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Im Schatten des Pferdemondes

Im Schatten des Pferdemondes

Titel: Im Schatten des Pferdemondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evita Wolff
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stemmte Lance die Vorderhufe auf und drückte sich mit den Vorderbeinen und dem freiliegenden Hinterbein hoch. Er schwankte ein wenig, und der Kopf hing ihm zwischen den Beinen. »Der ist fertig«, stellte Turner fest. »Und sicher nicht nur durch das Zeug, das du ihm gegeben hast. Heute sucht der keinen Händel mehr.« Turner musterte eingehend die an nur mehr einer Angel hängende Tür und stieß sie an. Es ertönte ein beinah schmerzhafter Laut.
Bei Gott, dachte Eric, das war wie ein Signal. Es war Zeit, daß Lance und er von diesem Gestüt verschwanden. Er machte sich daran, Lances Schürfwunden zu versorgen. »Wir hätten niemals herkommen dürfen«, sagte er und warf einen schnellen Blick über die Schulter nach Turner. »Lance muß hier weg.«
»Gut, dann sag ich daheim Bescheid. Einer meiner Leute kann ihn holen.«
Daran hatte Eric auch schon gedacht. Und am liebsten wäre er mitgefahren und hätte diesem seltsamen Ort für immer den Rücken gekehrt. Aber irgend etwas fesselte ihn. Die bloße Erwähnung Solitaires rührte etwas in ihm an, ein unbenennbares Gefühl, das ihm sagte, diese Stute werde sein Leben beeinflussen wie noch kein Pferd vor ihr. Er mußte sie sehen. Erst danach würde er sich endgültig entscheiden können.
Ohne Turner anzusehen, sagte er: »Vielleicht hat Louise ja recht. Vielleicht werde ich mit der Stute nicht fertig. Dann hat sich die ganze Angelegenheit sowieso in kurzer Zeit erledigt. Und dann können wir zu dritt zurückfahren, und ich brauche die Arbeit mit Lance nicht zu unterbrechen.«
»Hier willst du ihn aber doch auch nicht lassen?«
Jetzt wäre die Gelegenheit gewesen, Turner zu fragen, warum auch er nichts von Excalibur gesagt hatte. Es paßte so gar nicht zu ihm, ein solches Risiko mit einem seiner Pferde einzugehen. Es sei denn ... es sei denn, etwas von noch höherem Wert ließ ihn alles riskieren. Was hatte Emily Fargus gegen ihn in der Hand? Oder was konnte sie ihm bieten?
Erics Stimme verriet nichts von diesen Gedanken. »Natürlich nicht. Es wird sich ja wohl ein Bed & Breakfast finden lassen, das einen Stall hat und eine Koppel.«
»Stall und Koppel sehe ich ein, aber was willst du mit Bed & Breakfast? – Oh! Verstehe! Du willst auch von hier weg, was? – Wegen Louise? Ehrlich, Eric, ich hätte dich nicht für so empfindlich gehalten!« Turners dünnes Gesicht verzog sich zu einem gutmütigen Schmunzeln. »Die Kleine ist doch fast noch ein Kind. Die weiß ja kaum, was sie da gefaselt hat in ihrer Aufregung.«
Eric schwieg. Wie sollte er Turner erklären, daß ihn nicht nur die Atmosphäre in diesem Haus bedrückte, sondern daß er nicht mit dieser Falschheit leben konnte? Zumal Turner dasselbe Spiel spielte.
Er legte den letzten Verband an, streifte eine Decke über den noch feuchten Rücken und führte Lance in eine andere Box. Der Hengst war sanft wie ein Lamm. Eric schüttete ihm Futter in den Trog, allerdings ohne viel Hoffnung. Lance würde wahrscheinlich nur trinken nach dem großen Flüssigkeitsverlust, und ein Tag ohne Futter kostet ein hochgezüchtetes Pferd viel Kraft. Er streichelte Lances Maul, schwatzte allerlei, was ihm gerade einfiel, fuhr schmeichelnd an den Pferdelippen entlang und bot das duftende Futter auf seiner flachen Handfläche an. Lance knabberte ein wenig, aber mehr, um ihm einen Gefallen zu tun.
»Ich gehe jetzt ins Haus und wasche mich«, sagte er knapp zu Turner, »dann packe ich meine Sachen und verlasse diese gastlichen Hallen. Ob Emily Fargus mir ihren Transporter leiht für die Fahrt ins Dorf?«
»Du wirst sie entsetzlich vor den Kopf stoßen, Eric. Die Schotten halten sich viel auf ihre Gastfreundschaft zugute.«
Er dachte an den Disput mit Louise auf der Klippe, schob die Hände in die Taschen und zog die Schultern hoch.
»Selbst die angeheirateten Schotten«, beharrte Turner.
»Wie meinen Sie das – angeheiratet?« Eric machte nur Konversation, um seine Ruhe zu haben. Als sie über den Hof gingen, ließ er seine Blicke schweifen in der Hoffnung, daß Wolf aus irgendeiner Ecke auftauchen möge, wie er es gestern getan hatte. Was war aus dem Hund geworden? Bei all der Aufregung hatte er ihn gänzlich vergessen, aber jetzt nagte die Sorge wieder an ihm. Er wußte, er würde keine Ruhe finden, ehe er nicht eine plausible Erklärung für den seltsamen Zusammenbruch und die Flucht des Hundes hatte.
»Na, Mrs. Fargus ist keine Schottin. Sie hat den Sohn vom alten Fargus geheiratet, und der ist vor einiger Zeit bei einem Reitunfall

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