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Im Schatten des Pferdemondes

Im Schatten des Pferdemondes

Titel: Im Schatten des Pferdemondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evita Wolff
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und spähte aus dem anderen Fenster. Sie sah Eric und den mächtigen roten Hengst in stiller Eintracht auf der Koppel liegen – den unbesiegbaren Hengst besiegt!
Turner tauchte hinter ihr auf, sehr aufrecht, sehr militärisch. »Was sagen Sie nun, junge Dame?«
Louise barg das Gesicht in beiden Händen und begann zu schluchzen wie ein Kind. Emily wollte zu ihr laufen, um sie in die Arme zu schließen, doch die knorrige, noch immer starke Hand Grandpas hielt sie zurück, und auch Turner machte über Louises Schultern hinweg eine abwehrende Bewegung. »Sie sehen doch jetzt wohl, daß er mit Pferden umgehen kann«, sagte Turner, »besser als irgendein anderer. Er ist ein Zauberer mit Pferden, junge Miss.«
Sie fuhr herum zu ihm und starrte ihn aus verquollenen Augen an. »Er ist ein Scharlatan! Es ist immer noch die Auswirkung des Mittels, das er ihm gegeben hat! – Er ist – nicht besser – nicht besser als mein Daddy! Er will ihn verdrängen! Seine Stelle will er einnehmen, das ist es! Dazu bedient er sich dieser Tricks!«
Der Raum wurde nach ihrem Aufschrei wieder so still, als gäbe es die anwesenden Menschen gar nicht. In der Stille hörte man einmal mehr das leise Klicken der großen Wanduhr, die die Zeit gleichgültig maß.
Turner fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen. Er biß sich auf die Zunge und schwieg. Aber es war auch Besorgnis in seinem Schweigen, denn plötzlich sah er in der Erinnerung wieder Emilys Hand auf Erics Arm ruhen, und sein Blick suchte eine Antwort in ihren tiefblauen Augen.
»Louise, du gehst besser auf dein Zimmer«, sagte Emily ruhig. »Du hast uns wirklich unmöglich gemacht vor diesem jungen Mann. Ich wünsche, daß so etwas künftig nicht noch einmal vorkommt, hast du verstanden?«
»Ja, Mutter.« Aber unter den verquollenen Lidern lauerten Widerstand und Aufruhr.
Emily bemerkte es sehr wohl. »Du wirst dich gesittet in seiner Gegenwart aufführen, Louise, ja?«
Louise biß die Zähne zusammen und schwieg.
»Geh auf dein Zimmer! Wann immer Eric im Haus ist, wirst du dein Zimmer nicht verlassen! Wenn er zum Essen bleibt, wirst du deine Mahlzeit auf deinem Zimmer einnehmen! Ich will nicht noch einmal einen solchen Affront erleben wie heute; ist das klar?!«
»Ja, Mama.«
»Gut. Später werden wir sprechen.«
»Ja, Mama.«
    Eric erwachte, als die Sonne ein wenig weiter gewandert war und ihm die Nase kitzelte. In der Tiefe seines Schlafes spürte der Hengst die Veränderung und hob sofort den Kopf, noch ehe Eric sich auch nur gerührt hatte. Eric setzte sich mühsam auf. Es würde einige Tage brauchen, bis er sich wieder so leicht bewegen konnte wie sonst. Er sagte zu den aufmerksamen Ohren des Hengstes: »Du stehst doch jetzt auf? Könntest du mir helfen? Ich hab das Gefühl, als könnte ich mich nicht mehr rühren.«
    Excalibur rollte sich auf die Brust. Er fühlte sich nach dem kurzen Schlaf ausgeruht wie nie zuvor. Eric legte ihm die Arme um den Nacken, und der Hengst spürte in dieser Berührung, daß auch dieses starke Geschöpf Schwäche empfinden konnte; so wie er, wenn er seine Herde durch unbarmherzig kalten Schnee und heulenden Wind an einen sicheren Ort gebracht hatte, und sich widerwillig seine Erschöpfung eingestehen mußte, und doch nicht ruhen konnte. Ebenso ging es jetzt dem Mann. Excalibur stieß ihn sacht an, stemmte die Beine auf, zog ihn mit sich, und stand. Eric lehnte sich gegen ihn. »Danke, mein Junge. Ich hätte eine Ewigkeit gebraucht, um von selbst hochzukommen.« Er strich vom Widerrist zum Kopf über das seidige Fell, und der Hengst ließ die Ohren spielen. Er folgte Eric bis zum Zaun, blieb dicht bei ihm. Als Eric sich durch die Bohlen zwängte und vor Schmerz dabei tief atmete, drängte er Hals und Brust gegen die Balken und schlug aus. Eric streichelte seinen Kopf, der sich heftig über die oberste Planke schob. »Ich kann nicht bei dir bleiben, Junge, so gern ich unsere Siesta fortsetzen würde. Aber es geht nicht.« Er lächelte und zauste Excaliburs dicken Schöpf. »Muß mich um deine Verlobte kümmern, weißt du?«
    Der Hengst stampfte und wieherte, als Eric steifbeinig über den gepflasterten Hof zum Stall ging. Eric blieb am Eingang des dunklen Stalls stehen und drehte sich noch einmal um. Der Hengst warf den Kopf zurück, schnellte in die Luft und vollführte ein paar übermütige Bocksprünge wie ein Fohlen.
    Sein Leben lang hatte er sich mit den Menschen arrangiert. Er war eher widerwillig mit ihnen ausgekommen, doch da war nun dieser, so

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