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Im Schatten des Ringes

Im Schatten des Ringes

Titel: Im Schatten des Ringes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Felice
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dich.“
    „Warum? Ich kenne den Weg.“
    „Aber nicht den neuen Weg“, sagte ich. „Vielleicht finden wir eine Abkürzung, und du wärest dann der erste und einzige, der sie genau kennt.“
    „Ich und wer immer die andere Kopie der Karte besitzt.“ Aber ich erkannte, daß sein Interesse geweckt war, denn eine kürzere Route müßte für ihn von ganz besonderem Nutzen sein, wenn andere Kaufleute auftauchten und ihm Konkurrenz machten.
    Wir marschierten los und folgten Teon, der von Zeit zu Zeit in Richtung der fernen Berge schaute. Es wurde allmählich Zeit für ein Zwienachtschläfchen, doch der Kaufmann schien keine Pause machen zu wollen. Ich wünschte, ich hätte den anderen Schlafrhythmus erst nach dieser Reise vorgeschlagen; ich war müde, und obwohl wir die Marschrichtung geändert hatten, gab es immer noch viele eiskalte Wasserläufe, die wir durchqueren mußten. Mein Pelz fühlte sich unter den Banda gen feucht und klebrig an. Mit fortschreitender Zwienacht erwärmte sich die Luft. Ich schlug meine Kapuze zurück und öffnete mein Cape, um kühle Luft eindringen zu lassen, doch dann begann es zu reg nen, und ich mußte es wieder schließen. Der Wolkenbruch entwickelte sich zu einem heftigen Unwetter; das Geräusch des auf die Hügel herabrauschenden Regens wurde oft vom rollenden Donner überdeckt.
    „Baltsar“, rief ich, rannte hinter ihm her und zupfte an seinem Cape, um mich bei ihm bemerkbar zu machen.
    „Geht es dir gut?“
    „Ja, ich bin nur völlig durchnäßt.“
    „Zivilisierte Leute sitzen bei einem solchen Wetter in gemütlichen Behausungen … was wahrscheinlich der Grund dafür ist, daß die Leute die Kaufleute für Barbaren halten.“ Er legte einen Arm um meine Schultern und drückte mich an sich, um mir Mut zu machen. „Selbst wenn über uns statt der Regenwolken nur noch die Himmelsbrücke wäre, ist das Tragen einer schweren Last die härteste Arbeit, die ich mir vorstellen kann.“
    „Deine Last ist nicht so schwer“, wandte ich ein.
    „Ich gestatte mir eben ein wenig Luxus. Irgendwann einmal werde ich mehr davon haben, viel mehr.“ Er drückte mich wieder. Sein Arm war schwer, aber zugleich so angenehm stark und sicher, daß ich ihn nicht abschüttelte. „Dies alles muß dir sehr schwerfallen, Heao.“
    „Mir geht es gut“, log ich.
    „Ich hätte dich niemals mitgenommen, wärest du nicht so mutig und stark … und jung genug, so daß ich weitermarschierte, selbst als du todmüde warst.“ Seine Augen zwinkerten im Schatten seiner Kapuze.
    „Ich hab’ nicht viel davon bemerkt, daß du sonderlich gelitten hast.“
    „Dein Stolz hat es mir erspart, härtere Maßnahmen zu ergreifen. Du gibst so lange nicht auf, wie ich noch laufen kann.“
    „Bist du müde?“
    „Ja“, gestand er, und er beschleunigte seine Schritte, um zu beweisen, daß er noch nicht einmal auf sich selbst Rücksicht nahm. Ich legte meinen Arm um seine Schultern. Wenn ich seinen Arm tragen mußte, dann sollte er dafür meinen tragen, und wenn wir hinfielen, dann wenigstens gemeinsam. Ich konzentrierte meine Blicke auf Teons Fersen, die gleichmäßig und leicht ausschritten. Ihm war von Erschöpfung nichts anzumerken, und das trotz seiner schweren Traglast.

4

    Noch vor Anbruch der Nacht meldete Teon, daß er das Meer sehen könne. Als wir unser Lager aufschlugen, konnten Baltsar und ich das ferne Donnern der Brecher hören, die an den Strand rollten.
    Die Sklaven fachten ein Kochfeuer im Windschatten einiger größerer Felsbrocken an, doch ehe sie den ersten Kochtopf darüber gehängt hatten, lagen Baltsar und ich zusammengerollt unter unseren Decken und waren fest eingeschlafen. Zwei Zeitstücke später erwachten wir, vom Regen aufgeweicht und völlig steif. Die Sklaven schliefen unter einem Regendach, was als Schutz ebenso dürftig war wie die Felsen selbst, denn der Wind war so stark, daß er den Regen horizontal vor sich hertrieb. Die Lasten lagen geschützt, denn diese hatte man ganz dicht an die Rückwand der Felsnische geschoben.
    „Gib mir deinen Mantel“, sagte Baltsar. Ich gehorchte. Er stieg über die Sklaven und hängte ihn mit seinem eigenen in der Nähe des Feuers auf. Er bedeutete mir, zu ihm zu kommen, und dann, als wir am Feuer standen, half er mir, meinen nassen Pelz zu trocknen und aufzulockern. Glücklicherweise befand sich in meinem Gepäck noch trockene Kleidung, so daß ich auch mein Unterzeug zum Trocknen aufhängte. Baltsar zog sich ebenfalls um und wählte einen

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