Im Schatten des Pferdemondes
weiße, einige pfirsichfarbene, und Schleierkraut. Ein wunderbarer Strauß. Ganz zarte Farben, sehr geschmackvoll.« Sie blickte zu ihm auf, erst jetzt verwundert. »Höre ich da etwas wie einen Anflug von Eifersucht, Dr. Gustavson?«
Mit jäh verdunkelten Augen neigte er sich über sie. »Mehr als nur einen Anflug, Dr. Mercury.« Er küßte sie ungestüm. – Zögernd nur löste sie die verlangende Umschlingung um seinen Nacken und sah in sein bleich gewordenes Gesicht, an dessen linker Schläfe die kleine Ader zu pulsieren begonnen hatte. »Du bist eifersüchtig! – Eric, du bist wirklich eifersüchtig!«
»Sehr!« erwiderte er hitzig.
»O je, da habe ich mich ja auf etwas Schönes eingelassen – einen Othello!«
Er stand auf und hob sie hoch. Ganz leicht. Sie fand seine Kraft noch immer ein wenig bestürzend.
»Nicht doch.« Ein zärtliches Lächeln nistete in seinen Augenwinkeln. »Othello war ein armer, in die Irre geleiteter Tropf. Yago war der eigentliche Mörder, Othello hörte ja nur auf seine Einflüsterungen.«
»Und du?«
»Und ich?! Was meinst du?«
»Eric! Er war nur ein Patient für mich!«
»Und ... ich?!«
»Da haben wir's! Doch ein Othello.«
Unversehens wurde sie von der warmen Geborgenheit seiner Brust hoch über seinen Kopf gehoben. »Du! ... Laß mich sofort runter!« verlangte sie ungestüm, unterdrückte ein helles Auflachen und strampelte ein wenig. Er ließ sie noch ein wenig zappeln und dann sanft an sich heruntergleiten.
Sie war außer Atem. »Du .. du warst vom ersten Augenblick an etwas Besonderes. Und sei nicht so dumm!« verlangte sie. »Als ob ich je einen anderen als dich gewollt hätte!«
25
Regentropfen hämmerten ungestüm an die Fenster und rannen die Scheiben hinunter. Eric saß in der Küche der Hickmans und rieb sein Haar mit einem dicken Handtuch trocken, während Claire das
gleiche für Wolf tat: »Was für ein Regen! Zwei Sekunden vom Wagen ins Haus, und schon waren wir durchtränkt!« Claire tat, als wollte sie Wolf einen Nasenstüber geben und fing seine Pfote ein, die sich in gespielter Abwehr erhob.
»Es wird gleich wieder sonnig werden. Du kennst das Wetter hier noch nicht wie wir, mein Junge.« Die Bestätigung ihrer Worte folgte auf dem Fuße: der Himmel riß auf, und die Sonne schien blaß auf eine dampfende Welt. »Es braucht ein paar Jahre, bis man ein Gespür dafür kriegt.« Sie sah auf das gerahmte Zitat Apollinaires, das im Vorraum hing und das sie durch die offene Küchentür sehen konnte. »Aber du hast ja Zeit.«
Zeit, dachte sie, und eine nicht mit Worten zu fassende Erleichterung war in diesem Gedanken. Zeit. Es gab Zeit. Niemals hatte sie ein schöneres Weihnachtsgeschenk erhalten als dieses: Als Eric, den Arm um Elaine gelegt, die Worte ausgesprochen hatte, die zu hören sie sich gewünscht hatte: »Ich werde bleiben.«
Dieses Weihnachtsfest hatte ihr die Furcht davor genommen, ihn hergeben zu müssen. Es fiel ihr schwer, ihre Freude darüber zu verbergen. Als sie sich jetzt erhob, um Teewasser aufzusetzen, streifte sie seine Schulter, als müsse sie sich vergewissern: Er war da, und er würde bleiben!
»Lieber, du siehst ganz blaß und durchfroren aus. Ich habe etwas Italienisches ausprobiert. Möchtest du?«
Eric legte das Handtuch beiseite und lächelte von seinem Stuhl zu ihr auf.
Das Licht draußen wechselte mit bestürzender Sprunghaftigkeit: Für Sekunden legten sich düstere, regenschwangere Wolken über die Sonne, verzogen sich rasch, getrieben von einem heftigen Wind, der die knapp vor dem Knospen stehenden Bäume beugte, und dann leuchtete die Sonne mit einer Kraft, die das elektrische Licht, das in der Küche brannte, überflüssig machte bis zum nächsten Wolkenschatten.
»Du hast etwas Italienisches versucht? Ich dachte, du hältst dich immer an die vorzügliche Küche deiner Mutter, Mum.«
Ein warmer Schauer rieselte über ihren Rücken. Sie liebte es, wenn er sie so nannte.
Sie versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen: »Du weißt doch sicher noch, wie begeistert ich von Elaines Truthahn war, und daß wir dann ins Gespräch kamen über ausländische Gerichte?«
»Natürlich. Ich wurde wieder richtig hungrig, als ich euch zuhörte, obwohl ich bis zum Platzen satt war.« Er stand auf und trat zum Fenster, blickte nachdenklich auf den windgezausten Garten hinaus, die Hände in den Hosentaschen: Turner wußte noch nichts von seinem Entschluß, vorwiegend deshalb, weil Eric noch immer nach einer Möglichkeit suchte, die Arbeiten
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