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Im Schatten des Teebaums - Roman

Titel: Im Schatten des Teebaums - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran Sylvia Strasser Veronika Duenninger
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nie vergessen! Ich kam gerade von Jock, als das Pferd mit Tilly im Sattel an mir vorbeiraste, und Tilly brüllte wie am Spieß. Ich sehe sie heute noch vor mir. Später erzählte sie mir, Nell hätte den ganzen Weg bis nach Hause im gestreckten Galopp zurückgelegt, und sie selbst hätte den ganzen Weg in den höchsten Tönen gekreischt. Sie wären sogar schneller gewesen als der Zug! Wenn Nell jetzt den Zug pfeifen hört, bringt sie das Geräusch mit den Bienen in Verbindung und geht durch.«
    Eliza war überrascht. »Mir hat Tilly gesagt, Nell sei ein sanftes, gutmütiges Pferd.«
    »Solange sie daheim auf der Koppel steht, wahrscheinlich schon«, erwiderte Kitty. »Ich jedenfalls möchte nicht im Sattel sitzen, wenn der Zug vorbeirollt und die Lokomotive pfeift. Dann hat Nell den Weg nach Hause schneller zurückgelegt als ein Rennpferd beim Melbourne-Cup.«
    »W ie oft fährt der Zug denn?«, fragte Eliza beunruhigt.
    »Der planmäßige Zug kommt morgens gegen neun und abends gegen sechs hier durch. Gelegentlich fährt auch ein außerplanmäßiger – wenn es viel Fracht gibt zum Beispiel.«
    Eliza nickte. »Ich werde daran denken. Glauben Sie, ich könnte jetzt gleich mit Ihrem Bruder sprechen?«
    »V ersuchen Sie es einfach. Ich kann Sie leider nicht begleiten, weil ich die Zwillinge nach Hause und ins Bett bringen muss.«
    »Das macht doch nichts, ich finde den Weg schon.«
    »Nehmen Sie ’ s nicht persönlich, wenn Jock ein bisschen brummig ist. Er patrouilliert fast jede Nacht mit der Waffe in der Hand draußen durch die Pferche und kommt kaum noch zum Schlafen. Trotzdem verliert er immer wieder Schafe. Hoffentlich erlegen sie diese Bestie bald.« Die Kinder wurden immer unruhiger. Als Toby nach seiner Schwester zu treten begann, schimpfte Kitty: »Hör sofort auf damit, oder es setzt was!« Mit hochrotem Gesicht blickte sie zu Eliza auf. »Ich mach mich lieber auf den Weg. Wenn der Junge aufgekratzt ist, schläft er mir nachher nicht. Also dann, auf Wiedersehen.«
    »Auf Wiedersehen«, rief Eliza ihr zu und ritt in Richtung Milligans Farm. »Hat mich gefreut, Sie kennen zu lernen.«
    »Schauen Sie doch mal auf eine Tasse Tee bei mir rein, wenn Sie wieder in der Nähe sind«, meinte Kitty, ihre Zwillinge hinter sich her zerrend.
    Eliza winkte ihr zu. »Danke, das werde ich!«
     
    Jock Milligan trat aus dem Haus, noch ehe Eliza abgestiegen war. Da die von Bäumen gesäumte Zufahrt ein ganzes Stück vor dem Haus endete, hatte er die Reiterin kommen sehen. »Guten Tag«, grüßte er. Eliza betrachtete den Mann, der an einen Holzpfosten gelehnt auf der Veranda stand. Sein Bart hatte die gleiche Farbe wie die Haare seiner Schwester. Sein Hut war zerbeult, über dem karierten Hemd trug er eine Latzhose. Obwohl seine blauen Augen sie mit wachem, prüfendem Blick musterten, fand sie, dass er müde und erschöpft aussah, und sie fragte sich, ob sie ihren Besuch nicht lieber hätte verschieben sollen.
    »Guten Tag, Mr. Milligan«, erwiderte sie seinen Gruß. »Ich habe gerade mit Ihrer Schwester gesprochen. Kitty meinte, Sie seien zu Hause und ich solle Sie ruhig aufsuchen.«
    »So, meinte sie das?«, entgegnete Jock langsam. »Sie ist gerade gegangen. Ihre beiden Kleinen sind ganz schön anstrengend. Ich bin jedes Mal froh, wenn sie gehen.«
    Eliza stieg ab. »Sie hat gemeint, die Kinder wären müde und deshalb so quengelig.«
    »Müde? Die sind immer so! Ich kenne sie gar nicht anders. Und was führt Sie hierher, wenn ich fragen darf?«
    »Ich …«, begann Eliza und verstummte, als ihr einfiel, wie sie von Mannie Boyd empfangen worden war. »Ich habe gehört, dass Sie vor kurzem den Tiger beobachtet haben. Ich hatte gehofft, Sie könnten mir mehr darüber erzählen.«
    Jocks Augen wurden schmal, und er fragte misstrauisch: »Hat dieser Kerl von der South Eastern Times Sie hergeschickt?«
    »Du meine Güte, nein! Er ist kein besonders angenehmer Zeitgenosse, nicht?«
    »Da haben Sie allerdings recht. Ich kann den Burschen nicht ausstehen. Zu großspurig für meinen Geschmack.«
    »Ganz meine Meinung«, pflichtete Eliza ihm erleichtert bei. »Nein, ich komme von der Border Watch .«
    Jock blickte sie überrascht an. »Das ist die Zeitung, die in Mount Gambier erscheint, nicht wahr?«
    »Ganz recht.« Eliza hielt den Atem an, während sie auf seine Reaktion wartete.
    Eine Sekunde lang wusste Jock nicht, was er sagen sollte; dann fragte er: »Sind Sie Reporterin?«
    »So ist es.« Eliza versuchte ein Lächeln

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