Im Schatten des Pferdemondes
Gedanken, mit diesen alles andere als sterilen Stricken in den Uterus der Stute zu gehen. Aber wenn er es nicht versuchte, würde sie elend krepieren. Das Fohlen mußte heraus, damit wenigstens das Muttertier eine Chance hatte.
»Hören Sie.« Sein Mund war so trocken, daß er nur krächzen konnte. »Wir müssen das Fohlen mit dem Arsch zuerst rausziehen. Die Stute ist schon zu erledigt, sie preßt nicht mehr, von ihr können wir keine Hilfe erwarten. Ich sage Ihnen, wann Sie anfangen müssen zu ziehen – und sachte, sachte. Okay?«
»Ich bin soweit.«
Eric rieb erneut seinen Arm ein. »Ihr erstes Fohlen?« fragte er mit zusammengebissenen Zähnen, während er im Uterus herumtastete.
»Das erste, aye.«
Großartig. Warum mußte ihm das passieren? Der Mann würde wahrscheinlich das Fohlen und seine Stute verlieren.
»Und wenn wir sie hinlegen?«
»Nein, bloß nicht!«
Eric nahm sich zusammen. Ruhiger sagte er: »Es ist etwas leichter, das Fohlen von oben nach unten zu ziehen.«
»Aye.«
Endlich gelang es ihm, die ihm fortwährend entgleitenden Hinterbeine wieder sicher und glatt längs nebeneinander auszurichten und den Strick um die Fesseln zu schlingen. »Jetzt ziehen, Billy«, keuchte er. Sein Arm wurde zwischen die Knochen des mütterlichen Pelvis und den Körper des Fohlens gequetscht wie zwischen zwei aneinander vorbeischrammenden Felsen. »Langsam und stetig, ich versuche, das Fohlen auszurichten. Ja, so, langsam, langsam – «
»Da sind die Hinterbeine – die Kruppe –!« rief Billy aufgeregt.
»Fein, fein«, keuchte Eric. Er biß voller Schmerz, stumm, in seinen freien Arm, als Kruppe und Rumpf durch den engen Gang an seinem Arm vorbeigezogen wurden, und der Schweiß strömte über seinen Rücken. »Sachte jetzt, sachte, die Vorderbeine –« Er dirigierte die zarten Glieder mit seiner Handfläche, spürte, wie schließlich die winzigen Hufe darüberglitten, und tat sein Bestes, um den Hals auf diesen Vorderbeinen zu halten. Ungläubig fühlte er, wie das Fohlen aus der Gebärmutter schwand, bis er nur noch das Schnäuzchen streifte. Er war nicht sicher, ob es gezuckt hatte. Die unglückliche kleine Kreatur war zu lange ohne die schützende Flüssigkeit gewesen, die sie mit Nahrung und Sauerstoff versorgt hatte. Es konnte nicht mehr am Leben sein. Er schüttelte den Kopf und stützte sich gegen die Kruppe der Stute, bis sich die Nebel der Erschöpfung geklärt hatten. Und dann ruhten seine Augen traurig auf dem nassen Bündel, das ein prächtiges Fohlen hätte sein können. Still lag es auf dem Boden, vollkommen geformt, aber die Flamme seines Lebens war erloschen, ehe es noch das Licht erblickt hatte. Stumpf ließ er sich auf die Knie fallen und löste die Stricke, dann drehte er den kleinen Kopf zu sich herum, befreite die Nüstern von den Resten der Plazenta und strich über den dünnen Hals zur Brust. Kein Atem. Es war tot.
»Tut mir leid, Billy.«
Er blickte zu dem großen Mann auf, und seine Hand ruhte auf dem Fohlen; plötzlich erstarrte er, beugte sich tiefer, legte sein Ohr gegen den Thorax – ganz, ganz schwach war da ein leises Sausen. »Billy!« rief er, drehte das Fohlen auf den Rücken, »helfen Sie mir! Überstrecken Sie den Kopf! Halten Sie seine Vorderbeine!«
Er begann eine resolute Herzmassage und blies in Abständen seinen Atem in die kleinen Nüstern. Er wartete, fing von vorn an. Wieder Warten. Wieder und wieder das gleiche. Schließlich sagte Billy resigniert: »Es hat keinen Sinn. Wenigstens haben Sie die Stute gerettet. Und ich bin Ihnen ... kann Ihnen nicht sagen, wie dankbar –«
Da zuckte der kleine Körper plötzlich in Konvulsionen, die Beine flatterten und brachten den Körper auf die Seite – und die Augen öffneten sich, das Köpfchen hob sich und ein Flüstern von einem Wiehern entschlüpfte der schmalen Brust. Die Stute, die bis dahin apathisch mit gesenktem Kopf gestanden hatte, drehte sich unvermutet herum und schnüffelte an ihrem Fohlen, das versuchte, sich aufzurichten. Und dann begann sie es zu lecken. Die rauhe Zunge stimulierte die Blutzirkulation effektiver, als irgend etwas anderes es kann, und das kleine Tier war innerhalb weniger Minuten auf den Beinen und suchte nach dem Euter der Mutter.
Für eine Weile standen die beiden Männer starr und staunten. Billy legte Eric die Hand auf die Schulter. »Das war ein Meisterstück. Was für ein Glück, daß gerade, als ich ihn am meisten brauchte, ein Mann vom Fach da war!«
Eric blickte ihm gerade in die Augen:
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