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Im Schatten des Pferdemondes

Im Schatten des Pferdemondes

Titel: Im Schatten des Pferdemondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evita Wolff
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Küchenschrank, streckte sich verhalten und sagte: »Reichlich spät, und ich muß früh auf. Besser, ich gehe schlafen.«
Claire legte ihre Stickerei weg. »Wird auch Zeit für uns. Lieber, willst du dich um das Feuer kümmern? Kommen Sie, Eric, ich zeige Ihnen Ihr Zimmer.«
Er schleppte seine Taschen hinter ihr her über die blumengeschmückte Treppe ins obere Stockwerk, dann einen fast dunklen Flur entlang, und blieb überrascht an der Tür seines Zimmers stehen. Auf der Kommode stand eine Duftlampe, deren brennendes Teelicht den Raum in ein wohltuendes Halbdunkel tauchte. Ein frischer Duft von Orangenblüten erfüllte die Luft. »Als ich vorhin oben war, um mich um die Wäsche zu kümmern, habe ich's angezündet«, sagte Claire. »Wir können aber auch das elektrische Licht anmachen.« Sie streckte die Hand nach dem Schalter aus, aber Eric hielt sie mit einer kleinen Bewegung auf. »Nein! Nein, lassen Sie es bitte, wie es ist, Claire.«
Der Raum schien ihm entgegenzukommen. Lag dieser Eindruck an dem goldenen Licht? War es das mit dicken Decken belegte Bett oder die schlichten, aus massivem Holz gefertigten Möbel? Oder die Bilder an den Wänden – Aquarelle und Drucke, aus denen die Seele dieses Landes zu atmen schien? Irgend etwas an diesen Bildern und Möbeln und an vielen anderen Kleinigkeiten sagte ihm, daß dies nicht der gewöhnliche Gästeraum war. Sein Blick richtete sich interessiert auf die dicke Deckenlage des Bettes. – Hatte David nicht erzählt, seinem Sohn sei immerzu kalt gewesen; und sei es noch, wenn er hier war?
»Das ist ein wunderschönes Zimmer, Claire«, sagte er. »Ich werde mich hier fühlen wie in Abrahams Schoß.«
Er betrachtete wieder das Bett mit seiner Deckenlast. Aus verläßlicher Quelle wußte er, daß man in Schottland dicke Decken eigentlich nicht kennt. Wenn die Nächte streng, die Luftmassen rauh werden, gibt es den geliebten Whisky, der das Blut schneller kreisen läßt und die nötige Wärme im Inneren erzeugt.
Offenbar war dies Davys Zimmer. Er schluckte hart gegen einen plötzlich drückenden Kloß in seiner Kehle. »Claire –« Er wollte nicht sentimental werden. Der Whisky wollte ihn dazu verleiten. »Claire, ich bin sehr froh, daß ich hier bei Ihnen sein darf, und nicht da oben, bei den Fargus'.« Er dachte an Louises heulende Stimme, an Emily, und unterdrückte ein Schaudern. »Und ich weiß, daß Lance ebenso froh ist. – Ihre schöne rote Katze ist bei ihm, wußten Sie das?«
»Ja«, sagte Claire. »Missy hat sich in ihn verliebt. Das ist eine Auszeichnung. Sie ist wählerisch. Muß sie von mir haben. Sicher hat sie ihm Ceud mìle faìlte zugeschnurrt.«
»Was heißt das?«
»Hunderttausend Willkommen. Es ist gälisch. Missy kennt ein paar Brocken. Auch von mir.« Sie kam lächelnd zu ihm und mußte sich aufrecken, um ihm die Hand an die Wange zu legen. »Gute Nacht, Eric«, sagte sie. »Ceud mìle faìlte.« Dann wurde sie brüsk. »Jetzt wird aber gleich geschlafen, ja? Sie sagten selbst, es wird ein harter Tag bei den Fargus' morgen. Soll ich Sie wecken? Wir stehen um sechs auf. Reicht Ihnen das?«
»Das Badezimmer ist gleich da nebenan. Es gehört Ihnen. David und ich haben unten unser Schlafzimmer und das Bad.« Sie wandte sich brüsk um.
»Claire?« Er konnte sie nicht gehen lassen. Nicht so. Eine Vielzahl von Sätzen schoß ihm durch den Kopf, und alle schienen zu sentimental, schwülstig, oder unfertig, oder undiplomatisch. »Danke«, sagte er endlich leise.
»Ceud mìle faìlte«, kam es aus dem Halbdunkel zurück.
    In der Stunde vor dem Morgengrauen stand Excalibur wachsam auf einem Hügel hoch über seinen Stuten und ihren neugeborenen Fohlen und erforschte mit all seinen Sinnen die Umgebung. Die Feuchtigkeit der Nacht hatte sein Fell und Langhaar mit feinen Tropfen benetzt, aber stets floß sein Blut zu hitzig und zu rasch, um auch nur ein Frösteln zuzulassen. Er stand mit den Vorderhufen auf der höchsten Anhöhe des Geländes, und sein mächtiger Körper streckte sich in einer vollständig regungslosen und doch spannungsgeladenen Linie hügelabwärts, als befrage er stumm die Luft und das Land und das Meer um ihn her und lausche aufmerksam auf Antworten, die nur er vernehmen konnte.
    Dann glomm ein seltsames Leuchten in seinen großen Augen auf. Mit ruckartigen Bewegungen schwenkte er den Kopf herum, reckte ihn in den Wind, spähte nach einer bestimmten Bewegung, lauschte mit gestreckten Ohren nach dem Klang, auf den er wartete, witterte mit

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