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Im Schatten der Tosca

Im Schatten der Tosca

Titel: Im Schatten der Tosca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kaiser
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überschlug sich, ihr Gesicht war hassverzerrt. Sie ballte die Fäuste, Elia musste sie mit aller Kraft festhalten, dass sie nicht auf ihren Vater losging. Jens Arnes Gesicht war zur wütenden Fratze geworden. »Verschwinde, verlasse dieses Haus! Auf der Stelle! Raus mit dir!«, schrie erseine Tochter an. Sisi lachte gellend: »Ja, schmeiß mich nur raus! Aber es gehört dir gar nicht, es gehört dem Rudi!«
    Jens Arne hob die Hand, als wollte er Sisi schlagen. Elia packte sein Handgelenk, jetzt fing sie an zu schreien, und ihre Stimme trug besser, als die der beiden anderen: »Hört ihr jetzt auf! Ihr seid wohl verrückt geworden. Alle beide!« Ihr herrischer Befehl tat seine Wirkung: Sisi brach in sich zusammen, sie warf sich schluchzend auf ein Sofa, sie keuchte und stöhnte, als müsste sie ersticken. Jens Arne schüttelte sich angeekelt, aus zusammengekniffenen Lippen zischte er zu Sisi hinüber: »Vollkommen hysterisch! Mach, was du willst, aber komm mir nie mehr unter die Augen!« Er drehte sich um und knallte die Tür hinter sich zu.
    Elia lief ihm nach: »Aber so kannst du nicht gehen! Sie ist einfach nur verzweifelt, warum hast du sie so gemein gekränkt, sie hat dir doch nichts getan? Komm, sie ist deine Tochter, so dürft ihr nicht auseinandergehen!« Doch Jens Arne lachte nur höhnisch: »Ich denke nicht dran. Nie im Leben. Erst muss sie sich bei mir entschuldigen!« Elia kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er nicht nachgeben würde. Sie fasste ihn kurz am Arm: »Ich muss zu Sisi zurück. Pass auf dich auf. Wut tut nicht gut beim Fahren.« – »Mach dir um mich keine Sorgen!«, kam es kühl zurück.
    Sisi weinte nur noch still vor sich hin. Elia setzte sich neben sie und strich ihr über die schweißverklebten Haare. »Warum hat er das gesagt, so gemein? Und so unnötig, weißt du«, wimmerte Sisi. »Ja, das war nicht recht von ihm, das hab ich ihm auch gesagt«, murmelte Elia tröstend und streichelte Sisi sanft. Plötzlich flüsterte Sisi: »Alles macht er kaputt, alles, alles.« Elia setzte sich aufrecht hin: »So ein Quatsch! Was soll das denn heißen!«
    Auch Sisi setzte sich auf, ihr Gesicht war vom Weinen verquollen, aber ihre Stimme klang fest: »Er hat das Leben meiner Mutter zerstört. Sie hat sich seinetwegen umbringen wollen. Sie haben sie aus einem Bach rausgezogen, aber irgendwiehat sie’s nicht mehr so richtig gepackt. Sie gibt sich große Mühe, damit ich mich nicht aufrege, aber mir macht sie nichts vor. Ich kann dir Fotos von ihr als jungem Mädchen zeigen, so was von süß. Jetzt sieht sie aus wie ihr eigener Schatten.« Elia schwieg, und Sisi wiederholte noch einmal: »Es ist so: Er hat ihr Leben zerstört!«
    »So etwas darfst du nicht sagen«, sagte Elia streng. »Vielleicht hat er sich euch gegenüber schlecht benommen, aber er ist doch kein Teufel!« Sisi stand auf, sie legte ihren Kopf an Elias Schulter, dann sah sie ihr geradewegs in die Augen: »Du bist so lieb. Mein Vater hat einen guten Geschmack, das muss man ihm lassen. Aber beim ›Don Carlos‹ hab ich dich genau beobachtet, schon bei der Probe: Diese arme Elisabeth, das bist du selbst. Dein Leben hat er auch zerstört, schau dich doch bloß einmal an!«
    Elia wurde wütend: »Das ist absurd! Ich spiele eine Rolle, meistens muss ich dabei sterben, das . . .«, empört fuchtelte sie mit den Händen. Eine Weile schwiegen sie beide, dann schüttelte Elia den Kopf und seufzte: »Komm, wir wollen uns nicht auch noch streiten. Ich bin jetzt ganz durcheinander, euch zwei zusammen, das halt ich nicht oft aus.« Sisi schnitt eine Grimasse: »Ja, das kann ich gut verstehen.«
    Nachdem Sisi gegangen war, warf sich Elia aufs Bett, völlig benommen starrte sie an die Decke. Sie hielt es nicht aus, drunten in der Halle lief sie hin und her, hin und her, wie ein Raubtier im Käfig. Vor einem venezianischen Spiegel blieb sie schließlich stehen. Aus dem halbblinden Glas sah ein schemenhaft bleiches Gesicht mit tiefen Schatten unter den Augen Elia müde an. Sie blieb lange in diesen Anblick versunken: War das ihr wahres Gesicht? Trug sie auch im Leben etwas zur Schau, was nicht sie selbst war, nicht mehr? Etwas, mit dem sie sogar sich selbst zu täuschen wusste?
    Eine dumpfe Angst kroch in Elia hoch, sie vermochte keinen klaren Gedanken zu fassen. Ratlos starrte sie lange ins Feuer. Schließlich setzte sie sich an Jens Arnes Schreibtischund fing an zu schreiben: »Du hast mein Leben zerstört.« Sie zerknüllte das Blatt und fing

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