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Im Schatten des Pferdemondes

Im Schatten des Pferdemondes

Titel: Im Schatten des Pferdemondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evita Wolff
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brauchen!«
    »Ich hab da so ein Gefühl, daß es nicht ganz so einfach war.« Er rief Edward, den er gebeten hatte, vor dem Stall zu warten, herein. Und sobald Solitaire seiner ansichtig wurde, sprang sie in die äußerste Ecke ihrer weiträumigen Box, und dann gab es wieder das verzweifelte Graben an den weißgetünchten Wänden, wieder die hohen spitzen Schreie, die um Entlassung aus einem zum Gefängnis gewordenen Gebäude flehten.
    »Gehen wir. Ich denke, sie wird sich jetzt schneller beruhigen als früher.«
Als die kleine Gruppe den Stall verlassen hatte, kehrte er um, öffnete ohne Zögern oder Vorsicht Solitaires Box und blieb still stehen, den Rücken an die Wand gelehnt. »Prinzessin – kleines Mädchen – liebes kleines Mädchen –«
Sie ging nicht auf ihn los. Für einige Minuten noch schlug sie gegen die Wände, aber dann begann sie, auf ihn zu hören. Er trat zu ihr, und sie ließ sich berühren, ja, sie beschnupperte ihn wiederum äußerst interessiert, sie sog ihn ebenso in sich ein, wie Excalibur es getan hatte, und ließ darauf zu, daß er ihren zarten Kopf einfing und gegen seine Brust zog. Er sah, daß sie die Augen schloß, und es war, als vergieße sie unsichtbare heiße Tränen voll Schmerz und Demütigung, wie ein Mensch sie vergießt, und seine Kehle wurde eng. »Du bist nicht wahnsinnig«, flüsterte er hitzig. »Im Wasser, in der Kälte da draußen, als du in Todesangst warst, da hast du den Unterschied begriffen ... den Unterschied zwischen dem oder denen, die dich so verstört haben, und denen, die nur dein Bestes wollen und dir kein Leid zufügen werden – armes kleines Mädchen. Wenn ich nur herausfinden kann, wer oder was dich so verstört hat, werde ich dir helfen. – Edward kann es doch nicht sein. Du kennst ihn, seit du auf dieses Gestüt kamst. Er ist ein anständiger Bursche, und er hatte dich gern, bevor du so wurdest, wie du heute morgen noch warst.«
Sie schnaufte leise und ließ den Kopf schwerer gegen ihn sinken.
    »Ich fühle mich wie ein Wurm.« Edward blickte sie kläglich der Reihe nach an. »Von allen läßt sie sich jetzt anfassen, aber sobald ich in ihre Nähe komme, springt sie in die Luft. Und ich hab ihr doch bestimmt nie was getan! Ich bin sogar zu ihr gegangen, als sie so wild war, und hab' sie aus ihrer Box gelassen, damit sie sich nicht verletzen kann, und dafür hat sie mich beinahe umgebracht!«
    »Wir wissen das, Edward. Aber es muß etwas an Ihnen sein, das ihre Erinnerung an ihre schwärzeste Zeit weckt. Es sind nicht Sie. Etwas muß sie erinnern, was immer es ist. Und solange dieses >Etwas< nicht ausfindig gemacht werden kann, wird die Stute nie vollständig zurechnungsfähig sein. Es wird immer diesen unbekannten Faktor geben, der vielleicht gerade dann zum Tragen kommt, wenn ihre Fügsamkeit wirklich wichtig ist.«
    »Was schlagen Sie also vor, Eric?« fragte Emily bange. »Ich sagte Ihnen ja schon, wenn ich die Ursache für ihre primäre Störung finden kann, werde ich auch einen Weg finden, ihr zu helfen. Wir sind jetzt nur den halben Weg heraufgekommen. Sie traut uns, aber nicht Edward. Jeder hier weiß, daß Edward ihr nie Schaden zugefügt hat, aber es muß einen gemeinsamen Nenner geben – irgend etwas hat er gemein mit dem oder denen, die sie so verängstigt haben.«
»Schön und gut«, meinte Turner. »Du hast ja so deine Methoden mit Pferden. Was wirst du tun?«
»Ich werde sie beobachten, Sir Simon. Nur so besteht die Möglichkeit, die Lösung zu finden.«
Turners Gesicht wurde grau. Eric wußte, woran er dachte. »Mit Lance kann ich hier weiterarbeiten«, sagte er eilig. »Und die anderen sind nicht so arbeitsintensiv wie er. Auch wenn sie jetzt schon wieder ein wenig verwildert sind, sollte ich sie in drei Wochen, höchstens einem Monat so weit haben, daß sie auf der Herbstauktion glänzen, wenn ich jeden Tag hart mit ihnen arbeite.«
»Was macht es schon, wenn sie noch eine kleine Macke hat? Sie läßt sich von den meisten anfassen.«
Eric wollte schon sagen, es ginge ums Prinzip, weil es ihm widerstrebte, vor anderen seine wahren Gründe zu nennen: wie grausam es ihm erschien, einem Tier, dem er helfen konnte, diese Hilfe zu versagen, und wie sehr er darauf brannte, den oder die ausfindig zu machen, die dem arglosen Wesen dies angetan hatten – denn er zweifelte nicht mehr, daß sie durch Menschenhand verdorben worden war. Die Furcht vor einer menschlichen Stimme sagte genug; doch da sagte Emily leise: »Eric hat in Solitaires Fall

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