Im Schatten des Pferdemondes
Juanita, die er geküßt und leidenschaftlich begehrt hatte; Juanita, die Gequälte – die ihrerseits nichts dabei fand, ein Tier zu quälen, um seinen Gehorsam zu erzwingen. Eine Mischung aus Haß und Ekel schüttelte ihn und hielt ihn lange in ihrer kalten, unnachgiebigen Faust. Es schien Stunden zu dauern, ehe er zum letzten Mal die Toilettenspülung betätigte, sich Hände und Gesicht wusch, ein weiteres Mal den Mund ausspülte und endlich auf den Flur zurücktaumelte. Wolf war sofort an seiner Seite und drängte sich an ihn. Claire kam ihm entgegen und legte eine Decke um seine Schultern. Sie drückte ihn auf einen Stuhl in der Küche und hüllte auch Wolf in eine Decke.
»Jetzt gibt es einen guten starken Kakao«, sagte sie fürsorglich und lächelte Mann und Hund an. Eric versuchte, das Lächeln zu erwidern, aber es gelang nicht recht. Wolf preßte sich gegen seine Beine. Sein nervöses Hecheln beruhigte sich allmählich. Es roch sehr gut nach Kakao in der Küche – jedenfalls hätte Eric den Geruch als sehr gut empfunden, wenn sein Magen nicht noch so sehr in Aufruhr gewesen wäre. Ein krampfhafter Schüttelfrost saß ihm in den Gliedern, er mußte mehrere Versuche machen, ehe er seine Hand in Wolfs Nackenfell senken konnte und sehr leise hervorbrachte: »Darf er hier sein? Ich mußte ihn da wegholen, es war ... es war ...«
Claire lächelte. »Keine Sorge, Junge. Ein feiner Hund ist das. Er wird auch Kakao bekommen, wenn er mag.« Sie beugte sich zu Wolf. »Hättest du gerne welchen?« Der Hund wandte ihr vorsichtig witternd den Kopf zu, empfing ihre Freundlichkeit und klopfte scheu mit der buschigen Rute.
»So was Gutes kennt er wahrscheinlich gar nicht«, krächzte Eric. Ihm war noch immer entsetzlich elend zumute. Wolf legte ihm sein Kinn aufs Knie.
David stapfte herein und streifte seine Joppe ab, die er über seiner Nachtkleidung getragen hatte. Er lächelte in Erics blasses Gesicht und streckte die Hand nach Wolf aus. »Der Graue ist versorgt, mein Junge, Lance geht's gut, und er nahm ihn, wie soll ich sagen, großmütig auf, und – na, was 'n netter Hund!« Wolf wedelte schüchtern.
»Du hättest doch wohl auch gern eine Schale Kakao, stimmt's?«
Sie beobachteten, wie Wolf sich der flachen Schale näherte, in der der Kakao so verlockend duftete – Claire hatte einen guten Schuß kalter Milch hinzugegeben, damit der Hund nicht von der Hitze des Getränks verschreckt wurde. Wolf streckte die Nase danach aus. Aber er sah wieder zu Eric auf, setzte sich auf die Hinterkeulen und klopfte mit seiner buschigen Rute auf den schwarzweiß gewürfelten Boden der weiträumigen Küche.
»Wolf! Trink doch!« Eric streckte eine noch immer zitternde Hand nach ihm aus und streichelte ihn. »'s wird dir guttun!«
Wolf schmiegte sich an ihn.
David grinste. »Trinken Sie, mein Junge.«
»Später.«
»Genau so viel später wird auch der Hund trinken, so sieht's für mich aus.«
»Oh.« Eric hob seinen großen Becher und musterte die Flüssigkeit mit Widerwillen. Sein Magen war durchaus nicht in der Stimmung, irgend etwas – aufzunehmen. Wolf streckte wieder den Kopf nach der Schüssel, doch er trank nicht. David hatte recht. Er würde nicht trinken, bevor er nicht zumindest an seinem Becher genippt hatte. Eric schloß die Augen, nahm einen Schluck, und zwang ihn gegen den Protest des Magens hinunter. Es war heiß. Es war süß. Es war ... tatsächlich, es war wohltuend, stärkend. Und er würde es bei sich behalten können. Aber es war erst richtig, als Wolf sich zu seiner Schale neigte und eifrig trank.
»Und jetzt«, sagte David, sein Gesicht genau beobachtend und dessen gesündere Tönung erleichtert wahrnehmend, »und jetzt sollten wir uns über das Vorgefallene vielleicht unterhalten, nicht, Junge?«
Eric beobachtete Wolf, der seinen Kakao trank. Er hob seinen Becher und nahm einen zweiten Schluck. Er fiel leichter und war um vieles besser als der erste.
»Da gibt es nicht viel...« Seine Scheu war nicht leicht aufzubrechen.
»Doch. Und ich denke, es wäre gut, wenn Claire und ich es hören. Da ist doch eine Last, nicht?«
Schweigen.
»Eric?«
Er sah in ihre Gesichter. Er konnte ihnen trauen. Da begann er zu sprechen.
16
Er spürte ihre Gegenwart in der Tiefe seines erschöpften Schlafes und erwachte davon. Unruhig zog er einen weiten Pullover und Jeans über seinen Pyjama und schlüpfte in Socken und
Tennisschuhe mit dicken Sohlen. Wolf hockte dicht neben ihm und hechelte verlegen und unglücklich. Er
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