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Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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musterte sein Gesicht. Es wirkte offen und ohne Falsch, frei von Verschlagenheit. Es war bleich im Mondlicht und bereits aufgedunsen vom kommenden Kater.
    »Erwarten Sie, daß man Ihnen wegen der Sache mit dieser Leiche bei der Trunkenheit am Steuer etwas entgegenkommt, Mr. Sykes?«
    »Nein, Sir, ich hab Ihnen nur sagen wollen, was ich gesehen hab. Ich hätte mich nicht hinters Steuer setzen sollen. Kann gut sein, daß Sie mich vor einem Unfall bewahrt haben.«
    »Manche Leute würden das für einen akuten Fall von Gefängnisdemut halten. Was meinen Sie?«
    »Ich meine, daß Sie vermutlich einen ziemlich harten Filmregisseur abgeben würden.«
    »Können Sie diese Sandbank wiederfinden?«
    »Jawohl, Sir, ich glaube, das kann ich.«
    »Wo wohnen Sie und Mrs. Drummond?«
    »Das Studio hat für uns ein Haus draußen am Spanish Lake gemietet.«
    »Ich muß Ihnen was gestehen, Mr. Sykes. Verfahren wegen Trunkenheit am Steuer sind ein ziemliches Kreuz. Außerdem bin ich hier im Revier der Stadtpolizei und erledige deren Arbeit. Wenn ich Sie beide jetzt heimfahre, geben Sie mir dann Ihr Wort, daß Sie bis morgen früh dort bleiben?«
    »Jawohl, Sir, das verspreche ich Ihnen.«
    »Aber ich will, daß Sie Punkt neun Uhr bei mir im Büro erscheinen.«
    »Punkt neun. Klare Sache. Wird gemacht. Ich weiß wirklich zu schätzen, was Sie da tun.«
    Die Verwandlung in seinem Gesicht erfolgte unmittelbar, als hätte man einem Verhungernden eine Infusion mit flüssigem Nektar verabreicht. Aber als ich mitten auf der Straße wendete, um die Schauspielerin, die Kelly Drummond hieß, wieder aufzulesen, sagte er etwas, das mich an seinem Geisteszustand zweifeln ließ.
    »Gibt’s hier in der Gegend eigentlich irgendwelches Gerede über Soldaten der Südstaatenarmee draußen am See?«
    »Versteh ich nicht.«
    »Genau so, wie ich sagte. Erzählt man sich irgendwas über Männer in grauen oder nußbraunen Uniformen, die da draußen rumspuken? Ein ganzer Haufen, nachts, draußen im Nebel.«
    »Drehen Sie da draußen nicht einen Film über den Bürgerkrieg? Reden Sie von Schauspielern?« Ich sah ihn schief an. Seine Augen blickten unverwandt nach vorne, auf irgendeinen privaten Gedanken konzentriert, der direkt vor der Windschutzscheibe zu schweben schien.
    »Nein, die Burschen waren keine Schauspieler«, sagte er. »Denen war im Gefecht übel mitgespielt worden, und hungrig sahen sie auch aus. Hier ist es doch gewesen, oder?«
    »Was?«
    »Die Schlacht.«
    »Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht ganz folgen, Mr. Sykes.«
    Weiter vorne an der Straße sah ich Kelly Drummond in ihren hochhackigen Schuhen und Levi’s-Jeans auf Tee Negs Billardsalon zustapfen.
    »Doch, das können Sie wohl«, sagte er. »Sie glauben noch, wo’s die meisten nicht mehr tun, Mr. Robicheaux. Das auf jeden Fall. Und wenn ich sage, Sie glauben, dann wissen Sie auch genau, was ich damit meine.«
    Er blickte mir voller Zuversicht und mit heiterer Gelassenheit ins Gesicht und blinzelte mit einem blutunterlaufenen Auge.

2
    Meine Träume führten mich an viele Orte: manchmal zurück zu einem windgebeutelten Geschützposten auf der Kuppe eines orangefarbenen Hügels, der von Granaten durchlöchert war; zu einem milden, noch leicht nebligen Morgen, an dem Enten vor einer rosigen Sonne in die Luft stiegen, während mein Vater und ich uns in unser Versteck kauerten und auf jenen pulsbeschleunigenden Moment warteten, in dem ihre Schatten über den Rohrkolben und dem Schilfdickicht auf uns zurasen würden; auf ein flutlichtbestrahltes Baseballfeld der American Legion, wo ich mit siebzehn gegen eine Mannschaft aus Abbeville ein absolut perfektes Spiel als Pitcher machte, bei dem eine schöne Frau, die ich nicht kannte, vielleicht zehn Jahre älter als ich, mich so heftig auf den Mund küßte, daß es mir in den Ohren klingelte.
    Aber heute nacht fand ich mich im Sommer meines ersten Jahres im College wieder. Es war der Juli 1957, und tief in der Atchafalaya-Marsch. Der Hurrikan Audrey hatte gerade Südlouisiana heimgesucht und allein im Cameron Parish mehr als fünfhundert Menschen getötet. Ich hatte einen Job auf einem der Boote, die seismographische Messungen und Testbohrungen für die Ölgesellschaften machten, und die Barkasse mit dem Bohrer hatte soeben das eiserne Pfahlwerk auf den Grund einer langen, flachen gelben Bucht gesetzt, und die Mannschaft des wannenförmigen Meßschiffs hatte mich bei einer Reihe von Bauminseln abgesetzt, damit ich eine lange Rolle elektrischen

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