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Im Schatten der Mitternachtssonne

Im Schatten der Mitternachtssonne

Titel: Im Schatten der Mitternachtssonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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hilflos abgewartet. Und Orm war gekommen, um sie zurückzubringen, und er würde wieder kommen. Das Schwert wog schwer an ihrer Seite. Diesmal war sie nicht hilflos.
    Die Pferde kamen näher. Hier im Morast wuchs kein hohes Gras, um sich zu verbergen. Orm mußte sie jeden Augenblick sehen.
    »Diesmal warte ich nicht auf ihn, verflucht noch mal!« Sie sprang auf die Füße, riß das Schwert aus der Scheide und versuchte, auf dem schwammigen Boden das Gleichgewicht zu halten.
    »Zarabeth! Du Närrin! Leg dich hin!«
    »Nein! Er wird mich nicht zurückholen. Diesmal nicht! Diesmal kämpfe ich gegen ihn.«
    Magnus hielt Thorgell in einer gemäßigten Gangart. Er wollte nicht, daß sein wertvoller Hengst sich die Knochen brach. Der Mond stand hell am Himmel. Vor ihm dehnte sich eine langgezogene Moorwiese. Sie waren ganz dicht, er spürte es beinahe körperlich. Plötzlich erhob sich vor ihm eine Spukgestalt. Grauen schnürte ihm die Kehle zu. Das Gespenst schwang im Taumel des Wahnsinns ein Schwert über dem Kopf. Es war eine Frauengestalt — ein Dämon oder ein Wesen aus Fleisch und Blut?
    Der Hengst zeigte keinerlei Anzeichen von Furcht. Gunnar, der hinter ihm ritt, fluchte leise, Ragnar schnappte hörbar nach Luft. Die andern Männer raunten sich erschrocken Wortfetzen zu.
    »Was ist das?«
    Dann erkannte er sein Weib, ihr wallendes Haar, das sie wie ein Glorienschein umgab. Sie trug ein Männerwams und einen breiten Gürtel um die Hüften.
    Sie war im Kampfposition, hielt das Schwert über dem Kopf, stand mit breiten Beinen und angespanntem Körper da.
    Zarabeth senkte das Schwert nach vorn und hielt es mit beiden Händen vor sich. Sie wartete, ihr Herzschlag hämmerte. Die Angst war von ihr abgefallen. Das war nicht Orm. Das war Magnus. Ein Schluchzen entrang sich ihrer Brust. Sie warf das Schwert weg und rannte auf ihn zu, ihre nackten Füße glitten im glitschigen Sumpf aus. Doch sie hatte all ihren Schmerz vergessen.
    »Bei allen Göttern!« brüllte Ragnar und bohrte seinem Pferd die Fersen in die Seiten. »Ich bringe das Ungeheuer um!«
    »Nein, Ragnar! Es ist mein Weib!« Magnus brachte Thorgell in Galopp. Er ritt dicht an sie heran, beugte sich weit aus dem Sattel und schwang sie mit einem Arm hoch. Sein Lachen klang tief und frei aus seiner Brust, er hielt sie eng an sich gedrückt, und sie schlang ihre Arme um seinen Hals.
    Er brachte Thorgell zum Stehen. Er musterte seine Frau, die ihn schmutzig und verschwitzt anlächelte, ihre Augen strahlten vor Glück. »Hättest du mit dem Schwert gegen mich gekämpft? Mitten auf der Sumpfwiese?«
    »Ja. Ich bin sehr wütend.«
    »Ich verstehe.« Damit küßte er sie. »Du bist auch sehr schmutzig.«
    »Magnus«, hauchte sie in seinen Mund und ihre Arme schlangen sich enger um seinen Hals. Leise brummend zog er sie quer über seine Schenkel. Thorgell tänzelte nervös seitwärts. Ihm behagte weder das zusätzliche Gewicht noch der Geruch des Moores.
    »Ingunn versteckt sich gleich hier in der Nähe.«
    Magnus rief den Namen seiner Schwester. Sie erhob sich und stand schweigend im Mondlicht.
    »Ragnar, nimm sie auf dein Pferd.«
    »Wir müssen uns beeilen«, sagte Zarabeth, plötzlich von Panik ergriffen. »Orm hat sicher das Bewußtsein wieder erlangt und verfolgt uns.«
    »Sehr gut.«
    Seine Stimme klang zufrieden und erwartungsfroh. Er war ein Krieger und hungerte danach, seinem Feind gegenüberzustehen .
    Sie meinte gelassen wie ein alter Kämpfer: »Ihr seid sechs. Die anderen sind nur zu dritt. Sie haben noch eine Frau bei sich, eine Sklavin.«
    Magnus wollte sich sogleich auf die Suche nach Orm machen. Er wollte ihn eigenhändig und sehr langsam töten.
    Sie lächelte ihn an, ihre Fingerspitzen berührten seinen Mund. »Danke, daß du gekommen bist. Ich möchte, daß du ihn gefangennimmst, Magnus. Er ist wie ein gefährliches Tier. Seinem Treiben muß Einhalt geboten werden.«
    »Ich mache mir Sorgen um dich.«
    »Ich habe sein Schwert. Ich bin eine gefährliche Frau. Laß uns aufbrechen.«
    Er küßte sie erneut, drückte sie an sich, bis sie aufstöhnte und brachte Thorgell mit einem Schnalzlaut in Bewegung. Seine Männer folgten ihm.
    Sie ritten über das Hochmoor und bahnten sich langsam einen Weg durch den dichten Föhrenwald.
    »So nah«, flüsterte Magnus an ihrer Schläfe. »Ich fürchtete, er hätte schon mit dir das Land verlassen. Er hat ein Boot in der Nähe liegen, stimmt's?«
    »Ja. Ich weiß nicht, wieso er getrödelt hat. Er ritt zunächst

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