Im Schatten des Pferdemondes
herzte sie und schickte sie dann ins Haus. Louise sandte ihm einen haßerfüllten Blick über die Schulter, bevor sie verschwand.
»Mr. Gustavson – was ist hier vorgefallen?«
Eric richtete sich auf. »Warum hat mir niemand gesagt, daß Solitaire trächtig ist? Das ist alles, was ich von Ihrer Tochter wissen wollte. Ich weiß nicht, warum sie einen hysterischen Akt daraus machen muß.«
Ihr Blick veränderte sich. Langsam kam sie die Treppe hinunter und blieb schließlich auf der letzten Stufe stehen. In dem weichen Licht wirkte sie um mindestens zehn Jahre jünger. Er fühlte ihre Anziehungskraft. Sie war schön. Sie trug ein taubengraues, seidig schimmerndes Kleid, das ihre Schultern freiließ und ihre zarte Figur zur Geltung brachte. »Eric.« Ihr Kopf hob sich graziös in den Nacken, damit sie ihm ins Gesicht sehen konnte.
»Bitte, Emily, antworten Sie mir. Warum haben Sie mir nicht gesagt, daß Solitaire tragend ist?«
Emily spürte, daß der Augenblick, in dem sie ihn in die Hand hätte bekommen können, für jetzt vorüber war. Ruhig erwiderte sie: »Aber das ist sie nicht, sie ist viel zu jung!«
»Wie kann dann Turner von Solitaires Fohlen sprechen?«
»Lassen Sie ihn uns erst einmal ins Haus bringen, Eric.«
Warum wich sie ihm aus?
Turner taumelte auf unsicheren Beinen zwischen ihnen; es war ein gutes Stück Arbeit, ihn die Stufen hinauf in die Halle und dann über die breite Treppe in das obere Stockwerk zu schaffen. Er warf sich sofort aufs Bett, stieß ein Grunzen aus und war schon wieder weggetreten. »Sie sollten ihm morgen früh eine Bloody Mary geben«, sagte Eric und mühte sich ab, Turner die Jacke auszuziehen.
»Sie könnten das auch tun, Eric.«
»Sie wissen so gut wie ich, daß ich morgen früh nicht hier sein werde. Jedenfalls nicht, um seinen Kater zu verarzten.«
»Warum sind Sie gegangen, Eric?«
»Warum haben Sie mich das nicht heute Vormittag gefragt?«
»Ich genierte mich vor den anderen, und wir waren ja nicht allein, außer ... als Sie im Bad waren. Und ... da dachte ich an anderes.«
Er wollte an ihr vorbeigehen, aber sie legte ihm die Hand auf den Arm. »Warum sind Sie gegangen?«
»Nun, Lance konnte wohl nicht gut hierbleiben. Und ich kann ihn nicht allein lassen.«
Sie standen dicht beieinander in dem schwach erleuchteten Flur, und Eric blickte auf sie nieder. Noch immer lag ihre Hand auf seinem Arm, warm und feingliedrig, und die Schultern hoben sich glatt und mädchenhaft aus diesem Kleid, das den Ansatz ihrer Brüste sehen ließ. Er sah den leisen, gleichmäßigen Atem, und das Blut begann in seinen Ohren zu sausen. Heftig wandte er sich um und eilte die Treppe hinunter.
Sie folgte ihm langsam. »Man könnte meinen, Sie haben Angst vor mir, Eric.«
Genau das, dachte er.
»Kommen Sie, lassen Sie uns ein Glas miteinander trinken, und dann fahre ich Sie zu Ihrem Logis.«
Er zögerte. Emily blickte nach ihm zurück. Sie stand auf der Schwelle zum Salon, und das weiche Licht des Raumes zauberte Schatten über ihre Gestalt. Die schlanke Kurve ihres Halses, das Strahlen der Augen; er konnte – seinen Blick nicht abwenden.
»Kommen Sie, Eric, Sie haben unsere Gastfreundschaft bisher nur sehr wenig in Anspruch genommen.«
»Ein Glas, okay.«
Sie trat zur Bar. »Was möchten Sie?«
»Gin Tonic.«
Er sah sich in dem großen, elegant, aber ziemlich düster eingerichteten Raum mit den schweren, dunklen Möbeln um, während Emily die Drinks mixte. Die Fenster waren von samtenen, purpurnen Vorhängen verdeckt, die den Raum gegen die Welt abschotteten. Eine leise Ahnung begann ihn zu beschleichen von der Einsamkeit, die diese Frau zuweilen empfinden mußte, wenn sie hier allein saß, so wie heute Abend.
»Sind Sie nie auf den Gedanken gekommen, wieder zu heiraten?« fragte er, als er ihr seinen Drink abnahm.
»Setzen wir uns?« Sie glitt in einen tiefen Sessel nahe beim Feuer, legte langsam ihr rechtes Bein über das linke; das knöchellange, an den Seiten geschlitzte Kleid gestattete für einen Moment den Blick auf ihre vollkommen geformten schlanken Beine, dann sank der schimmernde Stoff wieder verhüllend nieder. Hinter Erics Augen begann es zu brennen. Sie lächelte, schob ihr Haar mit einer anmutigen Geste zurück und hielt ihr Glas gegen die Flammen, studierte die Tiefen der bronzefarbenen Flüssigkeit. »Warum fragen Sie mich das?«
Er mußte sich räuspern. »Ich ... stellte Sie mir gerade vor, wie Sie hier sitzen, allein mit Ihren Gedanken, Ihren Sorgen und Wünschen.«
»Und mit
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