Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
Vom Netzwerk:
Mr. Sykes zu Ihrer Verfügung«, sagte er, »und sowohl er als auch ich wissen die Höflichkeit zu schätzen, die Sie ihm gestern abend erwiesen haben. Selbstverständlich ist ihm äußerst unangenehm, was geschehen ist. Ich weiß nicht, ob er Ihnen gesagt hat, daß er ein neues Medikament gegen sein Asthma genommen hatte, auf das allem Anschein nach sein Kreislauf sehr stark reagiert hat. Auch das Studio weiß zu schätzen –«
    »Wie war doch gleich Ihr Name, Sir?«
    »Oliver Montrose.«
    Ich hatte ihn noch nicht gebeten, Platz zu nehmen. Ich nahm mehrere Büroklammern aus einer kleinen Blechdose auf meinem Schreibtisch und ließ sie eine nach der anderen auf meine Schreibtischunterlage fallen.
    »Wo befindet sich Sykes jetzt im Augenblick, Mr. Montrose?«
    Er sah auf die Uhr.
    »Jetzt um diese Zeit sind sie draußen am Drehort«, sagte er. Als ich darauf nicht antwortete, trat er ein wenig auf der Stelle und fügte hinzu: »Draußen am Spanish Lake.«
    »Am Drehort am Spanish Lake?«
    »Ja.«
    »Wollen wir doch mal sehen. Das sind ungefähr fünf Meilen außerhalb der Stadt. Von dort hierher zu fahren sollte nicht länger als fünfzehn Minuten dauern. Dreißig Minuten sollten also hinreichend Zeit für Sie sein, Mr. Sykes aufzutreiben und dafür zu sorgen, daß er in diesem Stuhl hier vor mir sitzt.«
    Er blickte mich kurz an und nickte dann.
    »Ich bin sicher, daß das kein Problem sein wird«, sagte er.
    »Yeah, da möcht ich wetten. Deshalb hat er wohl auch Sie geschickt, anstatt zu seinem Wort zu stehen. Bestellen Sie ihm das bitte auch.«
    Zehn Minuten später kam der Sheriff in mein Büro, einen aufgeschlagenen Aktenordner in den Händen, und nahm mir gegenüber Platz. Er war Inhaber einer chemischen Reinigung und der Präsident des örtlichen Lion’s Club gewesen, bevor er sich zum Sheriff hatte wählen lassen. Er trug eine randlose Brille und hatte weiche Pausbäckchen, durch die sich blaurote Adern zogen. In seiner grünen Uniform erinnerte er mich eher an den Leiter einer Kindertagesstätte als an einen Vertreter von Recht und Ordnung, aber er war ein ehrlicher und anständiger Mann und sich nicht zu schade, auf die zu hören, die mehr Erfahrung hatten als er.
    »Ich habe den Autopsiebericht und die Fotos von diesem LeBlanc-Mädchen«, sagte er. Er nahm die Brille ab und kniff sich in die rote Schwiele auf dem Nasenrücken. »Wissen Sie, ich mache diesen Job jetzt seit fünf Jahren, aber so was –«
    »Wenn es Ihnen nichts mehr ausmacht, dann müssen Sie sich Sorgen machen, Sheriff.«
    »Nun gut, wie auch immer, laut Bericht ist ihr wahrscheinlich das meiste davon zugefügt worden, als sie schon tot war, das arme Mädchen.«
    »Darf ich ihn sehen?« sagte ich und streckte die Hand nach dem Ordner aus.
    Als ich die Fotos betrachtete, mußte ich schlucken, obwohl ich erst gestern das Ganze mit eigenen Augen gesehen hatte. Ihrem Gesicht hatte der Mörder nichts angetan. In der Tat hatte er es mit ihrer Bluse bedeckt, entweder im Verlauf der Vergewaltigung oder vielleicht, bevor er ihr junges Herz mit einem Eispickel zum Stillstand brachte. Aber in den vierzehn Jahren, die ich beim Police Department von New Orleans zugebracht hatte, und auch in den drei Jahren, in denen ich mit Unterbrechungen für das Büro des Sheriffs von Iberia Parish gearbeitet hatte, waren mir wenige Fälle untergekommen, in denen Gewalt oder Wut in einem solchen Ausmaß am Körper einer Frau verübt worden war.
    Dann las ich mich durch die klinische Prosa, die die Autopsie in allen Einzelheiten beschrieb, die Beschaffenheit der Wunden, die sexuelle Penetration der Vagina, die Abwesenheit von fremden Hautspuren unter den Fingernägeln des Mädchens vermerkte, die Schätzungen und Vermutungen des Pathologen, was den Zeitpunkt und die unmittelbare Todesursache betraf, und zuletzt die Art von Werkzeug, das der Mörder wahrscheinlich dazu verwendet hatte, das Opfer zu verstümmeln.
    »Das kann man drehen und wenden, wie man will, ich schätze, wir haben es hier mit einem Psychopathen zu tun oder einem Typ, der sich mit Crack oder Acid vollgedröhnt hat«, sagte der Sheriff.
    »Ja, vielleicht«, sagte ich.
    »Oder meinen Sie etwa, jemand anders würde ein neunzehnjähriges Mädchen mit einem Skalpell oder einem Rasiermesser ausweiden?«
    »Vielleicht will der Kerl auch nur, daß wir ihn für übergeschnappt halten. Er war schlau genug, am Tatort nichts außer dem Eispickel zu hinterlassen, und auf dem waren keinerlei Abdrücke. Auf dem

Weitere Kostenlose Bücher