Im Schatten des Fürsten
die Scheide zu stecken, dann brüllte er ein paar Befehle und schickte Leute aus, um Wannen mit Wasser füllen zu lassen und die Wasserwirker von Kaserna zu rufen, damit sie sich um die Verwundeten kümmern konnten.
Es dauerte länger als eine Stunde, bis Dorogas Trupp die Festung erreichte, und zu der Zeit hatten die Köche schon ganze Arbeit geleistet. Der Duft von gebratenem Fleisch und frischem Brot erfüllte die Luft. Die Speisen standen auf Tischen bereit, außerdem hatte man ganze Heuhaufen für die Garganten aus den Ställen geholt. Giraldis Legionares schafften Platz in einem der Lagerhäuser, wo sie Matratzen und Decken für die Verwundeten bereitlegten.
Bernard öffnete das Tor und ging den Maratkriegern entgegen. Amara begleitete ihn. Bis auf zwanzig Fuß näherten sie sich Dorogas riesigem Garganten, dem man die Folgen des Kampfes deutlich ansehen konnte, und der durchdringende erdige Geruch des Tieres stach ihnen in die Nase.
Der Marat selbst war ein großer Mann, hochgewachsen und sogar für einen Angehörigen seines Volkes kräftig gebaut und muskulös. Sein grobes weißes Haar trug er für den Kampf zum Zopf geflochten, und auf seiner Brust zeigte sich ein Schnitt, der mit geronnenem Blut überzogen war. Sein Gesicht wirkte ungeschlacht, aber das Funkeln in den dunklen Augen unter den starken Brauen zeugte von einem scharfen Verstand. Er trug die Tunika eines Höfers von Calderon, die man ihm damals nach der Schlacht geschenkt hatte, allerdings hatte er sie vorn aufgeschlitzt und die Ärmel abgetrennt, weil sie ihm sonst zu eng gewesen wäre. Der kalte Wind schien ihn nicht weiter zu stören.
»Doroga«, rief Bernard.
Der Marat nickte ihm zu. »Bernard.« Er deutete hinter sich. »Verwundete.«
»Wir haben uns schon auf sie vorbereitet. Bring sie nur hinein.«
Doroga verzog den breiten Mund zu einem Lächeln und entblößte die eckigen Zähne. Er nickte Bernard dankbar zu und band eine große Tasche mit einem Schulterriemen von der Sattelmatte los. Daraufhin schwang er sich an dem geflochtenen Lederseil nach unten. Er trat zu Bernard und begrüßte ihn nach Art der Marat, indem er ihn am Handgelenk fasste. »Ich bin dir zu Dank verpflichtet. Einigen der Verwundeten können wir selbst nicht mehr helfen. Ich dachte, vielleicht kann dein Volk etwas für sie tun.«
»Es ist uns eine Ehre.« Bernard gab Giraldi ein Zeichen, sich um die verletzten Marat zu kümmern, während Stallburschen sich die verwundeten Pferde und Garganten anschauten, darunter auch zwei blutige Wölfe. »Du siehst gut aus«, sagte Bernard.
»Wie geht es deinem Neffen?«, dröhnte Doroga.
»Ist zum Lernen auf Wanderschaft«, sagte Bernard. »Kitai?«
»Ist zum Lernen auf Wanderschaft«, erwiderte Doroga und warf Amara einen Blick zu. »Ach, das fliegende Mädchen. Du musst mehr essen, Mädchen.«
Amara lachte. »Das versuche ich ja, aber der Erste Fürst lässt mich nicht. Ich muss ständig Botengänge erledigen.«
»Zu viel laufen«, stimmte Doroga zu. »Such dir einen Mann. Bekomm Kinder. Das klappt immer.«
Ein leiser Schmerz breitete sich in Amaras Bauch aus, aber sie bemühte sich, weiterhin zu lächeln. »Ich denke mal drüber nach.«
»Ha«, schnaubte Doroga. »Bernard, vielleicht ist ja in deiner Hose etwas nicht in Ordnung?«
Bernard errötete heftig. »Äh, nein.«
Doroga bemerkte die Verlegenheit des Grafen und lachte schallend. »Ihr Aleraner. Alle paaren sich«, sagte er. »Allen gefällt es. Aber ihr tut immer so, als gäbe es das bei euch nicht.«
Amara genoss Bernards Verlegenheit, obwohl eigentlich nur der Schmerz, den Dorogas Worte bei ihr ausgelöst hatten, verhinderte, dass sie ebenfalls errötete. Bernard würde vermutlich denken, dass sie sich einfach nicht so leicht erschüttern ließ. »Doroga«, sagte sie,
um Bernard auszuhelfen und das Thema zu wechseln, »was ist denn passiert? Wieso habt ihr so viele Verwundete?«
Das Lächeln des Häuptlings verschwand, und er blickte grimmig hinaus auf die Ebene. »Ich habe eine Dummheit begangen«, sagte er. »Alles Übrige sollte nur für eure Ohren bestimmt sein. Lasst uns hineingehen.«
Bernard runzelte die Stirn und nickte, dann winkte er ihn mit sich. Gemeinsam betraten sie Kaserna und gingen zu Bernards Arbeitszimmer.
»Möchtest du etwas essen?«, fragte Bernard.
»Nachdem meine Leute gegessen haben«, antwortete Doroga. »Und ihre Chala . Die Tiere.«
»Verstehe. Setz dich, wenn du möchtest.«
Doroga schüttelte den Kopf und schritt
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