Im Schatten des Pferdemondes
streichelte den schmalen Kopf. »Du mußt keine Angst haben, Junge. Halt dich erst mal zurück.«
Er war an der Tür, als sich ein Finger nach der Klingel ausstreckte, und öffnete sie, als die Glocke beinah erklungen wäre. Eine ganze Gruppe von dunklen Männern stand auf der kleinen Treppe, fest gefügt und entschlossen. Sie starrten ihn unter dem schwachen Nachtlicht feindselig an.
»Was kann ich für Sie tun?«
»Tochter sagt, Hund hier.« Die Worte waren nahezu unverständlich. Der Sprecher schob sich jedoch vor, eine kleine kugelige Gestalt mit einem Vollmondgesicht und einer Halbglatze, die mit einer Hand hinter Eric in die Dunkelheit des kleinen Vorraums wedelte. Er hielt den Kopf gesenkt, als er sprach, aber sein Blick aus schmalen Augen jagte schräg nach oben, flitzte jedoch über Erics Schulter und brauchte ein paar Sekunden, ehe er dessen steten, kalten Blick halten konnte.
So also sah Juanitas Vater aus. Ihre Mutter mußte eine wirklich sehr schöne Frau gewesen sein, um eine Tochter wie Juanita in die Welt zu setzen.
»Wir hier gekommen, Hund holen. Wir wissen, er hier.«
»Ja, ich habe tatsächlich einen Hund hier«, sagte Eric unerwartet freundlich, »wir werden sehen, ob er zu Ihnen gehört.« Er wandte sich um und sagte leise »Wolf!« Wolf kam aus dem Hintergrund heran und stand aufgereckt neben ihm. Er war jetzt nicht mehr ängstlich. Eric konnte die Wellen von Haß geradezu körperlich spüren, die von ihm ausgingen. Seine Hand reichte hinunter und legte sich auf das weiche Nackenfell. Wolf warf den Kopf gegen seine Hand.
»Chucho!« kam es befehlend aus dem Dunkel. Eric zuckte zusammen. »Chucho« bedeutet im Spanischen »Köter«. So nannten sie ihn!
Wolf knurrte. Sein Nackenfell war aufgerichtet. Der kleine Dicke machte eine schnelle, doch ungeschickte Bewegung nach ihm. Wolf wich zurück und ließ die Reißzähne gleißen. »Chucho!« Ein tiefes Grollen antwortete. Als der Mann ihn packen wollte, tauchte der Hund tief und grub seine Zähne in die Hand. Der Mann stieß einen spanischen Fluch aus, bevor Wolf losließ.
»Sind Sie sicher, daß das Ihr Hund ist?« fragte Eric wie nebenbei. »Ich kenne keinen Hund, der einen Menschen anfällt, dem er sich zugehörig fühlt. Im übrigen: Sie sollten die Hand ärztlich versorgen lassen. Der Biß eines Tieres kann leicht eine Blutvergiftung verursachen.«
Sie drangen wortlos auf ihn ein. Die schiere Masse schien ihn zu überschwemmen. Er sah Messer blitzen. Wenn er die Tür zuschlug, würden sie sie eintreten. Sie würden ihn kalt niederstechen und Wolf wieder zu ihren Zwecken mißbrauchen. Nun, er war bereit, gegen sie anzutreten. Vielleicht war es das letzte, das er tat, aber es war auf jeden Fall richtig. Er reckte sich hoch. »Wolf ist nicht Ihr Hund.«
»Er ist meiner!«
»Er scheint nicht dieser Ansicht zu sein.«
»Dios mio – ich –«
Die kleine kugelige Gestalt machte eine heftige Bewegung auf ihn zu, und die anderen rückten nach. Es war wie in einem provinziellen Schmierentheater, und seine Rolle war die des Verlierers.
»Weg mit euch!« Eine scharfe Stimme, das Schnappen eines Schrotgewehrs, das entsichert wurde, verursachte Panik unter den dunklen Besuchern und scheuchte sie weg. Eric stand ganz still und starrte in die Nacht, bis David seinen Arm um ihn legte. »Sie sind fort, mein Junge. Beim heiligen Andreas, wir haben's vermutet«, sagte er leise. »Aber jetzt – ich stand im Hintergrund und hab alles gehört und beobachtet. Wenn Sie einen Zeugen brauchen ... den haben Sie, Junge.«
»Ich brauche Beweise.« Das runde rote Gesicht des Polizisten verfärbte sich um einige Grade und schien noch dicker zu werden.
»Aber ich habe es gesehen und gehört!« ereiferte sich
David.
»Nun, Sir, verstehen Sie mich nicht falsch, Sir, aber ... äh
... wie ich die Sache sehe, hat Mr. Gustavson den Hund
widerrechtlich an sich gebracht, und die Cochans hätten jedes
Recht, auf seiner Herausgabe zu bestehen. Daß sie es nicht
tun, spricht unbedingt für ihre Friedfertigkeit.«
Er stützte sich auf seinen Schreibtisch.
»Friedfertig! Ich sagte Ihnen doch, sie kamen mit Messern
und wollten dem Jungen an die Kehle! Der einzige Grund, aus
dem sie sich ruhig verhalten, ist, daß Eric dieses Zeugs,
diesen Schockapparat und die Pfeife, weggeworfen hat: sie
können den Hund jetzt nicht mehr zwingen.«
»Wenn es so wäre, Sir, wie Sie sagen, müßten sie sich nur
wieder dieses ... äh ... Material besorgen und hätten den Hund
wieder unter Kontrolle,
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