Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Schatten des Galgens Kommiss

Im Schatten des Galgens Kommiss

Titel: Im Schatten des Galgens Kommiss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
Vom Netzwerk:
hatte lange gebraucht, um das Fahrzeug zu besorgen. Mitternacht war schon lange vorbei, als er mit dem Austin-Spryte in die Aylward-Street einbog. Hier hatte Jean Embroke wie auf heißen Kohlen gesessen und gewartet.
    Dennoch, der alte Kasten, dieser Austin- Spryte, hatte seine Mucken. Er wollte einfach nicht wieder anspringen, als sich Jean Embroke hinters Steuer geklemmt hatte und abfahren wollte. Erst Stunden danach gelang es ihm im Verein mit Sam Truro, den Karren wieder flott zu machen. Auch hatte Jean Embroke nun nichts mehr dagegen, daß sich Sam Truro zur Mitfahrt mit ihm entschieden hatte. Unter Umständen konnte er diesen Mann noch gut gebrauchen. Außerdem sahen vier Augen und hörten vier Ohren mehr, als zwei. So saß nun Sam Truro neben Embroke in dem Austin-Spryte, der am hinteren Parktor von ,Whitmen-Castle‘ in diesem Augenblick haltmachte.
    „Truro", flüsterte Jean Embroke seinem Nebenmann zu, „was immer auch hinter dieser Mauer und in ,Whitmen-Castle' geschehen mag, Sie bleiben hier in diesem Kasten sitzen und warten auf mich. Versuchen Sie nicht, mir zu folgen. Tun Sie es nicht, es könnte böse Folgen für Sie haben, Verstehen Sie, was ich meine?"
    „Well, ich weiß Bescheid", gab der Angesprochene ebenso leise zurück.
    Nur noch wenige Sekunden sah Sam Truro die Gestalt Jean Embrokes. Geschmeidig schwang sich der Mann über das verschlossene Tor. Seine Silhouette hob sich für einen Augenblick vom dunklen Grau des Nachthimmels ab, dann tauchte der Schatten Jean Embrokes auf der anderen Seite der Umzäunung unter. Ein gewagtes Abenteuer begann . . .
    Leise, jegliches Geräusch vermeidend, schlich sich Jean Embroke an das mächtige Gebäude heran. Als er die Hinterfront erreicht hatte, blieb er einen kurzen Moment horchend stehen. Außer dem leisen Rauschen der bis an das Haus von Whitmen-Castle heranreichenden Bäume war kein anderer Laut zu vernehmen. Noch einmal tastete Jean Embrokes Hand in die Rocktasche.
    Nein, er hatte es nicht vergessen. Das kleine Fläschchen mit dem durchsichtigen Inhalt, und auch die für einen besonderen Zweck mitgenommene Watte befanden sich noch in seiner Tasche. Jetzt konnte der Einstieg beginnen. Zunächst drückten seine Hände an mehreren Fenstern des Erdgeschosses herum, doch waren sie alle abgesperrt. Darum entschloß sich Jean Embroke, den Weg über die Feuerleiter zu nehmen.
    Sprosse für Sprosse kletterte er höher. Obwohl er sich an den scharfen Rostkanten die Hände wund rieb, achtete er nicht darauf. Seine Gedanken eilten bereits voraus. Dorthin, wo er Bud Whitmen in den nächsten Minuten anzutreffen hoffte. Denn sein nächtlicher Besuch auf ,Whitmen- Castle' galt dem nun alleinigen Herrscher des Besitzes: Bud Whitmen!
    Was er mit ihm vorhatte? Dafür sprachen die in seiner Tasche befindliche Flüssigkeit und die Watte deutlich genug seine Absicht aus. Nun hatte Jean Embroke das flache Dach des Gebäudes erreicht. Nur einen Augenblick schöpfte er etwas Atem. Dann machte er sich an einer der ins Innere führenden Luken zu schaffen. Zu seiner Befriedigung war gleich die erste Luke, die er betastete, nicht von unten verriegelt.
    Geräuschlos zog er diese nach oben und zwängte sich durch das schmale Loch hindurch. Nun stand ihm kein weiteres Hindernis mehr entgegen, um in den Raum des jungen Whitmen zu gelangen.
    Wenig später befand er sich bereits auf einem langen Gang, der zu beiden Seiten eine Anzahl von Türen aufwies. Hier hatte das Dienstpersonal von .Whitmen-Castle' seine Räume. Jean Embroke wußte es und schlich darum auf leisen Sohlen weiter. Dort, wo eine mächtige Wendeltreppe nach den unteren Geschossen führte, verhielt er einen kurzen Augenblick. Sein Blut hämmerte wie wild durch seine Adern, als er seinen Fuß auf den Gang setzte, an dessen Ende er die Räume des von ihm verhaßten Mannes wußte, dem sein ganzer Groll, und sein nächtlicher Besuch galten. Die nächsten Minuten mußten entscheiden, ob es ihm gelang, diesen Mann im Schlaf zu überraschen und zu überwältigen. Noch einmal verhielt Jean Embroke seinen schleichenden Gang. Lauschte noch einmal angespannt nach rückwärts — doch nichts rührte sich, kein Laut störte sein Vorhaben. Lautlos, Millimeter um Millimeter, senkte sich der Türgriff. Die Verriegelung gab nach, die Tür öffnete sich. Wie ein geisterhafter Schatten huschte seine Gestalt durch den Raum. Erreichte das Bett des Verhaßten — und erstarrte.
    „Goddam!" stieß Jean Embroke durch die Zähne. „Da

Weitere Kostenlose Bücher