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Im Schatten des Pferdemondes

Im Schatten des Pferdemondes

Titel: Im Schatten des Pferdemondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evita Wolff
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Blut neues Ansehen, neuen Glanz und Wohlstand zu verschaffen – sie war die Verkörperung von Everetts Traum. Eric war nicht der Mann, den Traum eines anderen gering zu achten. Er wußte, was träumen heißt, wußte, wie es ist, wenn man alles für die Erfüllung eines Traumes herzugeben bereit ist. Er dachte auch an Solitaires Schönheit, an den graziösen dunkelgrauen Leib und das fließende Mondlichthaar, an die feine Form des Kopfes und das dunkle Gold ihrer Augen, und daran, daß sie als Fohlen sanft und lenkbar gewesen war. Emily sagte etwas sehr Unerwartetes in seine Gedanken. »Vater und ich haben miteinander gesprochen. Wir bitten Sie, die Leitung des Gestüts zu übernehmen, sobald es Ihnen besser geht, Eric.«
    Er blinzelte und wischte sich über die Stirn, als helfe ihm das, seine plötzlich ineinanderschießenden Gedanken zu ordnen. Emily fuhr stockend fort: »Diese Bitte hat nichts mit Solitaire zu tun. Es ist – auch wegen Excalibur. Ich könnte ihn nie so handhaben, wie Sie es tun, und Vater gab mir sehr eindringlich zu verstehen, wie viele Vorteile es hat, wenn der Zuchthengst und der Leiter des Gestüts miteinander und nicht gegeneinander arbeiten. Es tun sich ganz neue Möglichkeiten auf – wir haben bis jetzt immer davon Abstand genommen, unsere Hengste als Beschäler auch für fremde Stuten einzusetzen –, keiner konnte ja mit ihnen umgehen. Sie aber – wenn Sie die Aufsicht hätten, wäre das anders. Eine Beschälung würde dann ebenso geordnet vor sich gehen wie das Einbringen der Stuten, und es ist ein einträgliches Geschäft, Eric. Was sagen Sie dazu?«
    Was konnte er dazu sagen? Dieses Angebot, diese »Bitte«, wie sie es nannte, bedeutete das, wonach er sich immer gesehnt hatte – Land und Pferde. Land, über das er verfügen konnte, Pferde, die ihm nicht weggenommen wurden. Er könnte das Gestüt straffer und effizienter organisieren. Die Fohlen konnten von ihm zu Poloponys oder Jagdpferden ausgebildet werden und würden auf den Auktionen gute Preise bringen. Vielleicht ließen sich Rennpferde züchten – Excalibur war edelsten Blutes, von einnehmender Schönheit und sehr schnell, und Solitaire, mit ihrer hervorragenden Abstammung und ihrem bildschönen Wuchs, war wie geschaffen für die Zucht hoffnungsvoller Rennpferde, die hohe Gewinngelder einbringen würden. Ja, all das war möglich, das, und noch vieles mehr.
    Aber wiederum wäre es nicht sein eigen. Die entbehrungsreichen Jahre seiner frühen Jugend hatten einen Hunger in ihm entstehen lassen, den nur eigener Besitz zu stillen vermochte. Selbst wenn er bei den Fargus' genau das tun konnte, wovon er immer geträumt hatte, und wenn er es für den Rest seines Lebens tun würde – niemals würde dieser Hunger dadurch gestillt werden.
    Er wollte kein Arrangement. Er wollte eigenes Land und eigene Pferde. Er wollte nicht verwalten. Er wollte besitzen.
Er lag still, schwieg und starrte an die gegenüberliegende Wand. Dr. Mercury rührte sich. »Mrs. Fargus, Mr. Gustavson ist wohl noch nicht wieder so weit hergestellt –«
»Bitte, lassen Sie mich noch eines sagen. Ich – es fällt mir nicht leicht, aber ich bin schon so weit gegangen; Eric, wenn Sie es noch einmal mit Solitaire versuchten, wenn es Ihnen gelänge, sie einigermaßen fügsam zu machen – dann wird ihr erstes Fohlen Ihnen gehören.«
Eigentlich hätten jetzt die bronzenen Klänge von Big Ben erschallen müssen.
»Das Fohlen ist Mr. Turner versprochen. Er wollte mir sehr viel Geld dafür bezahlen. Aber sie wird weitere Fohlen haben – lenkbare Fohlen, wenn sie selbst wieder lenkbar ist. Sir Simon muß dann eben ein Jahr länger warten.«
Dr. Mercury kam etwas dichter an das Bett. »An Ihrer Stelle, Mr. Gustavson, würde ich mich diesem Pferd niemals mehr nähern. Es hat Sie beinahe umgebracht. Und mir scheint, daß es das wieder versuchen wird.« Eric sah zu ihr auf. Sie las die Zerrissenheit in seinem Blick. Sie ignorierte Emily und lehnte sich gegen die Matratze, die Hände in die Kitteltaschen geschoben. »Ich bin Humanmedizinerin, keine Tierärztin. Aber ich weiß, daß Pferde sehr empfindsame Geschöpfe sind. – Wenn Sie ein weiteres Mal vor dieser Stute stehen, werden Ihre Erinnerungen bei Ihnen sein – Entsetzen, Unglaube, Furcht. Sie wird es spüren. Sie wird Ihnen gegenüber von vornherein einen Vorteil haben, denn Sie werden unsicher sein. Niemand kann seine Erinnerungen ignorieren, Mr. Gustavson. Auch die Stute nicht. Sie wird sich erinnern, daß sie

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