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Im Schatten des Pferdemondes

Im Schatten des Pferdemondes

Titel: Im Schatten des Pferdemondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evita Wolff
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Augen erneut. Wolfs Ohren zuckten und senkten sich wie in einem Versuch, den Gehörgang zu verschließen, dann tat er einen mächtigen Satz die Anhöhe hinauf und war mit zwei weiteren Sätzen zwischen den Felsen verschwunden, die zum Hochplateau führten, als folge er einem unhörbaren, unwiderstehlichen Befehl.
    Eric rannte ihm hinterher, blieb dann aber ratlos mit trommelndem Herzen stehen und spähte nach allen Richtungen. Er fühlte sich hilflos und verloren. Was war geschehen? Wie sollte er Wolf in dieser leeren Weite finden? Und inmitten seines Aufruhrs hörte er Lance aus der Senke wiehern – ein kampfeslüsterner Laut, wie er ihn nie zuvor von Lance gehört hatte.
    Und dann erklang aus der Ferne ein anderer Schrei, gellend, vibrierend vor Zorn, und auf einer der fernen Hügelkuppen, die noch zum Land der Fargus' gehören mußten, erhob sich im Schimmer der Morgenröte die Silhouette eines sich aufbäumenden Pferdes. Seine Herausforderung klang über die weite Distanz gedämpft, aber völlig klar zu ihnen. Es konnte nur Excalibur sein, der auf dem weit entfernten Hügel hielt und seinen Herausforderer aus der Ferne ausgemacht hatte und ihn bedrohte. Eric war geblendet von dieser drohenden Vision. Als er weiterrannte, hörte er, wie Steine den Abhang hinunterpolterten, und wurde beinah wahnsinnig bei dem Gedanken, was Lance zustoßen könnte. Endlich fand er sich schweißgebadet vor dem den steilen Abhang hinaufstürmenden Hengst, richtete sich auf, breitete beide Arme weit zur Seite. »Ho-ho!« rief er, »Hoho!« Der Hengst scheute; beinahe wäre er wieder auf der Hinterhand den Abhang hinuntergerutscht. Er stieß die Vorderhufe in den nachgiebigen Schotter, strauchelte, verlor das Gleichgewicht; er schwankte, es schien für endlose Sekunden, als werde er fallen, auf der Abschüssigkeit des Pfades keinen Halt mehr finden und über die Klippe ins Meer rutschen.
    Seine eisenharten Fesseln retteten ihn. Sie waren in die Tiefen des trügerischen Pfads gerammt wie Stützpfeiler und bewahrten seine Hinterbeine, die hilflos auf den losen Steinen ausglitten, davor, jede Richtung zu verlieren. Lance schnaufte, sammelte sich schließlich. Er stand wieder auf seinen vier Füßen.
    Gleichermaßen keuchend und schwitzend standen Mann und Pferd voreinander. Doch gerade als Eric die Hand nach Lance ausstreckte, erscholl von der fernen Hügelkuppe erneut die triumphierende Herausforderung des Herrn von Sunrise.
    Lance warf den Kopf hoch und erwiderte diese Herausforderung, und dann setzte er sich erneut in Bewegung, schob Eric beiseite und kämpfte sich seinen Weg nach oben: Diese Herausforderung mußte er beantworten. Eric wußte, daß er ihn nicht mehr durch herkömmliche Mittel beeinflussen konnte. Er blieb strauchelnd, fallend und sich wieder aufrappelnd an der Seite des wildgewordenen Hengstes, bis sie die Anhöhe erreicht hatten; dann faßte er in die Mähne, nahm die Zügel kurz und zog sich auf den Rücken des Hengstes. Lance schien sein Gewicht nicht zu spüren; er stieg und schmetterte seine Herausforderung in den jungen Morgen. Von fern kam die Antwort Excaliburs. Gebe Gott, daß diese beiden nicht aufeinandertrafen!
    Eric mußte alle Tricks anwenden, um Lance in die Richtung der Stallungen zu zwingen. Immer wieder stieg der Hengst und schwenkte in die entgegengesetzte Richtung, voller Drang, seinen Rivalen zu stellen. Eric trieb ihn vorwärts, durch Überredung, durch Zwang. Sir Lancelots Blut kochte, sein Wille war ausschließlich auf den Gegner gerichtet, und Eric verlor viel Schweiß auf dem Weg zum Stall. Aus vielen Schürfwunden blutend, vor Erschöpfung taumelnd, riß er schließlich die schwere Stalltür hinter Sir Lancelot ins Schloß. Hier im Stall war er immerhin vorläufig sicher. Er schaltete das Licht ein, und Lance bäumte sich auf und drängte gegen die Tür.
    »Nein!« Zornig prallte Eric gegen die muskulöse Brust, mitten zwischen die wütend schlagenden Vorderbeine, hing sich an den Hals und preßte das Pferd auf die Erde zurück. »Nein!« wiederholte er laut. »Ich lasse nicht zu, daß du dich ihm auslieferst, hörst du!«
    Lance stieg erneut und riß ihn hilflos wie eine Gliederpuppe in die Luft.
Eric hatte genug. Als Lances Vorderhufe auf den Betonboden der Stallgasse schmetterten, ließ er sich fallen, rollte sich herum, packte das Pferd am Maul und versuchte, seine Hand zwischen die hintere Partie des Kiefers zu schieben, um das Maul zu öffnen. Er mußte es immer wieder versuchen und

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