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Im Schatten des Pferdemondes

Im Schatten des Pferdemondes

Titel: Im Schatten des Pferdemondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evita Wolff
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ums Leben gekommen. Seither leitet sie das Gestüt, weil der alte Mann zwar verflucht eigensinnig ist, aber sonst zu nichts taugt.«
»Immerhin hat er diesem Pflänzchen Louise noch ganz hübsch die Hölle heiß gemacht.«
»Nun ja, Emily läßt ihn den Patriarchen spielen – du hast ja wohl gehört von der Clan-Mentalität der Schotten; darauf muß man heute nichts mehr geben, alles Schnee von gestern. Emily ist es, die jetzt das Gestüt leitet.«
»So.« Eric grub seine Hände noch tiefer. Sein vordringlichster Wunsch war es, von hier fortzukommen.
»Hab dir noch nicht gesagt«, Turner räusperte sich und seine tastende Rechte suchte vergeblich nach einem Mützenschirm, »ich bin dir sehr dankbar, Eric. Du hast Lance das Leben gerettet.«
Eric schwieg, zog nur die Schultern noch höher, auf einmal fror er sehr, ihm wurde beinah übel davon.
Sie erreichten die Tür zu Sunrise-House, eine Bedienstete öffnete ihnen, gerade als Turner stammelte: »Eric, du wirst verstehen –«, und dann brach er offensichtlich erleichtert ab.
– Hatte er gerade von sich aus zu einer Erklärung angesetzt?
Das Mädchen frage: »Wünschen die Herren Frühstück?« Sie starrte Eric an. »Nein, kein Frühstück«, murmelte er. Er wollte seine Sachen packen, Lance nehmen und einen sicheren Platz suchen. »Ja, sehr gern«, sagte Sir Simon im selben Moment. »Tee, natürlich, und Toast, nicht zu dunkel geröstet. Orangenmarmelade, Eric?«
Eric schwieg und grub sich noch tiefer in seine Reitweste, die er irgendwann im Verlauf dieses fürchterlichen Morgens aus der Sattelkammer geklaubt hatte. Sir Simon fuhr in einem Ton fort, der verriet, daß er sich für die Idee des Frühstücks erwärmte. »Und es wäre großartig, Miss, wenn wir Rührei mit Schinken und heiße Würstchen haben könnten. Reichlich. Und Lachs und Shortbread, dazu gehört natürlich ein Tropfen Whisky.« Er wandte sich an Eric. »Whisky macht sich immer gut zum Tee. Wird dir auch guttun nach diesem Morgen.« An die Frau gewandt, setzte er betont liebenswürdig hinzu: »Mit einem Tropfen, meine Liebe, meine ich natürlich eine Flasche.«
»Ich verstehe, eine ... eine Flasche, Sir«, und sie verschwand eilig im Hintergrund. Im Salon, in den eine weitere Bedienstete sie führte, hing ein Spiegel vor dem Kamin. Auf dem Kaminsims lag eine schöne Zigarettenschatulle und daneben ein zu der Schatulle passendes Feuerzeug. Eine Zigarette war gerade das, was er jetzt brauchte, dachte Eric, er streckte die Hand aus, dann sah er sein Gesicht in dem großen Spiegel. Ihm wurde noch ein wenig übler.
Er riß sich zusammen, nahm eine Zigarette aus dem Ebenholzkästchen, zündete sie gelassen an, rauchte einige Züge und betrachtete sich erneut. Sicher, auf den ersten Blick wirkte sein Gesicht wie eine zerschlagene Masse. Aber es waren nur ein paar Schürfwunden, deren Blut das ganze Gesicht verklebt hatte. Das linke Auge sah so aus, als werde sich da ein Veilchen entwickeln; er vermutete, daß Sir Lancelot ihn mit dem Huf gestreift hatte.
Tief inhalierte er den Rauch.
»Du solltest dich waschen vor dem Frühstück«, sagte Turner vorsichtig.
Eric warf seine Zigarette in den Kamin, drehte sich wortlos um und ging in den oberen Stock, wo ihm gestern ein Zimmer angewiesen worden war. Er bewegte sich langsam, denn jetzt setzten die Schmerzen ein, und er war froh, daß ihm niemand begegnete. Er wollte keinen von den Fargus' sehen lassen, daß er sich wie ein alter Mann am Treppengeländer emporzog.
Sein Raum war unverändert, die Taschen standen noch, wie er sie auf das Bett gestellt hatte, nachdem er ja den Nachmittag mit den Fargus' und die Nacht außer Haus verbracht hatte. Großartig, da sparte er sich die Mühe, alles wieder einzupacken. Er ging ins angrenzende Bad und begann, sein Gesicht mit einem in Wasser getauchten Lappen zu betupfen, aber das Blut war festgeklebt; auf diese Weise würde er eine Ewigkeit brauchen. Müde lehnte er sich gegen das Waschbecken und blickte sich im Badezimmer um. Die Badewanne sah einladend aus. Er drehte die Hähne auf und sah zu, wie das heiße Wasser gurgelnd in die Wanne schoß. Sie würden auf ihn warten da unten, dachte er, aber es war ihm egal. Sollten sie ohne ihn essen. Er würde sich einen netten Gasthof suchen und dort frühstücken. Vielleicht kam die Sonne heraus, dann könnte er im Freien essen, und Lance könnte bei ihm sein. Er streifte sein zerrissenes, blut- und schweißverkrustetes Hemd ab, ballte es zusammen und beförderte es in den

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