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Im Schatten des Feuerbaums: Roman

Im Schatten des Feuerbaums: Roman

Titel: Im Schatten des Feuerbaums: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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ob sie diesen Namen jemals gehört hatten, und beide waren sich sicher, dass ein mächtiger amerikanischer Geschäftsmann so hieß, der aus Kalifornien stammte und hier einige Minen besaß. Heute Morgen entschied er, dass Kalifornien dann wohl das Land war, in das er am besten aufbrach. Vielleicht war er mit diesem Amerikaner verwandt.
    Er ließ seine Hände sinken und sah, dass die anderen schon beim Frühstück saßen, das aus Kaffee und einem Brei aus geröstetem Mehl bestand. Beides schmeckte grässlich, stärkte aber für den Tag.
    »Guten Morgen!«
    Wie immer starrten ihn die beiden Mädchen mit großen, dunklen Augen an. Sie waren stets höflich zu ihm, doch er ahnte, dass er ihnen unheimlich war. Eine von ihnen – er hätte nicht sagen können, welche es war – verließ oft eilig die Hütte, wenn sie mit ihm allein war. Salvador Cortes dagegen nickte ihm freundlich lächelnd zu. Und Victoria … Victoria wirkte so traurig.
    »Hast du gut geschlafen?«, fragte sie dennoch.
    »Ja … ja, ich denke schon«, murmelte er etwas ratlos, als wüsste er es nicht genau.
    Als er sich neben sie an den Tisch setzte und sie ihm eine Tasse heißen Kaffee reichte, überkam ihn ein schlechtes Gewissen.
    In der Zeit des Nebels war sie sein einziger Halt gewesen – und die Versuchung, sich an ihr festzuklammern, so groß, sie einfach nicht loszulassen, sich auf diese Weise ein Fleckchen Erde erobern zu können, auf dem er sicher stand, auch wenn dieses Fleckchen eigentlich ihr, nicht ihm gehörte. Aber nun wusste er, dass er von hier fortgehen musste: Sie hatte etwas Besseres verdient als einen, der nur aus Notwendigkeit oder Verzweiflung ihre Nähe suchte, nicht aus echter Zuneigung.
    »Ich gehe nach Kalifornien«, brach es aus ihm hervor, ehe er einen Schluck Kaffee trank.
    Victorias Rücken straffte sich: »Kannst du dich an etwas erinnern?«, rief sie aufgeregt. »Stammst du von dort?«
    Er senkte den Blick, denn es fiel ihm schwer, zuzugeben, dass er nur sehr magere Anhaltspunkte hatte. »Ich bin mir nicht sicher«, murmelte er, »aber ich weiß: Ich muss es versuchen. Ich kann nicht länger hierbleiben. Sonst verliere ich nicht nur meine Erinnerungen, sondern auch meinen Verstand …«
    Salvador sagte nichts, aber Victoria schien verletzt, weil er den Ort, an dem sie ihm Heilung und Geborgenheit geschenkt hatte, so abwertete.
    »Versteht mich nicht falsch«, fügte er rasch hinzu, »ich bin euch unendlich dankbar für eure Hilfe, aber dies ist nicht der Ort, an dem ich gelebt habe … hier bin ich ein Fremder …«
    Er rieb sich wieder die Schläfen, fühlte Kopfschmerzen aufsteigen und erneut dieses diffuse Gefühl von Bedrohung.
    »Aber du hast kein Geld!«, rief Victoria. »Wie willst du denn nach Amerika kommen?«
    Sie klang verzweifelt, denn obwohl er die Schultern zuckte, schien sie zu ahnen, dass ihn das nicht aufhalten würde.
    Prompt schaltete sich Salvador ein: »Er kann einen Salpetertransport an die Küste begleiten, viele Arbeiter hier sind mir einen Gefallen schuldig und werden dafür kein Geld verlangen. Und dann …«
    Er erhob sich, ging zur einer Truhe und zog ein paar Geldscheine hervor. »Das ist nicht viel … aber fürs Erste wird es reichen, vielleicht sogar für eine Schiffspassage nach San Francisco. Danach musst du dich irgendwie allein durchbringen.«
    »Das kann ich nicht annehmen«, stieß Jacob aus, während Victoria im gleichen Augenblick verwundert fragte: »Warum hast du so viel Geld?«
    »Es ist gar nicht so viel Geld«, wiegelte Salvador ab, »und darum, Jacob, wirst du es auch annehmen. Ich werde nur selten auf diese Weise bezahlt, und eigentlich nützt es nichts, denn Geld kann man hier nicht ausgeben, mir sind Naturalien lieber. Wie auch immer. Du hast so viel Unglück erlebt – lass zu, dass dir auch mal etwas Gutes geschieht. Ein Teil des Geldes würde eigentlich Victoria zustehen, weil sie für mich arbeitet, aber ich bin sicher, sie wird darauf verzichten, nicht wahr?«
    Sie nickte schweigend. Jacob fühlte sich zutiefst beschämt, sah jedoch keine Möglichkeit, die Gabe auszuschlagen. Er nahm das Geld und steckte es ein.
    »Ich weiß nicht, ob ich es je zurückzahlen kann«, erklärte er entschlossen, »aber ich werde es versuchen. Und ich werde nie vergessen, was ihr für mich getan habt.«
    Er sah, wie Victorias Lippen zitterten und wie sie sich verstohlen über die Augen wischte, doch als sie die Hand wieder sinken ließ, war ihr Gesicht ausdruckslos. »Du

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