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Im Schatten des Pferdemondes

Im Schatten des Pferdemondes

Titel: Im Schatten des Pferdemondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evita Wolff
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ihn zu. Seine helle Mähne umwogte ihn wie eine Wolke aus Funken, in den dunklen Augen glomm das Licht der Wiedersehensfreude. Er vollführte einen kleinen Tanz für seinen Freund – mit gewölbtem Hals und hochgereckt wehendem Schweif trabte er in kleinem Kreis, alle paar Schritte die Richtung wechselnd. Die Sonne sprühte über sein Fell und ließ die voller gewordenen Rundungen aufleuchten.
    »Eric! Ach, gut daß Sie da sind! Da ist ein Anruf für Sie!« Mrs. MacKinnan winkte ihm vom Küchenfenster aus mit einer buntgewürfelten Schürze.
    »Eric?«
Die Stimme klang belegt.
»Sir Simon?« Förmlichkeit schien der einzige Ausweg, um
    den Kummer aus seiner Stimme herauszuhalten. Turner würde ihm sagen, daß er ihn nicht mehr beschäftigen konnte, wahrscheinlich irgendwelche fadenscheinigen Gründe herbeizitieren – und er würde Lance verlieren.
    »Bin froh, daß ich dich erreicht habe, hab's erst bei den Hickmans versucht, und die sagten, du bist unterwegs. Gaben mir aber die Nummer der MacKinnans.«
    »Verstehe.«
»Na ja, ich bin jetzt in einem Gasthof, sehr nett hier.« Schweigen. Er konnte förmlich spüren, wie Turner sich die
    Worte zurechtlegte.
»Na, also, weswegen ich anrufe ...« In seiner Vorstellung
sah Eric Lance, wie er in einer Staubwolke davongaloppierte.
Wer würde ihn betreuen, wenn er es nicht mehr tat? Wer
würde die letzten Reste der schwarzen Schatten beseitigen? –
Wohl niemand. Lance würde eines dieser Pferde werden, die
für tückisch gehalten werden und als schwer reitbar gelten.
Es würde die Gerte und Sporen für ihn geben, Roheit, Gewalt
– neue schwarze Schatten, die seine Seele zerstörten. Lance würde zerbrechen. Er würde verkümmern, oder so gewalttätig werden, daß der Schuß des Abdeckers eine Erleichterung für
seine Umwelt und eine Gnade für ihn selbst war.
»Es tut mir entsetzlich leid.«
Eric hielt den Atem an.
»Es tut mir leid, alles. Ich war ... na, ich wußte wohl nicht
mehr so recht, was ich sagte. Entschuldige mich auch für die
... Verurteilung, oder wie man's nennen will. Es ist dein Bier,
wenn du mit Emily –«
»Hab ich nicht.«
»Nicht?«
»Sie ist mir zu schlüpfrig.«
»Schlüpfrig – gutes Wort für sie. Ich muß wohl wirklich
gedacht haben, du wärst mit ihr ins Bett gegangen, um mir
das Fohlen abspenstig zu machen.«
»Nein. Sie bot mir das Fohlen an, als ich im Krankenhaus
war. Sie wußte, daß sie mir wirklich etwas bieten mußte, um
mich dazu zu bringen, es mit einem offenkundigen
Menschenfresser noch mal zu versuchen.«
Schweigen, tief und nachdenklich, dann: »Ich war zuerst
da.«
»Ja. Ich weiß das.«
»Hmmmm – ich bot ihr Geld; ziemlich viel für ein bißchen
Fell und ein paar Hufe.«
»Sie hat so was gesagt.«
»Du hast allerdings die Stute wieder in Ordnung gebracht.« »Nur halbwegs.«
Ȁhm... jedenfalls ist sie besser dran als vorher ... Was ich
sagen will – Gott, ist das alles kompliziert! –, ja, also was
das Fohlen betrifft: der Bessere gewinnt. Das Fohlen gehört
dir. Und, ja ... ich hoffe, du denkst nicht daran, mich zu
verlassen. Die Pferde brauchen dich. Und darum brauche auch
ich dich. Wo sollte ich einen wie dich noch einmal
ausgraben? Zauberer wachsen nicht auf der Heide! Und
außerdem hab ich dich verflucht gern.« Turner mußte etwas
getrunken haben, sonst wäre er nicht so überschwenglich
gewesen.
»Schon recht, Sir Simon.« Eric rang um Beherrschung. Seine Beklommenheit war wie weggewischt, und seine
Stimme klang ruhig wie immer. »Genießen Sie Ihr Weekend.« »Das werd ich, mein Junge, die Angelrute steht schon
bereit. Aber ...«
»Ja, aber?«
»Es wär nicht dasselbe, wenn ich dich verloren hätte.« Es
gab ein kleines Räuspern, und ein beinah noch leiseres
»Bye«.
Eric hängte den Hörer auf und gestattete sich für einen
Moment Ruhe, als er sich an die Wand lehnte. Das Hemd
klebte ihm am Rücken, und ein leises Zittern war in seinen
Muskeln.
»Mr. Gustavson?« Er blickte hinunter und sah Mary Mac
Kinnan vor ihm stehen. Sie war errötet und zerknüllte ihre
Schürze. Eric kam wieder auf den Boden der Realität zurück.
»Was kann ich für Sie tun, Mrs. MacKinnan?«
»Oh, es ist Danny. Er ist draußen. Er braucht Hilfe. Er ist
weit gefahren, da dachte ich, ich sollte ihn wenigstens zu
Ihnen lassen, daß Sie mit ihm sprechen können.«
»Danny?«
»Danny Maclntyre«, sagte sie, als sollte der Name eine
Bedeutung für ihn haben.
»Mr. Maclntyre?«
»Oh, hallo, freut mich, Sie kennenzulernen.« Daniel
Maclntyre

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