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Im Schatten der Giganten: Roman

Im Schatten der Giganten: Roman

Titel: Im Schatten der Giganten: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Tallerman , Andreas Brandhorst
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ist als ich selbst.« Lag das wirklich nur einige Tage zurück? Ein ganzes Leben schien mich von dem Easie Damasco zu trennen, der so leichtfertig jene Worte gesprochen hatte. Ich hörte, wie sich Salzleck und Killer gegenseitig beim Schnarchen zu übertreffen versuchten. Die Gerüche der Pferde und des Riesen vermischten sich und begleiteten mich in den Schlaf, ohne dass ich sie als störend empfand.
    Wir erwachten vor dem Morgengrauen, kalt und steif, und brachen früh auf. Salzleck ging voraus, Alvantes, ich und Estrada folgten. Alvantes nahm seine Verletzung stoisch hin, aber mehr als einmal beobachtete ich, wie er etwas tun wollte, das beide Hände erforderte, und dann schnitt er eine Grimasse.
    Da er sich auf seine Krücke stützen musste, erlaubte er mir widerstrebend, Killer zu führen. Ich versuchte, den Hengst mit etwas realistischeren Versprechen zu beruhigen. »Wenn dein Herr dort es erlaubt, bringe ich dich zu einem Gasthof und lasse dich fürstlich bewirten, du verrückter alter Esel.«
    Offenbar schätzte er meine Offenheit.
    Mit der warmen Sonne am Himmel und ohne Verfolger hinter uns war es fast angenehm, über den holprigen Weg zu wandern. Fast bedauerte ich es, als das Ende des Klippenpfads in Sicht geriet. Ich versuchte, nicht an das Gemetzel zu denken, an dem wir auf der Straße vorbeimussten: die vertrauten Gesichter erstarrt und leblos, der Geruch von zwei Tage altem Tod. Ich konzentrierte mich auf das Gasthaus, das ich Killer versprochen hatte, auf Wein, gutes Essen und eine Nacht in einem richtigen Bett.
    Mit einem Hinterhalt rechnete ich gewiss nicht.
    Wir stapften gerade über das letzte Stück des Weges, als wir plötzlich von Bewaffneten umringt wurden. Die beiden Männer vor uns richteten Schwerter auf uns. Das Dutzend Männer auf den Felsen rechts und links des Weges hielt Bögen in den Händen, mit Pfeilen auf den Sehnen. Eine Flucht kam nicht infrage; wir waren den Männern ausgeliefert.
    »Gueverro?«
    Alvantes humpelte nach vorn, und als der eine Schwertkämpfer ihn sah, ließ er die Klinge sinken. Ich erkannte ihn als Anführer der altapasaedanischen Wächter, deren Eingreifen uns vor Moaradrid gerettet hatte.
    »Hauptmann?«
    Ein Lächeln erschien in Alvantes’ Gesicht. Die kühle Arroganz, der Weltschmerz, die hartnäckige Würde … Das alles verschwand für einen Moment und ließ nur Freude übrig. »Ich habe euch alle für tot gehalten.«
    Gueverro grinste schief. »Moaradrids Soldaten gaben auf und flohen. Sie hätten uns schließlich besiegt, aber wir machten ihnen klar, welch hohen Preis sie dafür bezahlen müssten. Ohne Moaradrid fehlte es ihnen an Kampfeswillen.«
    »Und warum seid ihr noch hier?«
    »Wir haben gewartet, um zu sehen, ob ihr zurückkehrt. Eine Gruppe von Reitern kam in der Nacht, und es gelang ihnen, sich an uns vorbeizukämpfen. Wir dachten, Moaradrid befände sich unter ihnen, aber …«
    »Moaradrid ist tot.«
    Gueverro nickte müde. »Das ist eine gute Nachricht. Der Mann war Gift. Aber wir haben es noch nicht überstanden, oder? Sein Heer ist noch immer im Castoval verteilt.«
    »Darüber machen wir uns morgen Gedanken«, sagte Alvantes. »Heute Abend ruhen wir aus.«
    Kaum hundert Mann hatten den Kampf vor drei Tagen überlebt. Etwa die Hälfte von ihnen waren Wächter aus Altapasaeda; der Rest stammte von Estradas bunt zusammengewürfelter Truppe. Sie hatten ihr Lager unweit des Flusses errichtet, im Schutz von Weißbirken, und hielten nach Leuten Ausschau, die vom Berg kamen. Abgesehen davon versuchten sie, wieder zu Kräften zu kommen.
    Im Wald auf der anderen Seite des Flusses gab es genug Wild; es brauchte also niemand zu hungern. An jenem Abend genossen wir ein regelrechtes Festmahl, das aus Wildbret, frischem Obst und den Resten unserer eigenen Vorräte bestand. Wir sprachen über nichts Wichtiges, und niemand erwähnte das Morgen.
    Wieder lagen wir unter einem offenen Himmel, und wieder konnte ich nicht schlafen. Hundert Fragen gingen mir durch den Kopf und schienen mit dem Funkeln der Sterne zu tanzen. Ich fühlte mich, als hätte ich das Ende eines Lebensabschnitts erreicht. Jetzt lag die Zukunft vor mir, riesig und undeutlich.
    Am Morgen hielt Alvantes eine kurze Ansprache vor seiner bunt gemischten Streitmacht. Er dankte den Männern für ihren Mut und ihre Standhaftigkeit, obwohl die Lage so gut wie aussichtslos gewesen war. Wer heimkehren wollte, konnte gehen. Wer daheim keine Familie hatte, zu der er zurückkehren konnte, oder wer

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