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Im Schatten des Pferdemondes

Im Schatten des Pferdemondes

Titel: Im Schatten des Pferdemondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evita Wolff
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Lance. Laß es einfach sein.«
    Lances Kopf drückte sich schwer gegen seine Brust. Da öffnete sich die Stalltür einen Spalt, und Claire schlüpfte hinein. Klein und verloren sah sie aus in ihrem weiten Morgenrock, der so lang war, daß er wie die Schleppe einer Königin hinter ihr her durch das Stroh rauschte.
»Eric! Das war ja ein ganz schreckliches Wiehern, so was habe ich mein Lebtag noch nicht gehört – und wie Sie losgestürzt sind! Was ist denn bloß los?«
»Ich denke, Lance hat eine Botschaft von Excalibur bekommen. Und ich denke außerdem, daß Emily Fargus recht hatte, als sie sagte, Excalibur fordere keinen Hengst außerhalb seines Territoriums heraus. Ich denke, Excalibur ist klar geworden, daß es keinen Gegner mehr auf seinem Land gibt; da ist er jetzt zufrieden und schweigt.«
»Prince Charming!« Sie näherte sich Lance, der wieder seinen Hafer mahlte, vorsichtig von der Seite, und die weitblickenden Augen wandten sich ihr zu, erkannten sie nicht; aber ihre Stimme, ihren Geruch erkannte er. Er hob den Kopf, und seine Kiefer hörten nicht auf zu mahlen. Das war ein Kompliment an sie; hätte sie ihn gestört, hätte er sie gefürchtet oder ihr mißtraut, wäre das Futter vergessen und sein seidig schimmernder Körper in einem Feuerwerk von Abwehr und zerstörerischem Zorn aufgegangen.
»Prince Charming, mein schöner Junge, Sonnenstrahl, du sollst doch Eric nicht aus dem Schlaf reißen!« Ihre Stimme nahm einen leicht tadelnden Tonfall an, als sie Lances Nase und seinen Hals streichelte und sein Stirnhaar zwischen seine Augen strich. »Du bist doch ein guter Junge, Prince Charming. Schau, der Rote hat da oben eben das Sagen. Misch dich nicht ein.« Sie drückte ihr Gesicht gegen Lances breite Stirn und legte ihm die Arme um den Hals, wie sonst nur Eric es tun durfte. »Misch dich nicht ein«, wiederholte sie beschwörend.
Lance schnaufte und legte ihr das Maul auf die Schulter.
Sie blickte nach Eric zurück, strahlend. »Ist das wohl ein Versprechen?«
»Im Moment ist alles ruhig, Claire«, sagte er ausweichend, im Bewußtsein, daß Lance nicht gegen seine Instinkte handeln konnte. »Ich denke, wir können jetzt wieder ins Haus gehen.«
Er hielt ihr die Tür auf und wartete, bis auch ihre lange Schleppe durch den Spalt verschwunden war. Als er neben sie trat, sagte sie: »Es ist ohnehin schon Morgen – was halten Sie davon, wenn ich das Frühstück zubereite, während Sie sich frisch machen?«
Beim Frühstück beobachtete Eric durch das Küchenfenster, was man in dieser Gegend unter Wechselhaftigkeit des Wetters versteht. Nach seiner Erfahrung hätte es nach dem prachtvollen Sonnenaufgang ein Tag mit Sonne und blauem Himmel werden sollen. Doch die Sonne zog sich bald hinter graue tiefhängende Wolken zurück, und Wind kam auf. Böen mit einer ganz erstaunlichen Kraft rüttelten am Haus und klangen wie eine Drohung. Ungern verließ er das warme, schützende Haus. David ging an seiner Seite, er wollte ihn zum Anwesen der Fargus' hinauffahren. »Gegen Mittag wird es wieder aufklaren«, sagte er und blickte zum verhangenen Himmel.
»Tatsächlich?«
»Sicher, Junge. Unser Wetter ist ein bißchen abwechslungsreicher als das bei euch unten.«
»Sie setzen diese Fahrt aber unbedingt auf meine Rechnung, David«, sagte Eric, nachdem der Wagen das Tor von Sunrise passiert hatte.
»Was?!« Davids Gesicht zeigte einen erzürnten Ausdruck, als es sich ihm kurz zuwandte, bevor er schaltete und sich auf die abwärts neigende Kurve konzentrierte.
»Bed & Breakfast bedeutet, daß ich in Ihrem Haus schlafen und frühstücken darf. Um alles andere muß ich mich selbst kümmern. Und wenn Sie darüber Hinausgehendes tun, bezahle ich Sie. Das ist selbstverständlich. Schon dieses herrliche Abendessen gestern, und das – na, das andere eben – das ist nicht inbegriffen. Gar nicht.«
David schwieg eine Weile. Dann hielt er auf demselben Hügel, auf dem auch Emily gehalten hatte, und Sunrise lag in seiner Pracht vor ihnen. Aber heute waren das Grün der Wiesen und das Haus verdunkelt vom Schatten der tiefziehenden Wolken, und der Atlantik war eine aufgewühlte, graugrüne Masse. David ließ den Wagen im Leerlauf hinunterrollen und tastete nach seiner Pfeife, entzündete sie, paffte einige dicke Wolken, die gegen das Wagendach stiegen. »Vergessen Sie Zahlen, mein Junge«, sagte er ruhig. »Claire und ich – wir tun eben, was wir wollen.« Eric gab es auf. Dankbarkeit erfüllte ihn. Herzlich verabschiedete er sich von

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