Im Schatten des Pferdemondes
gefühlt.«
»Geborgen?«
»Ja ... geborgen gefühlt.« Er küßte ihre Nasenspitze. »Du findest immer die richtigen Worte, kleine Fee.«
»Du sagst niemals >meine<, so wie andere Männer.«
Er sah erstaunt aus. »Wie könnte ich? Du gehörst mir nicht. Kein Geschöpf kann einem anderen gehören. Das ist wider die Natur. Ich sage vielleicht manchmal, >meine Pferde< oder >mein Hund<, aber eigentlich nur, um die Sache nicht zu verkomplizieren, und dann auch nur, wenn ich genau weiß, daß die Geschöpfe bei mir bleiben wollen. Aber was ich eigentlich sagen wollte, weißt du, was das Lied anbetrifft – ich habe außer Menschen, die ich liebe und die mich lieben, einen wunderbaren Beruf, und ich bin in einem Land, wie ich es mir schöner nicht vorstellen könnte – worum mehr könnte ich Gott bitten? Unerhörte Gebete können manchmal wirklich die größten Gaben sein.«
Sie hatte nicht zu hoffen gewagt, jemals Worte wie diese von ihm zu hören.
»Du meinst das ganz ernst?« Ihre Stimme war vorsichtig. Er durfte nicht hören, wie wichtig ihr die Antwort war.
»Ich habe jetzt mehr, als ich je hätte, wenn ich einsam auf meinem Gestüt sitzen würde«, wiederholte er.
»Aber du wärst ja nicht allein«, wandte sie gegen ihr heftiges Wünschen ein. »Ich wäre ja auch da.«
»Aber ich will ja gar kein Gestüt mehr.« Es war ihm wirklich ernst. Sie konnte es nun in seinen Augen sehen. Sie war sich dessen sicher, weil sie seiner Liebe sicher war.
Eric lehnte sich gegen die behaglich feste Stütze der Couch und hielt Elaine in seinen Armen. Wolf streckte sich zufrieden zu ihren Füßen. Manchmal hob er den Kopf, blickte zu ihnen hin, wedelte und streckte sich wieder aus. Sein Schäferinstinkt war ruhig. Wenn diese beiden zusammen waren, war er immer ruhig. Aber es war gut, nach dem Erwachen aus einem mehr oder weniger abenteuerlichen Traum sicher zu gehen.
Elaine lehnte ihren schmalen Rücken an Erics Brust und nippte an ihrem Weißwein.
Abende wie dieser waren kostbar. Abende, an denen sie Zeit miteinander verbringen konnten: Oft wurde sie sehr lange im Krankenhaus festgehalten, oder er mußte die halbe Nacht in Kälte, Schmutz und Blut zubringen.
Sie hatten es sich angewöhnt, einander anzurufen, wenn sie aufbrachen. Eric hatte jetzt zwei Heime: und wenn es sich irgend einrichten ließ, verbrachten sie die Nacht gemeinsam in Elaines Wohnung. Abende wie der heutige waren selten und würden es auch bleiben. Abende ohne das Klingeln des Telefons, ohne das aufdringliche Quiecken des Piepers.
»Weißt du«, sagte sie, »ich habe heute kurz mit Claire telefoniert. Ich wollte wissen, wie es ihr geht.«
»Ich weiß schon«, sagte er leise. »Davy.«
»Glaubst du das? Daß er über die Feiertage nicht kommen kann, weil er sich um seine Freundin sorgt, die im Krankenhaus liegt?«
»Vielleicht hat er eine Freundin. Aber daß sie im Krankenhaus liegt, glaub ich nicht.«
»Es wird wohl kein schönes Fest für die beiden werden, wenn ihr Sohn sich unter einem fadenscheinigen Vorwand davor drückt, es mit ihnen zu feiern.«
»Zumindest wird es ihren unterschwelligen Groll nicht mindern. – Ich verstehe diesen Burschen nicht. Wer so wunderbare Eltern hat, sollte jede Gelegenheit nutzen, um mit ihnen –«
Ein zarter Finger verschloß ihm die Lippen. »Du solltest ihn nicht zu hart beurteilen, Eric. Er ist nicht anders als viele, die hier aufwachsen. Du kennst das Land jetzt. Es ist einsam. Es bietet einem lebenshungrigen, auf Vergnügungen bedachten jungen Menschen nicht das, was er will. Das weißt du.«
»Aber ich verstehe nicht, daß es ihm nicht gefällt. Ihm, und den anderen. Ich meine, Diskotheken und so sind doch wirklich scheußlich –«
»Schließen Sie nicht von sich auf andere, Dr. Gustavson.«
»Nun ... hm ... ja, richtig. Aber davon abgesehen .. wie kann er Claire und David das antun? Er muß doch wissen, wie sehr es sie verletzt.«
»Vielleicht verletzt es ihn noch mehr, zurückzukommen und sich wieder in die Tage seiner Kindheit zurückversetzt zu fühlen. Davy und die anderen, die gegangen sind, wollen eben einfach mehr, als es hier gibt. Und wenn sie es haben, wollen sie es nicht mehr aufgeben, nicht einmal für ein paar Tage. Ich glaube, es ist nicht so sehr die Zeit, die sie hier verbringen würden. Es sind vor allem die Erinnerungen.«
»Ich glaube, ich weiß, was du meinst. – Aber ich verstehe es nicht«, wiederholte er.
»Das mußt du nicht. Aber weißt du, ich dachte, es wäre nett, wenn wir vier Weihnachten
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