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Im Schatten des Fürsten

Im Schatten des Fürsten

Titel: Im Schatten des Fürsten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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erklären, was genau die romanischen Künste eigentlich sind.«
    Tavi nickte. »Allgemein gesprochen handelt es sich um eine Bezeichnung für die Fähigkeiten und Methoden, die laut historischer Aufzeichnung von den frühesten Aleranern verwendet wurden.«
    »Angeblich verwendet wurden, wolltest du sicherlich sagen«, meinte Larus glatt. »Da es keine verbürgten Aufzeichnungen aus ihrer Zeit mehr gibt.«
    »Angeblich verwendet«, sagte Tavi. »Dazu gehören Wissensbereiche wie Militärtaktik, Strategie, Philosophie, Mechanismen der Politik und Technik ohne Einsatz der Elementarkräfte.«
    »Ja«, sagte Larus, und sein freundlicher Ton wurde selbstgefällig. »Technik ohne Elementarkräfte. Dazu gehörten auch Dinge wie Weissagungen aus den Eingeweiden von Tieren, die Verehrung von Wesen, die als ›Götter‹ bezeichnet wurden, und Behauptungen, denen zufolge ihre Soldaten mit Salz und nicht mit Münzen entlohnt wurden.«
    Durch den Saal ging ein Kichern.
    »Herr, die Ruinen der Stadt Appia im südlichen Teil des Amarant-Tales und auch eine alte Steinstraße, die sich zehn Meilen weit zum Fluss erstreckt, deutet auf ihre Fähigkeit hin, auch ohne Elementarkräfte größere Bauwerke zu errichten.«
    »Ach, tatsächlich?«, fragte Maestro Larus hinterhältig. »Und auf wen soll diese Meinung zurückgehen?«

    »Vor nicht allzu langer Zeit hat dein Vorgänger Maestro Magnus darüber in seinem Buch Aus alten Zeiten geschrieben«, sagte Tavi.
    »Wohl wahr. Armer Magnus. Zu seiner Zeit war er ein hinreißender Redner. Das blieb so, bis man ihn aus der Akademie ausschloss, damit er in seinem Wahnsinn nicht die Jugend von Alera verdirbt.« Larus hielt inne und fügte noch mitleidig hinzu: »So richtig zurechnungsfähig war er nie.«
    »Vielleicht nicht«, sagte Tavi. »Aber seine Schriften, seine Forschungen, seine Beobachtungen und seine Schlussfolgerungen sind ebenso klar wie schwer zu widerlegen. In den Ruinen von Appia findet man eine Architektur, die sich sowohl hinsichtlich ihrer Umsetzung als auch im Hinblick auf die Größe nicht vor modernen Bauwerken verstecken muss, aber die Steine wurden eindeutig von Hand behauen und …«
    Maestro Larus winkte lässig ab. »Ja, ja, du möchtest wohl gern glauben, dass Männer ohne jegliche Elementarkräfte Marmorblöcke mit bloßen Händen bearbeiten. Und als Nächstes haben sie, ebenfalls ohne die Mitwirkung von Elementaren, diese schweren Steine - von denen manche ein Gewicht von sechs oder sieben Tonnen haben - nur mit ihrer eigenen Körperkraft aufeinander gesetzt.«
    »Wie Maestro Magnus …«
    Larus schnaubte abschätzig.
    »… und andere vor ihm«, fuhr Tavi unbeirrt fort, »glaube ich, dass die Fähigkeiten der Menschen, mit Werkzeugen und schweren Geräten große Dinge zu erreichen, immens unterschätzt werden.«
    »Du klingst ja schon fast wie Magnus in seinen späten Tagen«, gab Larus zurück. »Wenn es solche Methoden tatsächlich gegeben hätte, warum werden sie von den Handwerkern dann heute nicht mehr angewendet?«
    Tavi holte tief Luft, um sich zu beruhigen. »Weil das Aufkommen der Elementarkräfte es überflüssig gemacht hat. Außerdem waren sie im Vergleich teuer und gefährlich.«

    »Oder solch nutzlose Methoden haben niemals existiert.«
    »Keineswegs nutzlos«, widersprach Tavi. »Nur anders. Die modernen Bautechniken haben sich im Vergleich zu jenen in Appia nicht unbedingt als überlegen gezeigt.«
    »Um Himmels willen, Calderon!«, rief jemand aus dem Saal. »Das hätte niemand ohne Elementarkräfte schaffen können! Sie waren nicht so nutzlos wie du! Und diejenigen hier im Saal, die keine Missgeburt sind, haben Hunger!«
    Überall wurde nervös gelacht. Tavi spürte, wie Wut in ihm aufstieg, aber er ließ sie sich nicht anmerken und wandte sich auch nicht von Maestro Larus ab.
    »Akadem«, sagte Larus. »Dein Standpunkt ist gewiss interessant - und romantisch, denke ich - aus deiner Sicht wenigstens. Aber Tatsache ist nun einmal, dass die kleine, primitive und eingeschränkte Gesellschaft der frühen Aleraner eine solch gemeinschaftliche Arbeit, wie sie für solche Bauwerke notwendig ist, nie und nimmer bewältigt hätte. Sie verfügten einfach nicht über die Mittel dazu, ohne Elementarkräfte - und aus dem Grunde haben die Aleraner vermutlich schon immer über ihre Kräfte verfügt, wenn auch in geringerem Maße. Deshalb setzten sie ihre Bauwerke aus kleineren Einzelstücken zusammen und erschufen sie nicht, wie wir heute, aus massivem Fels. Das

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