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Im Schattenwald

Im Schattenwald

Titel: Im Schattenwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Haig
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wollen und tatsächlich ruhig bleiben, sind zwei Paar Stiefel. Obwohl Martha seit dem Tod ihrer Eltern kaum einen Laut von sich gegeben hatte, war sie nahe daran, sich zu verraten.
    Die Sache ist nämlich die, dass Federn einen sehr kitzeln können. Und Nasen neigen nun einmal zum Niesen, wenn sie gekitzelt werden.
    Martha spürte das Niesen kommen. Sie hoffte nur, dass sie erst niesen musste, wenn die beiden Kreaturen die Tür hinter sich geschlossen haben und verschwunden sein würden.
    »Froga oda blenf«, sagte die erste Stimme, was ungefähr so viel heißt wie: »Ich habe irgendwas gehört«, aber es gibt keine genaue Übersetzung.
    Er glaubte, einen Caloosh gehört zu haben, einen dieser krächzenden, dreiköpfigen Vögel, die die Huldren mit Fleisch, Eiern und Federn versorgten oder sie mit Calooshkämpfen unterhielten.
    »Nip. Keider fregg lossvemper«, sagte der andere Huldre, dessen Stimme ein wenig freundlicher klang als die seines Begleiters. Er war davon überzeugt, dass sich kein Caloosh oder irgendein anderes Wesen in den Federn befand.
    Sie wollten gerade die Tür schließen, als sie ein Geräusch hörten:
    »Ha-ha-haaaa-tschi!«

    Als Martha nieste, flogen die Federn, mit denen sie bedeckt war, hoch in die Luft, sodass die beiden Huldren keine Schwierigkeiten hatten, sie zu erkennen.
    Martha sah sie zum ersten Mal - ihre weit auseinanderstehenden Augen, die Klauen, ihre graue Haut und ihre kuhartigen Schwänze, die beim Anblick des Mädchens in den Federn ausschlugen. Es waren zwei der Huldren, die Samuel und Tante Eda in der Nacht zuvor gesehen hatten. Sie hatten das singende Wesen eingefangen und in den Wald zurückgeschleppt. Ihre Kleider bestanden aus Calooshhaut. An ihren Gürteln waren Waffen befestigt: ein Schwert, eine kleine Wurfaxt, Dolche und ein Gegenstand, den Martha noch nie gesehen hatte.
    »Ig kippenk«, sagte der mit der etwas freundlicheren Stimme, dessen weit auseinanderstehende Augen von tiefer Traurigkeit waren.
    Er hieß Grentul, aber das war nicht der Name, den seine Mutter ihm gegeben hatte. Er hatte ihn sich selbst gegeben, vor langer Zeit. Einer Zeit, in der sich alles vollkommen verändert hatte und die Huldren unter die Erde gezwungen worden waren.
    »Ig kippook«, erwiderte der andere, der so dürr war, als wollten seine Rippen jeden Moment die Haut durchstoßen.
    Er beugte sich über den Rand der Grube, wie eine Katze, die zum Sprung ansetzt. Er hieß Vjpp, was für menschliche Zungen ein unaussprechlicher Name ist.
    Martha verstand ihre Sprache nicht, entnahm jedoch ihren Gesten, dass sie darüber diskutierten, wie sie sie aus dem Loch herausbekommen konnten. Vjpp lächelte sie bösartig an und winkte sie mit seinen Krallen näher heran.
    Überflüssig zu erwähnen, dass Martha die Geste ignorierte und sich nicht vom Fleck rührte.
    Die beiden Kreaturen diskutierten weiter, und Martha sah,
dass Vjpp auf die brennende Fackel deutete, die Grentul in der Hand hielt. Grentul nicke widerwillig und gab sie ihm.
    »Fugappuk ky brekk!«, rief Vjpp.
    Dann flog die brennende Fackel plötzlich über Marthas Kopf hinweg und landete knisternd in den Federn. Martha fuhr herum, während Funken in die Dunkelheit schossen.
    Im Nu verwandelten sich die Federn in Flammen, die ihr zischend entgegenzüngelten.
    »Fugappuk!«
    Vjpp klirrte begeistert mit den Schlüsseln. Das war das Grausamste und Lustigste, was er an diesem Tag bisher erlebt hatte.
    »Fugappuk! Fugappuk!«
    Martha spürte die Gluthitze an ihren Wangen, während sich die Flammen Millimeter um Millimeter auf sie zubewegten. Sie wusste, dass sie keine Wahl hatte.
    Sie musste schnellstens aus der Grube heraus, wollte sie nicht dasselbe Schicksal erleiden wie die Federn.
    Hustend kam sie auf alle viere.
    Die Klauen der Huldren zogen sie im letzten Moment nach oben, bevor sie die schwere Tür zuknallten und das Feuer sich selbst überließen. Sie wurde durch einen dunklen Gang geführt, musste jedoch so sehr husten, dass sie die eingesperrten Kreaturen kaum wahrnahm, die im flackernden Licht zu beiden Seiten des Korridors mit grotesk verzerrten Gesichtern in ihren Käfigen hockten.

Gefängnislieder
    M artha wurde am Ende des Korridors in eine Zelle geworfen, die anstelle von Wänden nur metallene Gitterstäbe hatte.
    Kein Bett. Keine Toilette. Kein Fenster.
    Keine Hoffnung zu entrinnen.
    »Ob kenk«, gluckste Vjpp. Seine Rippen zitterten unter der straff gespannten Haut, während er lachte.
    Grentul warf Martha einen traurigen

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