Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Schatten des Galgens Kommiss

Im Schatten des Galgens Kommiss

Titel: Im Schatten des Galgens Kommiss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
Vom Netzwerk:
war gänzlich dahin. Aufgeregt und mit fahrigen Bewegungen stand er vor den beiden Beamten des Yards, und seine Stimme klang rauh und gehetzt, als er Kommissar Morry nach seinem Begehren fragte.
    Kommissar Morry musterte nur kurz den vor ihm stehenden Mann und sagte beinahe freundlich: „Bitte, wollen Sie uns den Herrschaften melden. Hier meine Karte."
    Aus seiner Rocktasche hatte er eine blütenweiße Visitenkarte hervorgeholt — und diese legte er nun auf das silberne Tablett, das der Butler in seinen zitternden Händen hielt. Nur einen winzigen Augenblick brauchte der Butler, um die Buchstaben auf der Karte zu entziffern.
    Während er leise die Aufschrift las, die ihm aus der Visitenkarte mit den Worten:
    G. E. MORRY Kriminalkommissar
    entgegensprang, verfärbte sich sein blasses Gesicht noch um einen weiteren Ton. Mit fast ängstlichem Blick wandte er sich von dem Stückchen Papier ab und meinte kaum vernehmbar: „Wen wünschen Sie zu sprechen, Herr Kommissar?"
    „Zunächst Mister Bud Whitmen! Später den Hausarzt des Verstorbenen. Hm, und auch Miß Longden dürfen Sie von unserer Anwesenheit verständigen . . .", gab Morry dem Zitternden Bescheid.
    Noch während er mit ruhiger Stimme auf den alten Hausgeist einsprach, durchschritten sie das mächtige Portal von „Whitmen-Castle". Ein großer, mit schweren Teppichen belegter Vorraum nahm sie auf. Hier, wie auch im langen Trakt, den sie anschließend durchschritten, herrschte eine Totenstille. Es hatte den Anschein, als wenn mit dem plötzlichen Tode des Hausherrn alles Leben aus diesem Hause gegangen sei. Doch diese Annahme trog solange, bis der Butler vor einer schweren Eichentür im Mitteltrakt haltmachte. Hier drangen gedämpfte Stimmen von mehreren Menschen nach draußen auf den Gang.
    Obwohl Kommissar Morry es sehr gerne gesehen hätte, wenn er die hier auf „Whitmen- Castle" anwesenden Personen einzeln, nach und nach gesprochen hätte, bereitete er sich nun schon darauf vor, sie alle zusammen zu befragen. Kurze Zeit später erhoben sich bei seinem Eintreten zwei Männer aus ihren Sesseln in der Kaminecke und sahen ihn und seinen Konstabler mit ernsten Gesichtern an.
    Langsam schritt Kommissar Morry auf sie zu — und während er sich leicht vor der in ihrem Sessel sitzen gebliebenen Frau verbeugte, eröffnete Bud Whitmen das Gespräch. Seine Finger, in denen er die Visitenkarte des Kommissars hielt, fuhren dabei nervös durch die Luft.
    „Kommissar, — wir haben mit Ihrem Besuch gerechnet. Daß Sie nun hier sind, bestätigt uns, daß . . ."
    Mitten in seinem Satz brach der junge Whitmen ab, — seine Augen richteten sich fragend auf den Kommissar. Nicht er wollte das aussprechen, was alle befürchteten, sondern Kommissar Morry sollte das Entscheidende sagen.
    Und Kommissar Morry tat es: „Well, es besteht kein Zweifel mehr darüber. Mister F. Howard Whitmen, Ihr Vater, ist ermordet worden ..."
    Wie schwere Tropfen fielen diese Worte in die Stille des geräumigen Salons von „Whitmen-Castle". Alle Anwesenden hatten es zwar geahnt — und dennoch, diese Eröffnung war so ungeheuerlich, daß eine lange Pause folgte. Eine Pause, die Kommissar Morry bewußt nicht durch die Wiederaufnahme des Gesprächs störte. Vielmehr war es eine seiner Eigenarten, daß er nach derartigen Eröffnungen stets die Reaktion bei seinen Gegenübern genauestens beobachtete. So hielt er es auch jetzt.
    Er blieb mit undurchsichtigem Gesicht still und hochaufgerichtet vor den drei Menschen stehen. Zwei, drei Sekunden schlichen träge dahin. Nur Sekunden, aber diese genügten, um das Gesicht Bud Whitmens, Dr. Bringhmoors und auch Sheila Longdens genauestens zu studieren. Das Resultat aber war gleich Null.
    Nicht einer von ihnen gab zu erkennen, daß ihm die Gewißteit, F. Howard Whitmen sei meuchlings ermordet worden, nicht sehr nahe ging. Alle ihre Reaktionen waren so natürlich, wie sie nur eben in einem solchen Fall sein konnten.
    Dabei hatte Kommissar Morry es keinesfalls außer acht gelassen, auch unter diesen Menschen den etwaigen Mörder zu suchen. Für ihn konnte jeder, aber auch jeder dieser Stadt, der Mörder F. Howard Whitmens sein. Auf der Suche nach dem Täter, der dem Industriellen das tödliche Gift verabfolgt hatte, gab es für Kommissar Morry keine Ausnahme. So auch nicht diese Personen, die nun vor ihm standen. . .
    Alle Anzeichen aber deuteten nun darauf hin, daß er den Mörder wohl anderswo zu suchen hatte. Dennoch blieb er rein gewohnheitsmäßig äußerst

Weitere Kostenlose Bücher