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Im Schatten des Fürsten

Im Schatten des Fürsten

Titel: Im Schatten des Fürsten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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hatte sie für politisches Kalkül gehalten, mit dem der Erste Fürst vor allem seine Autorität demonstrieren wollte. Doch vielleicht hatte Gaius Bernards Fähigkeiten einfach viel besser eingeschätzt. Offensichtlich fühlte sich der neue Graf wohl in seiner Rolle und gab sein Bestes, um den Erwartungen an seinen neuen Stand gerecht zu werden.
    Auch an den Reaktionen seiner Männer spürte sie das. Giraldi, ein graues Urgestein von einem Legionare , brachte Bernard großen Respekt entgegen, was für alle Männer seiner Zenturie galt. Es war nicht leicht, den Respekt von Berufssoldaten zu gewinnen, Bernard aber war es spielend gelungen. Und erstaunlicherweise genoss er die gleiche Hochachtung auch bei Hauptmann Janus, der Bernard eindeutig als äußerst fähigen Amtsinhaber betrachtete, eben weil er bereit war, genau so hart zu arbeiten wie seine Männer.
    Am wichtigsten, überlegte Amara, war aber, dass jeder Bernard sofort ansah, was er war: ein anständiger Mann.
    Amara spürte, wie eine Woge des Stolzes sie warm durchflutete. In diesen seltenen Momenten erschien es ihr wie ein unverhofftes Glück, dass sie einen Mann gefunden hatte, der zärtlich
und stark zugleich war, jemanden, der sich auch noch ebenso nach ihr sehnte, wie sie sich nach ihm.
    Du musst ihn natürlich aufgeben.
    Die Erinnerung an Serais eindringliche Worte ließ die Wärme ersterben und löste ein unangenehmes Gefühl im Bauch aus. Die Richtigkeit dieser Beobachtung ließ sich nicht bestreiten. Bernards Pflichten dem Reich gegenüber waren nicht wegzureden. Alera brauchte jeden starken Elementarwirker, der in dieser feindseligen Welt das Überleben ihres Volkes sichern konnte, und die Civitas ebenso wie die Nobilitas verkörperten diese Stärke. Der Brauch verlangte, dass Civitas und Nobilitas sich Ehegatten mit möglichst starken Kräften suchten. Pflicht und Gesetz forderten von der Nobilitas, bei der Eheschließung vor allem darauf zu achten, dass man höchstbegabten Nachwuchs zeugen konnte. Bernard verfügte über beträchtliche Kräfte als Wirker, und er besaß obendrein mehr als einen Elementar. Er war ein starker Wirker und ein guter Mann und würde einen wunderbaren Gatten abgeben. Einen hervorragenden Vater. Eines Tages würde er eine Frau sehr glücklich machen.
    Allerdings würde es sich bei dieser Frau nicht um Amara handeln.
    Sie schüttelte den Kopf und verdrängte diese Gedanken. Schließlich waren sie hier, um die Vord zu vernichten, und sie schuldete es Bernards Männern, dass sie sich mit aller Kraft auf dieses Ziel konzentrierte. Was auch immer geschehen mochte, sie würde es sich nicht gestatten, sich durch ihre persönlichen Sorgen von ihrer Pflicht gegenüber den Legionares unter Bernards Befehl ablenken zu lassen. Sie musste alles tun, um diese tödlichste Bedrohung des Reiches abzuwenden.
    Bernard kniete sich hin und legte die Hand flach auf die Erde. Er schloss die Augen und murmelte: »Brutus.«
    Der Boden neben ihm erbebte sanft und kräuselte sich leicht, wie die stille Oberfläche eines Tümpels, in den ein Stein fällt. Aus diesen winzigen Wellen erhob sich ein riesiger Jagdhund, größer
als ein kleines Pferd, ganz aus Stein und Erde, und stupste mit der breiten Schnauze gegen Bernards ausgestreckte Hand. Bernard lächelte und kraulte den Hund leicht hinter dem Ohr. Dann machte Brutus Platz und wartete aufmerksam, wobei er den Blick aus seinen grünen Augen - echte Smaragde - nicht von Bernard abwandte.
    Der Graf murmelte noch etwas, und Brutus öffnete das Maul, als wollte er bellen. Doch klang der Laut, der sich aus der Kehle des Erdelementars löste, eher wie ein gewaltiger Felsrutsch. Dann versank der Elementar im Boden, während Bernard in der Hocke blieb und die Hand weiterhin auf die Erde drückte.
    Amara trat leise zu ihm und blieb im Abstand von einigen Schritten stehen.
    »Gräfin?«, antwortete Bernard mit seiner tiefen Stimme. Er wirkte abgelenkt.
    »Was tust du?«, fragte sie.
    Erneut bebte die Erde leicht, diesmal scharf und kurz. Amara spürte es unter den Füßen. »Ich versuche herauszufinden, ob hier in der Gegend jemand unterwegs ist. Wenn ich einen guten Tag habe, kann ich Bewegungen noch in einer Entfernung von drei oder vier Meilen spüren.«
    »Wirklich? So weit?«
    »Ich lebe schon lange hier und kenne dieses Tal«, erklärte Bernard. »Das ist der eigentliche Grund dafür.« Er runzelte die Stirn. »Da stimmt was nicht.«
    »Was denn?«
    »Dort ist etwas …« Plötzlich sprang Bernard auf

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