Im Schatten des Pferdemondes
wirklich viel zu verdanken.« Er neigte sich über ihn und nahm den schmalen Kopf zwischen seine Hände: »Du bist ein ganz Großer.« Wolf schnaufte darauf, wedelte und rieb mit einer verbundenen Vorderpfote über seine Schnauze. Eric lächelte. »So verlegen hab ich ihn noch nie gesehen, schau nur. Ich wette, er wird jetzt rot, sozusagen.«
Elaine hörte eine leichte Unregelmäßigkeit in seiner Stimme und warf ihm einen forschenden Blick zu. Sie bemerkte, bevor er wieder nach dem Verbandszeug griff, daß seine sie berührende Hand ein wenig zitterte. »Zeit, dich auszuruhen«, sagte sie leise und ernst und legte eine Hand auf seinen Unterarm. Sein Gesicht war noch immer rußverschmiert. Schweiß und Tränen hatten ihre Spuren darin hinterlassen. »Denkst du nicht auch?«
»Hm?« Sorgsam zog er den letzten Verband um Wolfs Hinterfuß.
Er streichelte Wolfs Nase, hob schließlich den Kopf und sagte: »Edward muß üble Verbrennungen haben. Ich werde nach ihm sehen.«
»Edward ist versorgt, Liebling. – Schau mich an, ja?«
Seine Pupillen waren so weit, daß sie beinahe die gesamte Iris ausfüllten: Aufregung hielt ihn wach. Sie würde ihn wachhalten, bis er zusammenbrach. Sie bat: »Gib mir deine Hand.« Er gehorchte, und sie stand auf und zog ihn sanft zu sich hoch. »Du bist ein unvernünftiger Mann«, tadelte sie zärtlich, als sie sich seinen Arm auf die Schulter lud und ihn zu ihrem Wagen führte. »Merkst du denn nicht, wenn es genug ist?«
»Genug?«
»Genug Arbeit. Du mußt nicht immer alles allein tun, weißt du«. Sie bemühte sich, ihre Stimme streng klingen zu lassen, drückte ihn auf den Beifahrersitz und umschloß sein Gesicht mit beiden Händen, um ihn forschend zu betrachten.
– »Nein, du weißt es nicht«, murmelte sie nach einer Weile. »Du weißt es einfach nicht. – Es wird Zeit, daß du es lernst. Ich bin eine selbstsüchtige Person, und ich möchte noch viel von dir haben, weißt du?« Sie küßte ihn, die Hände noch immer um sein eingefallenes Gesicht gelegt. »Es wird Zeit, daß du lernst, Rücksicht auf dich zu nehmen.«
»Wenn du es sagst, kleine Fee.« Wolf war ihnen nachgehinkt und stieß sie schüchtern an.
»Wo du bleiben sollst? – Lieber, wo du bleiben möchtest. Komm mit uns, wenn du magst.« Wolf blickte nach der Koppel zurück. Er winselte.
»Ja, du hast wohl recht. Es wäre gut, wenn Solitaire und ihre Söhne einen Beschützer wie dich haben.« Er richtete sich mit einem weiten Lächeln an ihr auf. Elaine umfing ihn und preßte ihr Gesieht in sein Fell: »Wie hab ich's bloß ohne euch ausgehalten? Ohne ihn, ohne dich, ohne die Pferde?«
Als Eric schließlich erwachte, fühlte er sich wie ein einziger blauer Fleck, wie eine einzige Brandblase. Er öffnete vorsichtig die Augen und sah, daß er in seinem Zimmer im Haus der Hickmans lag. Das Licht tat seinen Augen weh.
Ein zarter Kuß ließ sie ihn wieder halb öffnen.
»Hallo, großer Held. – Wie fühlst du dich?« Elaines Stimme, warm und sanft, war um ihn. Er lächelte. Eigentlich war das Licht nicht so schlimm. Jedenfalls nicht so schlimm wie – damals. Nichts konnte wirklich schlimm sein, wenn sie da war.
»Schrecklich allein.« Er versuchte, die Decken anzuheben. Es gelang ihm nicht, aber Elaine schlüpfte zu ihm. Es war wundervoll, ihre Nähe zu spüren. Er drehte sich mühsam zu ihr und legte eine Hand flach auf ihren Leib. »Wie geht es euch?«
Sie umschloß seine Hand mit ihren beiden und führte sie an ihre Lippen. »Wir hatten in der Nacht nicht so viele Kämpfe wie du, Liebling. Uns geht es gut.« Ihre Lippen liebkosten seinen Hals und sein Gesicht. »Du mußt etwas essen«, sagte sie bestimmt. »Du siehst schon wieder richtig dünn aus.«
»Ich würde gern duschen«, sagte er vorsichtig.
»Eine Dusche kann ich Ihnen nicht erlauben, junger Mann. Zu anstrengend. Aber über ein Vollbad könnten wir schon reden.«
»O ja, bitte. Ich fühle mich furchtbar verdreckt.«
»Dann werde ich das Bett neu beziehen, während du badest. Die Bettwäsche ist voller Ruß, weißt du. Ich war nur froh, daß wir dich hierher bringen konnten; du warst plötzlich einfach weggetreten. Ich hatte das schon kommen sehen.«
»Tatsächlich? Ich erinnere mich nicht.«
»Nein.« Sie richtete sich auf, angelte nach dem Tablett auf dem Nachtschränkchen und tupfte einen Blutflecken aus einer der aufgebrochenen Brandblasen auf seiner Brust mit einem sterilen Tuch ab.
Seine Augen zeigten aber schon wieder einen Abglanz dieses neuen,
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