einen unglücklichen Zwischenfall in Geoffrey Tauntons jüngster Vergangenheit in Erfahrung gebracht«, sagte er ruhig. »Taunton hatte einen Bekannten dabei ertappt, wie dieser beim Billard betrog, worauf er ernsthaft gewalttätig wurde. So wie es aussieht, hat er den Mann angegriffen, und er mußte mit Gewalt von ihm weggezogen werden, bevor er ihn verletzte, womöglich sogar tödlich.« Er übertrieb ein bißchen, aber Sir Herbert konnte jede erdenkliche Ermutigung gebrauchen.
    »Er war zu der Zeit, in der sie getötet wurde, im Krankenhaus«, sagte Sir Herbert mit leuchtenden Augen und einem plötzlichen Schwung in der Stimme. »Und der Himmel weiß, er hatte ein Motiv! Sie muß ihm die Stirn geboten haben diese dumme Weibsperson!« Er blickte Rathbone gespannt an.
    »Das ist doch ausgezeichnet! Warum freuen Sie sich nicht mehr darüber? Er ist doch mindestens ebenso verdächtig wie ich!«
    »Ich freue mich ja«, sagte