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Im Schatten des Pferdemondes

Im Schatten des Pferdemondes

Titel: Im Schatten des Pferdemondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evita Wolff
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heran war. Der Mann könnte doch jetzt den Arm ausstrecken und ihn streicheln, wie vorhin, auf den Hügeln? Aber er rührte sich nicht.
    Excalibur war sehr unschlüssig. Der Stolz des Wildlings kämpfte mit dem Wunsch nach nie zuvor erfahrener freundlicher Berührung. Das hatte ihm noch besser gefallen als ein warmer Mairegen auf seinem Fell oder Sonnenschein.
    Er tat einen kleinen Schritt vorwärts, verharrte; er atmete schwer, als sei er schnell gelaufen, und Eric mußte sich Gewalt antun, um sein Lächeln zu verbergen. Es hatte etwas Rührendes, wie sich das Pferd an ihn heranschlich und dabei versuchte, ganz unbeteiligt zu tun; eine Veränderung seiner Mimik hätte auch eine Veränderung seiner Körperhaltung zur Folge gehabt, und der Zauber wäre vielleicht gebrochen worden. So aber, da der Mann sich gar nicht rührte, nicht einmal in seine Richtung sah, faßte sich Excalibur schließlich ein Herz und stieß ihn vorsichtig an.
    »Hallo, mein Junge«, sagte Eric, als habe er ihn erst jetzt bemerkt. Er drehte sich zu ihm um und hielt ihm die flachen gespreizten Hände entgegen, die der Hengst beschnoberte. Dann begann er, mit seiner rauhen Zunge das Salz von den Handflächen zu lecken. Eric hielt still, obwohl das Kitzeln bis zu seinen Zehen hinunter rieselte: »Weißt du, daß das im Mittelalter eine beliebte Foltermethode war?« Seine beherrschte Stimme war leise und weich. Excalibur stellte neugierig die Ohren nach vorn, als frage er, was Eric meinte.
    »Sie banden den Missetäter an einen Pfahl, streuten ihm Salz über die Füße, und ließen es von einer Ziege auflecken. Eine Ziege hat eine noch viel rauhere Zunge als ein Pferd, es muß furchtbar für die armen gefesselten Würstchen gewesen sein. Es heißt, viele haben sich regelrecht totgelacht.« Dann erzählte er von der Wassertortur, von der Eisernen Jungfrau – nur um zu reden, und streichelte währenddessen Excaliburs Gesicht, dann seinen Hals, seine Beine, und lehnte sich schließlich gegen seinen Rumpf, die Arme locker auf seinem Hals liegend.
    Er sprach jetzt nicht mehr. Es war nicht nötig. Er lehnte die Wange an den mächtigen Hals; es hätte nur eines Rucks dieses eisenharten Pferdeschädels gebraucht, um seinen Kopf nach hinten zu schlagen und ihm das Genick zu brechen, aber er wußte, das würde nicht geschehen. »Schön hier in der Sonne, nicht?« murmelte er schläfrig.
    Seine Müdigkeit schien in das Pferd einzusinken; Excalibur senkte immer häufiger den Kopf, schläfrig nickend. Seine Beine beugten sich schließlich, und er ließ sich langsam zu Boden sinken. Als er sich auf die Seite legte, nahm er seine Beine in acht, damit sie Eric nicht streiften. Der ließ ihn nicht los, sondern ließ sich niedersinken. Excalibur schloß halb die Augen. Dieses Versprechen, und noch manche andere, hatte er in der Hand des Mannes gewittert; diese Wärme und Freundschaft und Vertrautheit, die Zusicherung von Sicherheit und Entspannung.
    »Ich glaube, du hast dich nie ausruhen können, nicht einmal im Schlaf«, murmelte Eric da und schmiegte sich enger an den Hengst. »Immer auf der Wacht, ob nun da draußen oder hier nahe den Ställen. Mußt dich jetzt aber nicht sorgen. Sie haben gefressen, sie haben Wasser, soviel sie nur wollen, und nette Boxen. Denk nur, auch die Fohlen haben ihren Teil davon – ein Teil dieses herrlichen fetten Hafers wird ja in die Milch der Stuten eingehen.« Lässig strich seine Hand über Excaliburs Hals. Der Hengst erschauerte wohlig. Sein Kopf glitt über das Gras und stupste Eric noch dichter an seine Brust. Dann streckte er ihn lang aus und lag ganz still – dieser gewaltige Hengst mit all seiner zerstörerischen Kraft ruhte entspannt wie ein kleines Füllen flach auf der Erde, und Eric lag zusammengerollt auf seinem Hals und sank sacht ein in die namenlosen Tiefen des Schlafes, eingelullt von den starken, ebenmäßigen Atemzügen des schlummernden Hengstes.
    »Das ist ja nicht zu glauben! Seht euch das an!«
    Grandpa Fargus, dem das lastende Schweigen, das Erics Fortgehen hervorgerufen hatte, schließlich so sehr auf die Nerven gegangen war, daß er seine Serviette auf den Teller geworfen hatte, war aufgesprungen und zum Fenster gehumpelt. Jetzt legte er, um Beherrschung ringend, die Arme hinter den Rücken und neigte sich der Scheibe noch näher zu, als zweifle er an seiner Sehkraft.
    »Emily! Sieh dir das an!«
    Emily hastete an seine Seite. »Oh! O Gott, das ... ich kann es kaum glauben!«
Louise schlich sich näher

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