Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Schatten des Ringes

Im Schatten des Ringes

Titel: Im Schatten des Ringes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Felice
Vom Netzwerk:
die bisher nicht zu kaufen gewesen waren und für die es keinerlei Berechnungsgrundlagen gab. Im Laufe der Jahre hatte er beträchtlichen Wohlstand angehäuft, was für mich und die Kinder natürlich von Vorteil war. Da mittlerweile befestigte Dämme die zum Teil unwegsamen Pfade durch das Hinterland ersetzten, kamen nur noch wenige Leute, um meine Landkarten zu kaufen. Manchmal arbeitete ich für einen Gefährten aus Akadem, einen Architekten zum Beispiel, der die Dämme entwarf und baute, doch weitaus öfter war ich in Bereichen tätig, die außerhalb meiner wahren Begabung lagen, und verdiente mit dem ein oder anderen Geschäft ein paar Münzen hinzu. Das heißt, ich tat dies, bis Chel ernsthaft über die Expedition zu sprechen begann. Ich ließ mich auf keinen Fall beiseite drängen. Nicht nur wären nach Jahren wieder mal die Dienste einer guten Kartographin und Pfadfinderin vonnöten, sondern vielleicht lag das Gottesfeuer hinter dem Immernachtgebirge, und wenn das der Fall war, dann wollte ich es um jeden Preis mit eigenen Augen sehen.
    „Was hast du vor, Heao?“ fragte Baltsar, als er mit dem Regencape über dem Arm aus dem Schmutzraum kam.
    „Ich bleibe noch eine Weile bei den Kindern; dann muß ich in die Stadt. Wir brauchen Salz, und ich möchte mit Rellar über das Konklave heute abend reden.“
    Er nickte und war beruhigt, daß ich nicht die ganze Zwienacht trübsinnig im Haus hocken würde; das hatte ich schon seit zehn Nächten nicht mehr getan. Seit dem Beginn der Ächtung jedoch hatte er sich rührend um mich gekümmert, hatte mich regelmäßig gefragt, wie ich meine Zeit verbrachte und ob ich etwas brauchte. Er lächelte mir zum Abschied zu und verschwand. Ich wandte mich wieder zu Sashiem und Drigal um, die sich mittlerweile um das Herz der Echse stritten.
    „Nehmt doch ein Messer und teilt es euch“, schlug ich vor und lauschte dann ihren Argumenten, dies nicht zu tun. Auch wenn sie glaubten, sie brauchten keinen elterlichen Rat mehr, ich wußte es besser. Es war ein gutes Gefühl, gebraucht zu werden, und es fiel mir leicht, alles zu vergessen, wenn ich mit den Kindern zusammen war.
     
13
     
    Salz stellten wir her, indem wir Salzwasser in flachen Pfannen über unseren Herdfeuern verdunsteten. Bis vor kurzem wurde Salz in großen Blöcken aus einem Dorf auf dem Land importiert, wo Tunnelbauer es tief unter der Oberfläche abbauten. Die Kosten für das importierte Salz waren ebenso hoch wie die Kosten für das Brennmaterial, das wir brauchten, um es selbst herzustellen; dafür war es aber viel besser zu verwenden und vor allem weitaus gesünder. Viele von uns pumpen trockene Höhlenluft in ihre Behausungen, wo wir uns bemühen, die Verdunstungsfeuchtigkeit so gering wie möglich zu halten, um die gesundheitsfördernde Wirkung der trockenen Luft nicht einzuschränken. Behausungen ohne den Segen der Höhlenluft riechen nach Meltau und Moder, und ihre Bewohner niesen und husten, und manchmal fangen sogar ihre Lungen zu faulen an.
    Es war jedoch unmöglich, Salz oder andere Waren zu erstehen, solange man geächtet und von jeglichem öffentlichen Leben ausgeschlossen war. Als ich mich dem Marktstand näherte, starrte der Salzhändler durch mich hindurch, um einen anderen Kunden zu bedienen, der sich hinter mir befand. Dann schaute er an meinem linken Ohr vorbei zu einem anderen Kunden. Als schließlich niemand mehr da war außer mir, senkte er den Blick und starrte in den Schlamm zwischen meinen Füßen und wandte sich ab. Ich sah seinen Hinterkopf und seinen Rücken, als er sich mit etwas beschäftigte. Meine Stimme schien er ebenfalls nicht wahrzunehmen. Er stellte sich taub. Ich nehme an, ich hatte es meinem Ansehen zu verdanken, daß er mir genug vertraute, um mir den Rücken zuzuwenden, jedoch war es ernüchternd zu begreifen, daß man jemand aus unserem Haushalt herschicken mußte, um Salz zu kaufen. Lächerlich!
    Mit leeren Händen verließ ich den mit Schilfmatten und Planen überdachten Marktplatz und zog mir instinktiv die Regenkapuze über den Kopf, als ich den alten Bezirk der Stadt betrat. Aus Holz und Lehm errichtete Bauten drängten sich dort, und die einfachsten Leute aus dem Tafelland hausten darin. Trotz ihrer an Armut grenzenden Mittellosigkeit fühlten sie sich wohl und waren mit ihrem Schicksal zufrieden. Die Alten erinnerten sich noch an Zwienächte voller Hunger, Seuchen und Pest, und selbst Überfälle der wilden Bergstämme hafteten noch in ihren Gedächtnissen. Nun

Weitere Kostenlose Bücher