Im Schatten des Teebaums - Roman
und sie haben den Preisrichtern auf die Hände gesch… nun, sie haben sich erleichtert.«
Die anderen lachten.
»W as haben die armen Hennen gelitten!«, sagte Tilly. »Es war erbärmlich. Clara musste sie in Wasser setzen, um ihre Hinterteile abzukühlen.«
»Das ist ja widerlich«, sagte Katie.
»W arum wurde diese Millie Anderson denn verdächtigt?«, fragte Eliza interessiert.
George hatte genau dieselbe Frage stellen wollen. Es freute ihn, dass seine junge Reporterin eine gute Nase dafür bewies, die richtigen Fragen zu stellen, um zum Kern der Sache vorzudringen.
»Millie kann ein Chili-Pickle machen, das dir ein Loch in den Gaumen brennt. Niemand sonst in der Stadt oder draußen auf den Farmen baut Chili an, also war sie die naheliegende Verdächtige.«
»W arum ist Millie nicht dafür bestraft worden, dass sie das Geflügel der Konkurrenz außer Gefecht gesetzt hat?«, fragte Eliza.
»Es konnte nicht bewiesen werden. Clara fand im Hühnerdreck zwar etwas, was nach Chilisamen aussah, aber niemand konnte nachweisen, woher sie stammten.«
»Haben Millies Hennen denn eine Auszeichnung bekommen?«, wollte George wissen.
Tilly kicherte. »Nein, sie sind Millie ausgebüchst und wahrscheinlich in verschiedenen Kochtöpfen gelandet.«
Als sie in die Stadt kamen, war vor dem Hotel die Hölle los. Eine Menschenmenge hatte sich versammelt; alle schrien durcheinander. Brodie hielt den Wagen an, und sie stiegen ab. Als sie sich der Menge näherten, hörten sie wüste Beschimpfungen und Anschuldigungen. Offenbar hatten Jock Milligan und zwei andere Farmer wieder Schafe als vermisst gemeldet – dieses Mal waren es besonders viele.
Kaum hatten die Farmer Brodie erblickt, rannten sie wütend auf ihn zu.
»W o haben Sie gestern Nacht gesteckt, als unsere Schafe verschwunden sind?«, rief einer, und ein anderer schimpfte: »W ofür bezahlen wir Sie eigentlich?«
Brodie konnte nicht glauben, dass der Tiger so viele Schafe getötet haben sollte, während die Stadt voller Menschen war. »Hat jemand den Tiger auf seinem Grundstück gesehen?«, fragte er.
»Nein, aber die Bestie hatte in dieser Nacht mit Sicherheit viel zu tun!«, schnaubte Jock Milligan wütend.
»Sind Sie sicher, dass Ihre Schafe von dem Tiger gerissen wurden?«, fragte Brodie. »Ein Tiger könnte so viel Fleisch in einer Nacht gar nicht fressen.«
»Ich glaube, er findet Geschmack an Blut und tötet jetzt nur zum Spaß«, behauptete Jock.
»Haben Sie denn irgendwelche Überreste gefunden?«, fragte Brodie.
»Ich habe ein paar Schaffelle gefunden«, antwortete Jock. »Es muss sofort etwas geschehen! Wenn der Tiger in diesem Tempo weitermordet, sind wir alle bald pleite.« Im Stillen verfluchte er Mannie Boyd. Ohne Mannie hätte er noch immer seine Grube – und zweifellos inzwischen einen Tiger darin.
Brodie wandte sich an Ryan Corcoran. »Ist gestern Abend jemand in den Pub gekommen, der den Tiger gesehen hat?«
»Ja, mehrere Leute. Aber Constable Wessex hat bereits alle vernommen, die etwas gemeldet haben. Und da sie betrunken waren, hat er ihren Behauptungen nicht allzu viel Glauben geschenkt.«
Constable Wessex, der örtliche Polizeibeamte, kam herbei und zückte sein Notizbuch. Er war in Mount Gambier stationiert, für die Dauer der Landwirtschaftsausstellung jedoch nach Tantanoola abkommandiert. Im Allgemeinen gab es nur hier und da einen Betrunkenen, um den er sich kümmern musste; deshalb schien er froh über die Abwechslung zu sein.
»Es könnte ein Schafdieb sein, der frei herumläuft«, behauptete Marty Shears.
»W ir dürfen keine voreiligen Schlüsse ziehen«, meinte Constable Wessex. »Ich werde der Sache nachgehen müssen.«
Die Farmer schüttelten verärgert den Kopf. In diesem Augenblick fuhr Noah, der Aborigine, mit seinem Karren vorbei. Eliza wollte ihn gerade grüßen, als einer der Farmer ihm hämisch zurief:
»Hattest gestern wohl Lamm zum Abendessen, was, Rigby?«
Noah blickte verwirrt zu den Männern hinüber; dann senkte er den Kopf und fuhr rasch weiter. Das höhnische Gelächter der Männer folgte ihm.
Eliza traute ihren Ohren nicht. Sie blickte ihre Tante an. »W arum sind die Leute so gemein zu Noah?«, flüsterte sie.
In Tillys Augen funkelte Zorn. »Er ist der einzige Aborigine in der Stadt. Jedes Mal, wenn etwas schiefgeht, steckt Noah die Prügel dafür ein. Er tut mir leid, aber ich kann nicht viel dagegen tun.«
Katie schien das alles nicht zu interessieren. Sie reckte den Hals und hielt nach
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