Im Schatten der Mitternachtssonne
vergiftet, Sire. Aber ich vermute, Toki hat es getan, und dann hat sie ihrem Ehemann eingeredet, ich hätte es getan.«
Der König schwieg und strich sich mit gichtigen Fingern das Kinn. »Wir haben Keith und Toki angehört, und nun haben wir deine Worte vernommen. Eine junge Ehefrau möchte sich den Reichtum ihres Ehemanns aneignen, will ihn aber nicht in ihrem Bett haben, denn er ist alt und unansehnlich. Sie möchte sich von ihm und seinen Belästigungen befreien.«
Seine Worte entsprachen zum Teil der Wahrheit, und Zarabeth erbleichte unter dem forschenden Blick des Königs. Dann schüttelte sie heftig den Kopf. »Ich bitte Euch, Sire, Arnulf über die Absichten meines Ehemanns zu befragen. Er wollte mir all seinen irdischen Besitz vererben, nicht seinem Sohn, zu dem er kein Vertrauen mehr hatte. Das ist der Grund, warum Keith und Toki mich beschuldigen, einen Mord begangen zu haben. Doch die beiden haben seinen Tod auf dem Gewissen, niemand sonst! Sie wollen alles einheimsen, was mir und meiner Schwester zusteht!«
Nun erhob der König die Stimme und sprach mit strenger kalter Stimme: »Ich habe gehört, daß du Olavs Haus verlassen wolltest, um mit einem Wikinger fortzusegeln, einem jungen, ansehnlichen, kraftvollen Burschen. Doch dann hast du deine Meinung geändert, da Olav dir die Ehe versprochen hat. Du hast dich dafür entschieden, zu bleiben, um in Wohlstand zu leben, da du das Wagnis nicht eingehen wolltest, in ein fernes Land zu ziehen.«
»Das ist nicht wahr! Wer hat euch das berichtet, Sire?«
Arnulf stieß ihr den Ellbogen in die Rippen. »Hüte deine Zunge, dummes Frauenzimmer!«
»Halt«, unterbrach ihn der König und hob eine beringte Hand. »Laß sie, guter Arnulf. Sie soll jede gegen sie gerichtete Anschuldigung hören. Vielleicht bittet sie dann um Vergebung. Nun, der Mann hat mir davon berichtet, den du zuerst ermutigt und dann verschmäht hast, weil du nicht sicher sein konntest, daß er dir all das gibt, was du haben wolltest. Ja, ich weiß es von Magnus Haraldsson, daß du ein verdorbenes, treuloses Frauenzimmer bist. Unserer Ansicht nach hast du Olav solange eifersüchtig gemacht, bis er dir versprach, dich zu heiraten. Und dann hast du den Mann fortgeschickt, der dich begehrte und dir seine Treue und seinen Reichtum versprach. Aus diesem Grund gibt es keine Gnade für dich. Olavs Sohn steht der Besitz seines Vaters zu, nicht einer jungen Frau, die ihn nur heiratete, um an seinen Reichtum zu gelangen, eine junge Frau, die rücksichtslos einen anderen Mann für ihre Ziele benutzte, einen jungen Mann von Stand und Ehre, den sie vor den Augen der Bürger von York verführte, um ihn dann gnadenlos zu demütigen.«
Zarabeth konnte nicht mehr denken, konnte kaum atmen. Während der König sprach, teilte sich der rotseidene Vorhang hinter seinem Thron. Magnus trat vor und stellte sich neben Guthrum. Er blickte Zarabeth an, und sie sah die Kälte in seinen Augen und seinen tiefen Abscheu. Sie erschrak bei seinem Anblick, dann loderte einen Augenblick ein wildes Glücksgefühl in ihr auf, gefolgt von tiefer Hoffnungslosigkeit. Nur er konnte dem König diese Dinge berichtet haben.
»Das ist nicht wahr«, hörte sie sich tonlos sagen. »Olav hat mich gezwungen, Magnus fortzuschicken.«
»Und wieso konnte er dich zwingen?«
»Er drohte, Lotti zu töten, ich schwöre es!«
Keith schrie mit sich überschlagender Stimme: »Sie lügt! Mein Vater liebte das kleine Mädchen, gab ihr alles, was sie sich wünschte. Er spielte mit ihr, war gut zu ihr. Zarabeth hat ihn getötet, und nun lügt sie! Mein Vater hätte dem Kind kein Haar gekrümmt!«
Der König schwieg lange. Dann wandte er sich an Magnus und sprach mit leiser Stimme zu ihm. Magnus beugte sich herab und antwortete dem König.
Dann richtete der Wikinger sich langsam auf und sah ihr in die Augen.
Der König erhob sich und wies mit dem Finger auf Zarabeth:
»Für den Mord an deinem Ehemann müßtest du mit dem Tode bestraft werden, doch Magnus Haraldsson, ein junger Mann von Stand und Ehre, wünscht dich zur Sklavin, um mit dir nach seinem Gutdünken zu verfahren. Wenn es ihm gefällt, dich zu töten, mag er das ungestraft tun. Wenn es ihm gefällt, dich zu verprügeln, bis du den Verstand verlierst, mag er auch das ungestraft tun.
Geh mit deinem Herrn und kehre nie wieder nach Danelagh zurück, denn hier erwartet dich der Tod.«
»Nein«, stieß Zarabeth hervor. »Nein.«
Sie stand starr, als Magnus auf sie zutrat, sein Gesicht
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