Im Schatten des Pferdemondes
Papierkorb. Dem Hemd folgten die Hosen. Schließlich ließ er sich langsam ins Wasser gleiten, schnaufte kurz, weil er völlig durchgefroren und das Wasser sehr warm war. Er angelte sich ein Handtuch, tauchte es ins Wasser, drückte es aus und legte es sich über das Gesicht. Herrlich! Er wurde schläfrig vor Wohlbehagen und rief sich energisch zur Disziplin. Er konnte jetzt nicht schlafen. Er mußte sein menschliches Aussehen zurückgewinnen und dann Lance so schnell wie möglich von hier wegbringen. Wenn Emily ihm ihren Transporter nicht geben wollte, würde er Lance eben führen. Es war ein unbehaglicher Gedanke, so verletzlich über das weite Gelände zu gehen, auf dem Excalibur jederzeit auftauchen konnte. Weder Lance noch er wären in ihrem Zustand in der Lage, es mit dem Hengst aufzunehmen. Das Plätschern des Wassers schreckte ihn auf; er war doch eingenickt, verflucht, und da war noch etwas. Er zog das Tuch von seinen Augen, weil er fühlte, daß er nicht allein war. Emily stand in der Tür. Sprachlos starrte er sie an, forderte schweigend eine Erklärung.
»Ich ... ich habe geklopft«, stammelte sie und starrte zurück wie hypnotisiert. »Wir warteten mit dem Frühstück, und als Sie nicht kamen, dachte ich, Sie wären vielleicht ohnmächtig geworden. Ich habe mir Sorgen gemacht.«
»Wieso haben Sie nicht Turner geschickt?« knurrte er.
»Sir Simon hat, während wir auf Sie warteten, eine halbe Flasche Whisky ausgetrunken.«
Eric kannte das. Zuerst war es Tee mit Whisky und dann Whisky mit Tee. Und es war erstaunlich, wie schnell Turner der Alkohol zu Kopf stieg. Wahrscheinlich lag er jetzt paralysiert, alle viere von sich gestreckt, auf der Couch.
Seine Gedanken kehrten zu seinen eigenen Problemen zurück: Es war nicht angenehm, vor einer damenhaft gekleideten Frau in der Badewanne zu liegen, die ihn mit ihren Blicken verschlang. Es war peinlich und lächerlich.
»Wie Sie sehen, bin ich nicht ohnmächtig«, sagte er knapp und machte Anstalten, sich zu erheben. Das war gewissermaßen als Gegenangriff gedacht, seine Brüskheit sollte sie in die Flucht schlagen. Emily jedoch blieb stehen und sah ihn an. Da war etwas wie Verklärung in ihrem Blick. Eric ließ sich wieder ins Wasser zurückgleiten. »Ich werde gleich unten sein, Ma'm«, sagte er spröde und merkte, wie ihm das Blut zu Kopf stieg. Wie konnte sie nur da stehen und ihn so anstarren? Es war schamlos, und – nun, es war unanständig. Er war schließlich nicht einer von den California Boys.
»Sie haben da eine Wunde an der Schulter, die ziemlich ...« Sie machte eine Bewegung, als wolle sie auf ihn zutreten.
Instinktiv wandte er ihr halb den Rücken zu. »Danke, Ma'm, ich komme schon zurecht.«
»Wenn Sie Hilfe benötigen sollten, Sie brauchen nur zu rufen.«
»Ja, Ma'm.«
Sie verschwand so unhörbar, wie sie aufgetaucht war, und Eric stieß einen tiefen Seufzer aus und rutschte in voller Länge ins Wasser. Was war los mit dieser Frau? Möglicherweise hatte sie keinen Mann mehr im Bett gehabt, seit ihr Gatte tot war – und fairerweise mußte er zugeben, daß es nicht an ihrem Aussehen liegen konnte. Es dürfte wohl eher der Mangel an Gelegenheit sein, dachte er, und schlüpfte so geräuschlos wie möglich aus dem Wasser, spähte dabei mißtrauisch nach der Tür. Mangel an Gelegenheit – wann kam sie schon einmal von ihrem Gestüt weg? Aber den ersten einigermaßen attraktiven Mann, der auf dieses Gestüt kam, einwickeln zu wollen? Er hielt inne. Bestimmt hatte Turner ihr von seinem Plan erzählt, das Gestüt zu verlassen; Turner konnte nie den Mund halten, wenn er getrunken hatte. Nachdenklich trocknete sich Eric weiter ab. Vielleicht hatte sie gehofft, ihn zum Bleiben zu veranlassen, wenn sie eine Affäre mit ihm begann. Vielleicht hatte sie Angst, daß er sich weniger auf Solitaire einlassen würde, wenn er außerhalb des Gestüts logierte? Wenn seine Vermutung zutraf, dann war Emily Fargus nicht nur eine sehr ehrgeizige Frau, die mit allen Mitteln versuchte zu erreichen, was sie wollte; dann hatte sie zudem völlig den Sinn für die Wirklichkeit verloren.
4
»Warum sind Sie nicht eingebogen? Da war ein Schild mit Bed & Breakfast!«
»Willst du in einem Cottage wohnen? Du bist hier im Land der Burgen und Schlösser.« Turner klang ein wenig spöttisch.
»Warum nicht? Halten Sie bitte, ich werde fragen, ob sie was frei haben.«
»Sonst wäre wohl das Schild nicht draußen.«
Eric rannte zurück, stieß die Gartenpforte auf und lief über
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