Im Schatten des Teebaums - Roman
Alistair McBride Ausschau, doch er entdeckte sie zuerst und bahnte sich durch das Gedränge einen Weg zu ihr.
»Guten Morgen, Katie«, sagte er mit einem strahlenden Lächeln.
»Guten Morgen«, erwiderte Katie errötend.
»Sind Sie für den Tag in der Stadt?«, fragte er.
»Ja …«
Eliza beobachtete das Spielchen voller Zorn. Alistairs Anwesenheit ärgerte sie fast ebenso sehr wie das unschuldige Getue ihrer Schwester. »Haben Sie keinen Artikel zu schreiben?«, fragte sie Alistair.
»Das Gleiche könnte ich Sie fragen«, gab er kalt zurück. »V ielleicht sollten Sie mal darüber schreiben, dass hier an allen Ecken und Enden Schafe verschwinden, während der Jäger damit beschäftigt ist, Damen wie Sie durch die Stadt zu geleiten.«
Eliza schäumte vor Wut.
Als Alistair Sheba entdeckte, die zu Elizas Füßen saß, beugte er sich zu Katie hinunter, die über seine schlagfertige Bemerkung kicherte. »W ill sie mit diesem Köter beim Wettbewerb um das hässlichste Tier in Tantanoola antreten?«, fragte Alistair zynisch.
Katie lachte. Eliza funkelte sie zornig an, ergriff ihren Arm und zerrte sie weg.
»W as soll das?«, rief Katie und riss ihren Arm los.
»Ich bewahre dich vor einem Schicksal, das schlimmer ist als der Tod«, stieß Eliza wütend hervor.
»Ich mag Alistair«, rief Katie trotzig.
»T homas hat in seiner großen Zehe mehr Charme und Aufrichtigkeit als dieser Mann in seinem ganzen Körper«, sagte Eliza.
»Da bin ich mir nicht so sicher«, gab Katie schmollend zurück.
»Halt dich fern von ihm, Katie«, beschwor Eliza sie.
»W arum sollte ich?«
»Er bringt nur Ärger.«
»Das kannst du doch gar nicht wissen. Dass er dein Rivale bei der Zeitung ist, heißt noch lange nicht, dass ich ihn unsympathisch finden muss. Außerdem muss ich unterschiedliche Männer kennen lernen, um herauszufinden, ob es die richtige Entscheidung wäre, Thomas zu heiraten.«
»Ich glaube nicht, dass das die richtige Vorgehensweise ist, Katie. Vielleicht solltest du in deinem Herzen nach einer Antwort forschen. Und wenn du so versessen darauf bist, andere Männer kennen zu lernen, dann sieh dich doch einfach um. Es gibt überall Männer. Nette, aufrichtige Männer. Warum muss es unbedingt so einer wie Alistair McBride sein?«
Katie achtete nicht auf Elizas Worte. Sie war zu beschäftigt damit, Alistair kokett anzulächeln.
»Du meine Güte!«, stieß Eliza entnervt aus. »Da kann ich ja gleich Selbstgespräche führen.«
13
Eliza ließ Katie stehen und machte sich auf den Weg, George Kennedy am Bahnhof zu verabschieden. Der Zug war eine halbe Stunde zuvor mit etlichen Fahrgästen eingefahren und würde jeden Augenblick wieder nach Mount Gambier zurückfahren.
»W enn Sie meine Eltern sehen, richten Sie ihnen bitte aus, dass ich gesund und munter bin und sie sich keine Sorgen machen sollen«, rief Eliza ihrem Chef zu.
»Mach ich«, versprach George. Katie hatte ihn auch schon beiseitegenommen und gefragt, ob er den Dickens auf der Sunningdale-Farm eine Nachricht überbringen könne, und er hatte es versprochen. »W enn bis zum nächsten Wochenende keine dramatischen Entwicklungen eintreten, komme ich vermutlich nach Tantanoola zurück«, sagte George so beiläufig wie möglich. »Nur um zu sehen, wie es Ihnen ergangen ist.«
Eliza wunderte sich, als sie sah, dass seine Wangen gerötet waren. Sie begriff, dass er nicht zurückkommen wollte, um nach ihr zu sehen. Er hatte einen anderen Grund. »Sie haben sich gefreut, die Bekanntschaft mit meiner Tante zu erneuern, stimmt ’ s?«, fragte sie lächelnd, worauf er noch mehr errötete.
»Ja. Als wir zusammen zur Schule gingen, hatte ich sie sehr gern«, gab er zu, verlegen auf seine Schuhe starrend.
»W arum haben Sie sie damals dann nicht gefragt, ob sie mit Ihnen ausgehen möchte?«
George hob verwundert den Blick. Elizas forsche Neugier war er inzwischen gewöhnt. »Ich konnte es nicht …«, sagte er.
»Alles einsteigen!«, rief der Zugführer.
»W arum nicht?«, fragte Eliza. Ihr Chef war ein gut aussehender Mann. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass ihre Tante ihn abgewiesen hätte.
»Ich hätte keine Chance gehabt. Matilda und Ihr Vater waren einmal sehr verliebt ineinander.« Schnell stieg George in den Zug.
»W as?« Eliza verschlug es den Atem.
In der Tür drehte George sich noch einmal um und blickte Eliza verwundert an. »W ussten Sie das nicht?«
»Nein, woher denn?« Schlagartig begriff Eliza, weshalb
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