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Im Schatten der Tosca

Im Schatten der Tosca

Titel: Im Schatten der Tosca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kaiser
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schwarzen Kostüm mit der hohen Spitzenkrause wirkte Elia, als sei sie einem Bild von Velásquez entstiegen, so schmal und blass und angespannt.
    Manchmal holte Sisi Elia zu einem Spaziergang ab, sie patschten dann in Gummistiefeln unter großen Regenschirmen auf glitschigen Wegen durch den tropfenden Wald. Sisi erzählte von ihrem Medizinstudium, das sie nach einigem Hin und Her angefangen hatte und das ihr gut gefiel. Sie spielte Geige in einem Orchester, und manchmal sang sie auch, wie sie etwas verlegen zugab. Im Moment plagte sie sich mit der Cavatina der Barbarina ab, und Elia schlug ihr vor, ihrdabei zu helfen. Aber Sisi wehrte erschrocken ab; solange der Vater in der Nähe war, würde sie keinen Ton herausbringen. An sich fand sie Elias Vorschlag herrlich, und sie wollte gleich kommen, sobald der Vater weg war.
    Gleich nach der letzten Vorstellung des ›Don Carlos‹ fuhren Elia und Jens Arne zurück in die Villa, wo sie in der Zirbelstube, überragt von Geweihen mancherlei Art, noch ein leichtes Abendessen verzehrten. Beide waren müde und wollten so schnell wie möglich schlafen gehen. »Ich fahre nach dem Frühstück los, zuerst nach Salzburg, da habe ich eine Besprechung, und dann weiter nach Wien. Ja, dann viel Spaß, falls wir uns nicht mehr sehen, und gute Nacht«, sagte Jens Arne und hauchte Elia ein flüchtiges Küsschen auf die Wange.
    Am nächsten Morgen winkte ihm Elia von der Freitreppe ein kurzes Lebewohl nach. Mit einem Seufzer der Erleichterung schloss sie die Türe hinter sich zu. Sie war noch im Morgenrock, und wenn sie keine Lust dazu hatte, brauchte sie sich den ganzen Tag nicht anzuziehen, allein das versetzte sie in eine heitere Ferienstimmung.
    Nach dem Mittagessen erschien Sisi, sie hatte alle möglichen Noten mitgebracht, darunter auch den Klavierauszug von ›Figaro‹. »Komm, wir machen es uns gemütlich. Trinken wir erst ein Tässchen Kaffee«, sagte Elia, sie sah, wie aufgeregt Sisi war. Zusammen blätterten sie die Noten durch, vergnügt entdeckte Elia auch ein paar altitalienische Arien, darunter sogar ihr geliebtes ›Amarilli‹ von Caccini. Damit fingen sie an. Zunächst brachte Sisi keinen Ton heraus, sie war völlig verkrampft und heiser. Elia hatte noch nie unterrichtet, aber sie erinnerte sich an ihre eigenen Anfängerübungen, mit denen Mariana sie in Schwung gebracht hatte. Sie wirkten auch bei Sisi. »Wenn du es mir vorsingen würdest, das wäre schön«, bat Sisi, wieder ganz verlegen. »Amarilli, mia bella . . .«, wie schon vor Jahr und Tag ging Elia das Herz auf, schon bei den ersten Tönen, ein kleines Wunder, diese süße Melodie.
    Schließlich machten sie sich zusammen an die Barbarina. Elia erzählte lachend, wie Mariana und sie vor lauter Ergriffenheit zusammen geschluchzt hatten, und Sisi wunderte sich überhaupt nicht darüber. Aber ihre Augen blieben trocken, sie war viel zu konzentriert, um sich durch ein verzagtes Moll erschüttern zu lassen. Jetzt klang ihre Stimme wieder reichlich verkrampft. »Komm, wir probieren es mal auf lalala, damit hat mich Mariana immer flottgekriegt«, schlug Elia vor. Diese einfache Übung half auch bei Sisi, schon bald konnten sie wieder zum Text übergehen. Sie hatten beide richtig Spaß an dieser Arbeit. Sisi war gerade bei Barbarinas ängstlichem »Cosa dira« angelangt, als von der Tür her Jens Arnes Stimme schneidend dazwischenfuhr: »Um Gottes willen, hör auf mit diesem Gepiepse! Das ist ja nicht auszuhalten!«
    Jens Arne hatte etwas Wichtiges vergessen und war von Salzburg den Weg zurückgefahren, nervös und ärgerlich über den Zeitverlust. Elia und Sisi waren so in ihre Cavatina versunken, dass sie ihn nicht hatten kommen hören. Jetzt fuhren sie beide erschrocken zusammen und starrten zu Jens Arne hinüber. Er giftete Elia an: »Ja hast du keine Ohren mehr! Sie hat doch überhaupt keine Stimme, das muss man ihr doch sagen! Aber du machst es dir leicht, du bist die verständnisvolle, gütige Fee!« Sisi war kreideweiß geworden. Elia sprang auf und stellte sich neben sie, wie zum Schutz legte sie ihr eine Hand auf den Rücken. Sie fühlte, dass Sisi am ganzen Leib zitterte, aber ehe Elia auch nur ein Wort sagen konnte, brüllte Sisi plötzlich los: »Du mieser, gemeiner Kerl, alles, alles machst du kaputt. Ich hasse dich! Du hast das Leben meiner Mutter zerstört, und jetzt willst du meines auch noch kaputtmachen! Aber das wird dir nicht gelingen, ich bin nicht so zart und schwach wie Mama!« Ihre Stimme

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