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Im Schatten der Mitternachtssonne

Im Schatten der Mitternachtssonne

Titel: Im Schatten der Mitternachtssonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Seele. Lotti zerrte an ihrer Hand, und Zarabeth wandte den Kopf. Keith näherte sich ihr, gemeinsam mit drei Männern vom Ältestenrat. Er deutete auf sie und brüllte; »Rühr dich nicht vom Fleck!«
    Wieso sollte sie weglaufen? Gelassen wartete sie, bis die Männer bei ihr waren, Lottis kleine Hand fest in ihrer haltend.
    »Dein Spiel ist aus, Zarabeth.«
    »Was meinst du, Keith? Was machst du hier? Ist etwas passiert? Geht es Toki gut?«
    »Hast du versucht, auf einem der Boote zu entkommen? Hat dir wieder ein Wikinger seine Hilfe angeboten?«
    Sie blickte Keith verständnislos an, seine bleichen Züge, seinen flackernden Blick.
    »Was ist los, Keith? Was ist geschehen?«
    Einer der Ratsherren, der alte Arnulf, der während Olafs Hochzeitsfest betrunken im Kreis getanzt hatte, trat auf sie zu und sprach mit haßerfüllter Stimme: »Wir kennen die Wahrheit, Zarabeth. Wir wissen, daß du deinen Ehemann ermordet hast, daß du ihm seit dem Hochzeitstag Gift in sein Essen gemischt hast. Du wirst sterben, damit der Gerechtigkeit Genüge getan ist.«
    »Gift?« Sie blickte von Keith der Reihe nach in die Gesichter der drei alten Männer. Sie meinten es ernst. »Ihr glaubt, ich habe Olav Gift gegeben? Er war mein Ehemann! Ich habe ihn während seiner Krankheit gepflegt, ich habe nicht versucht, ihn umzubringen! Das ist der schiere Wahnsinn. Was geht hier vor?«
    »Deine Lügen nützen dir nichts, Zarabeth«, sagte Keith, doch als sie sich ihm zuwandte, trat er einen Schritt zurück, als erwarte er, sie würde sich auf ihn stürzen.
    »Ich habe Olav nichts angetan!«
    Der alte Arnulf schüttelte den Kopf. »Keith und Toki können deine Untat bezeugen. Wir dürfen nicht dulden, daß eine Ehefrau ihren Ehemann umbringt. Deshalb mußt du sterben.«
    »Nein!« Ohne zu überlegen, riß sie Lotti in die Arme und rannte den langen Kai aus Holzplanken entlang. Zwei derbe Seeleute verstellten ihr lachend den Weg, hielten sie fest und starrten sie gierig an wie zwei hungrige Wölfe.
    »Haltet sie! Sie ist eine Mörderin!«
    Die Seeleute ließen sie los, als würden sie sich an ihr die Finger verbrennen. Diesmal besann Zarabeth sich eines Besseren. Sie blieb stehen und wartete, bis die Männer wieder bei ihr waren. »Keith und seine Frau behaupten also, ich hätte Olav vergiftet. Wie wollen die beiden das wissen?«
    Arnulf packte ihren Arm und sagte schroff: »Du bekommst Gelegenheit, deine Fragen dem König vorzutragen. Er war Olavs Freund und möchte das Urteil selbst über dich sprechen. Komm mit.«
    Und so geschah es. Zarabeth erhob keinen Einwand, bis sie begriff, daß man sie in das Lager der Sklaven brachte, das sich außerhalb der Stadtbefestigungen auf einem Stück Ödland befand, einem Ort des Elends und Dreck. Das Lager war umgeben von einem zwei Meter starken Erdwall und bestand aus einem strohbedeckten Langhaus, umrandet von kleineren Hütten, in denen die Wachen untergebracht waren. In der Mitte gab es einen Brunnen, sonst nichts.
    Sie durfte dem Grauen, das sie packte, nicht nachgeben. Sie würde König Guthrum die Wahrheit sagen. Bald war ihr alles klar: Toki hatte Olav vergiftet und hinterher Keith beschwatzt, Zarabeth zu beschuldigen. Kein Wunder, daß Olav sich sofort besser gefühlt hatte, als er Toki und Keith aus dem Haus gewiesen hatte. Auf ihre wiederholten Bitten hatte Olav seinem Sohn vergeben, und Toki und er durften wieder kommen. Mit seiner Großzügigkeit hatte er sein Todesurteil unterzeichnet. Zunächst konnte sie die Wahrheit nicht fassen. Sie mußte dem König sagen, was geschehen war, dann würden Lotti und sie in Frieden ziehen können.
    Der alte Arnulf übergab sie einem Wachtposten, einem Hünen von einem Mann mit flacher Nase und dichten, schwarzen Brauen, die über der Nase zusammengewachsen eine gerade Linie bildeten. »Paß gut auf sie auf! Sie ist eine Mörderin. Sie wird morgen König Guthrum vorgeführt. Achte darauf, daß sie nicht verprügelt oder geschändet wird und ihre Kleider nicht gestohlen werden.«
    Der Wachtposten grunzte und packte ihren Arm. Plötzlich sagte Arnulf laut: »Nein, das Kind darf nicht ins Lager! Keith, nimm deine kleine Schwester zu dir. Sie steht ab sofort unter deiner Obhut.«
    In diesem Augenblick verlor Zarabeth die Beherrschung. Panik übermannte sie. Sie fuhr herum und kreischte: »Nein! Ihr dürft sie mir nicht wegnehmen, nein! Keith haßt sie . . . Toki verprügelt sie und bringt sie um!« Doch sie rissen ihr Lotti aus den Armen, blickten voller

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