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Im Schatten des Ringes

Im Schatten des Ringes

Titel: Im Schatten des Ringes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Felice
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geschehen ist.“
    „Ich bin es aber nicht“, erwiderte er langsam, „und werde es nie begreifen.“
    Ich seufzte und schloß die Augen und wandte mich ab. Ich wußte, daß er mein Zelt nicht verlassen würde, und ich hatte auch nicht das Herz, ihn hinauszuekeln. Ich verhielt mich völlig still, als er seine Schlafhülle ausrollte und es sich neben mir bequem machte. Seine Nähe war beruhigend und angenehm. Sollte er wirklich eine Rolle in einem verwickelten Plan der Götter spielen, so wäre es für diese am einfachsten gewesen zuzulassen, daß er sich mit mir entzweite und ich ihn verließ, sobald er seine Rolle zu Ende gespielt hatte. So jedoch, da die lange Expedition noch vor mir lag, würde ich mich ständig durch Baltsars Gegenwart behelligt und irgendwie gestört fühlen. Baltsar verfügte über einen starken Willen, und er wollte, daß ich mir über unsere Beziehungen Gedanken machte und vielleicht sogar unter unseren Unstimmigkeiten litt. Mit dieser Taktik hatte er Erfolg gehabt, und dies war kein Werk der Götter. Ich lächelte, fühlte mich nun wieder mit mir selbst etwas mehr im Einklang, seit ich mich damals im Tempel so schrecklich dumm verhalten hatte.

24

    Als wir wieder aufbruchsbereit waren, war ich nicht in der Lage, meine Last aufzunehmen, daher nahm Teon mir den Packen ab und lud ihn sich selbst auf. Als wir schließlich das gefährliche Terrain in den Immernachtbergen betraten, wo alles so schwarz wie ein Schacht war, konnten allein menschliche Augen etwas erkennen und einen gangbaren Weg finden. Einige von Chels Kriegern gingen mit mir an der Spitze, doch die meisten bildeten die Nachhut und achteten darauf, daß keiner von unseren Sklaven in der Finsternis vom Weg abkam und verlorenging.
    Der Wind war echt, was wir als Segen empfanden, als wir den Gletscher nicht mehr sehen konnten. Vulkangestein ist nicht in der gleichen Weise geschichtet wie das Gestein unserer Berge an der Küste, daher bot mir die Landschaft keinerlei Hinweise auf unsere Gehrichtung. Ich mußte mich auf den Wind und auf den hinteren Teil meines Gehirns verlassen. Dieses führte fortwährend Berechnungen durch, welche die Neigung des Geländes und die Stärke des Aufwindes und andere in eine bestimmte Richtung weisende Erscheinungen berücksichtigten. Die anderen schienen zu spüren, wie sehr ich mich konzentrieren mußte, und ließen mich in Ruhe. Das traf sogar auf Baltsar zu, der zwar mein Zelt mit mir teilte, sich jedoch völlig zurückhielt und keinen Ton sagte.
    Nach endlosen Pausen in völliger Finsternis erwachten wir schließlich und erkannten am Himmel den schwachen Schimmer eines heraufziehenden Ätherbrennens. Es war nicht zu früh, daß wir endlich wieder einmal eine Zwienacht erlebten. Diesmal war unser Proviant beängstigend zusammengeschrumpft. Wir verlegten das Lager und jagten einige Zwienächte lang, ehe wir unseren Marsch fortsetzten.
    Tarana war sichtlich erleichtert, das Immernachtgebirge hinter sich gebracht zu haben, wenigstens dieses Mal, ohne sich verirrt zu haben und ziellos herumgelaufen zu sein, wie sie es in ihrem Traum gesehen hatte. Sie redete jedoch nicht über ihre Ängste. Und ich war enttäuscht, weil niemand sich lobend darüber äußerte, daß Akadem mit seiner Vermutung, daß die Finsternis irgendwann aufhörte, tatsächlich recht behalten hatte; und sie verliehen auch nicht ihrer Erleichterung Ausdruck, daß uns weder Dämonen noch Monster bedroht, geschweige denn aufgefressen hatten. Aber sie erwarteten zuviel; obwohl wir die Immernachtberge ohne Verluste überwunden hatten, war der Himmel immer noch von Regenwolken bedeckt. Alle warteten ungeduldig darauf, zum erstenmal die Himmelsbrücke sehen zu können.
    Schließlich:
    „Wie lange noch?“ fragte Chel und blickte hinauf zu den sich auftürmenden Wolken. Regen perlte von seiner gewachsten Kapuze, und der nasse Pelz seines Gesichts wurde von einem grellen Blitz aus dem Halbdämmer gerissen.
    Wir waren schon seit einigen Zwienächten in diesem tobenden Gewittersturm unterwegs, und das Immernachtgebirge lag bereits weit hinter uns. Ich bemühte mich, die triefende Nässe und das daraus resultierende platschende Geräusch, das jeder Schritt verursachte, zu ignorieren und meinte: „Geduld, Chel.“
    „Das hast du schon beim letzten Mal gesagt, als ich dich fragte.“
    Ich zuckte die Achseln, und Chel verschluckte ein Schimpfwort, verzog unwillig das Gesicht. Er ließ sich zurückfallen, um Tarana Gesellschaft zu leisten, und

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