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Im Schatten des Pferdemondes

Im Schatten des Pferdemondes

Titel: Im Schatten des Pferdemondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evita Wolff
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und ich glaub, mancher Ihrer Kollegen hätte das Handtuch geworfen und den Abdecker gerufen; aber Sie haben's gemacht, obwohl es Ihr erster Fall war. Ganz glatt hätten Sie sich aus der Affäre ziehen können; keiner wußte ja, daß Sie ein voll qualifizierter Vet sind, aber nein, Sie haben zugegriffen, weil Sie sahen, was zu tun war.« Billy blickte ihm gerade in die Augen. »Ich schulde Ihnen 'ne Menge, Mann«, sagte er ruhig. »Und merken Sie sich dies – bieten Sie Leuten Ihre Dienste nie umsonst an.«
Eric erwiderte den Blick. »Das tue ich nicht. Nicht für die Arbeit, die ich für gewöhnlich tue.«
Die hellblauen Augen blinzelten schlau in dem zinnoberfarbenen Gesicht. »Weiß schon, Sie betrachten Maudie als so was wie einen Ausrutscher. Aber Sie verdienen dafür mehr als, hm, na ja, meine Dankbarkeit.«
Hieß es nicht immer, die Schotten seien geizig? Wie leicht hätte Billy sich davonmachen können, da Eric eine Bezahlung niemals in Betracht gezogen hatte. Und jetzt zog Billy sein Scheckheft aus der Innentasche seiner leichten Joppe und legte es offen auf das Wagendach, schob es Eric zusammen mit einem Kugelschreiber hin.
Na gut, wenn es nicht anders ging: »Sagen wir, na, lassen Sie mich rechnen ... – hm, sagen wir – hundertfünfzig Pfund? Soll ich einhundertfünfzig Pfund eintragen, Billy?« Hundertfünfzig Pfund war die ganze Stute nicht wert, nicht einmal mit dem Fohlen an ihrer Seite. Doch weder der Ausdruck noch die Farbe von Billys Gesicht veränderten sich, während seine Frau nach Luft schnappte und sich rasch die Hand vor den Mund hielt. Ruhig sagte er nur: »Tragen Sie es ein, ich unterzeichne.«
Eric lachte und schob das Scheckheft zurück. »Niemals. Bin froh, daß ich Maudie helfen konnte. Und jetzt sagen Sie mir, wieviel Sie für das Futter bekommen.«
Billy nahm sein Scheckheft. »Bei Gott, Sie sind ein seltsamer Heiliger, Guvnor.«
»Wenn Sie meinen. Wieviel?«
»Beim heiligen Andreas, nehmen Sie das bißchen Futter und trinken Sie eine Tasse Tee mit uns.«
Eric fühlte sich bei diesen Worten seltsam befangen. Es war wie der Ruf einer Familie, die er nie gehabt hatte. Es war eine Versuchung, mit diesen freundlichen Menschen in der Küche zu sitzen, Tee zu trinken, zu plaudern; aber sein Blick fiel durch die Heckscheibe auf Turner, der noch immer halb bewußtlos auf dem Rücksitz lag – auch auf der eiligen Fahrt zu Claires Haus und zurück zum Anwesen Billys hatte er sich nicht gerührt.
»Vielen Dank, Billy, Mrs. MacKinnan, aber ich glaube, ich kümmere mich besser um meinen Freund hier.« Er sah die beiden an, sah ihre ehrlichen, unbefangenen Gesichter und wußte, daß seine Worte nicht verschwendet waren: »Er macht eine sehr schwere Zeit durch. Ich kann Ihnen nicht sagen, was es ist, aber ich habe den Eindruck, es braucht einen Felsen, um in einer Situation wie seiner nicht der Versuchung nach einer gewissen Erleichterung dann und wann zu erliegen.« Er wartete keine Antwort ab, öffnete die Tür für Claire, schloß sie hinter ihr und schüttelte den MacKinnans die Hände. Als sie wieder auf der Hauptstraße des Dorfes waren, sagte er bedauernd: »Jetzt ist Ihr Hefeteig sicher nicht mehr zu gebrauchen, Claire.«
Claire sah ihn von der Seite an, das klargeschnittene Profil, den harten jungen Körper. So viele junge Menschen verließen diese Gegend. Wie Davy. Davy war nicht glücklich gewesen hier. Er hatte das Land, das Meer, die Leute nicht gemocht, nicht wirklich. Er war ausgebrochen. Er fühlte sich in einer kleinen grauen Stadt in der Mitte Englands wohler als auf den hohen, kargen Hügeln seiner Heimat. Dieser war anders. Sie wünschte, er würde bleiben.

5

    War das wirklich erst gestern gewesen, als er das Tor zu Sunrise für Emily geöffnet hatte? Seither war so viel geschehen, und dabei hatte er noch nicht einmal einen Blick auf Solitaire, den Grund
    seines Hierseins, werfen können. Er stoppte, um das Tor wieder zu schließen, und als er auf den Fahrersitz zurückglitt, gab Turner plötzlich einen gequält klingenden Laut von sich: »Das Fohlen«, murmelte er.
    Eric wandte sich um. Mit Sicherheit hatte Turner von der Geburt des kleinen Hengstes nichts mitbekommen. »Welches Fohlen?«
    Turner öffnete ein Auge und wischte sich mit einer fahrigen Bewegung übers Gesicht. »Oh, Eric, du bist's.« Er sprach undeutlich. »Wo sind wir? Wie spät ist es?«
    »Es dämmert. Ich bringe Sie nach Sunrise zurück.« Er war nicht sicher, ob Turner ihn überhaupt hörte, fragte aber

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