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Im Schattenwald

Im Schattenwald

Titel: Im Schattenwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Haig
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üblichen Regeln für Zeit und Raum in diesem Fall außer Kraft
gesetzt waren. Sie wusste, dass, was oder wer auch immer in den Wald eindrang, auf ewig verloren war. Ganz gleich ob es sich um ein Bettlaken oder einen Ehemann aus Fleisch und Blut handelte - der Wald gab nichts wieder heraus.
    Im selben Moment, in dem Martha zwischen den Bäumen verschwand, war sich Tante Eda bewusst, dass Martha verloren war. Während sie den Hang hinauflief, klammerte sie sich einzig an die Hoffnung, Samuel einzuholen, bevor auch er für immer verschwunden war.
    Diese verfluchten alten Beine , dachte sie, während sie versuchte, ihr Tempo zu beschleunigen.
    »SAMUEL! BLEIB HIER! SAMUEL!«
    Aber der Junge reagierte nach wie vor nicht. Er rannte mit unverminderter Energie weiter und versuchte verzweifelt, einen Blick auf die langen Haare oder das marineblaue Kleid seiner Schwester zu erhaschen.
    Er hatte den Wald fast erreicht.
    »SAMUEL! SAMUEL! STOPP!« Die Worte nahmen ihr den Atem und schienen den Hang noch steiler zu machen.
    Doch als sie schon drauf und dran war, jede Hoffnung zu begraben, hörte sie ein Geräusch hinter sich. Sofort erkannte sie das Klingeln von Ibsens Halsband.
    Und tatsächlich jagte der Hund mit Höchstgeschwindigkeit auf Samuel zu. Es war ein unglaublicher Anblick. Derselbe Hund, der es früher kaum gewagt hatte, seine Nase in Richtung des Waldes zu drehen, stürmte ihm jetzt wild entschlossen entgegen. Als wäre etwas in seinem Innern erwacht. Ibsen, der in letzter Zeit an nichts anderem Interesse gezeigt hatte, als um Käse zu betteln und in seinem Korb vor sich hinzudösen, raste jetzt über die Wiese, als wäre er ein Gepard, der eine Gazelle verfolgte.
    Samuel war sich seines vierbeinigen Verfolgers nicht bewusst. Alles, was sich hinter seinem Rücken abspielte, existierte
nicht mehr. Jetzt zählte nur noch, den Wald zu erreichen und seine Schwester zu finden.
    Schon sah er weitere Kiefern, die hinter den anderen im Dunkeln standen.
    Doch gerade als er mit dem Kopf voraus in den Wald eindringen wollte, zerrte jemand an seinem Arm.
    Zuerst dachte er, es wäre Tante Edas Hand.
    »Lass mich!« Doch dann sah er, dass die Hand Zähne hatte - Zähne, die sich in seinen Ärmel verbissen hatten.
    Ibsen, der hochgesprungen war, um Samuels Ärmel zu erreichen, bohrte jetzt seine Pfoten in den Boden, um Samuel daran zu hindern, in den Wald zu laufen.
    Und obwohl der Hund leichter war als der zwölfjährige Junge, besaß er doch genug Schwere und die Kraft von vier Beinen.
    »Hau ab, du blöder Hund!«
    Aber Ibsen machte das Gegenteil und ließ nicht locker. Samuel hob seinen Arm und nötigte Ibsen damit, nur auf seinen Hinterbeinen zu stehen. Trotz dieser unfreundlichen Behandlung dachte der hartnäckige Elchhund nicht im Traum daran, loszulassen oder womöglich in Samuels Arm zu beißen.
    »Lass los! Lass los! Lass los!«, schrie Samuel, während er in das undurchdringliche Dunkel des Waldes starrte.
    Samuel schüttelte seinen Arm und drohte Ibsen, ihn mit dem Buch zu schlagen. Dann drehte er sich um und sah, dass auch Tante Eda ihn fast erreicht hatte.
    »NEIN!«, rief Samuel. Das Wort stieg gemeinsam mit dem heißen Atem aus seinem Mund in die kalte norwegische Luft.
    In diesem Moment - dem Moment, in dem seine Tante bereits ihren Arm nach ihm ausstreckte - zerriss sein Pullover, und Ibsen blieb mit einem zerfetzten Stück Wolle im Maul zurück.

    Als er begriff, dass Ibsen ihn nicht mehr festhielt, rannte Samuel direkt in den Wald, hinein ins Dunkel. Er ignorierte Ibsens Kläffen und den Schrei seiner Tante. Ihr Schrei klang so gequält, als stamme er von einer Frau, die gerade ein Kind zur Welt brachte.
    Oder jemandes Tod beklagte.

Eine Grube voller Federn
    M artha ging geradewegs in den Wald hinein, was in Anbetracht der vielen Kiefern, die ihr den Weg versperrten, gar nicht so einfach war.
    Sie wusste nicht, welche Richtung sie einschlagen sollte.
    Sie verfolgte keine andere Absicht, als so tief wie möglich in das Dunkel des Waldes vorzudringen. Sie ging also einfach weiter, während niedrige Pflanzen ihre Knie streiften, einen schmalen Pfad entlang, der von kleinen Beerensträuchern gesäumt war.
    Dann hörte sie ein Geräusch.
    Es klang wie ein heiserer Schrei.
    Ein fürchterliches Geräusch, das langsam näher kam.
    Squawk! Squawk! Squawk!
    Dann erblickte Martha sie.
    Drei riesige Vögel, größer als sie selbst, die schnell dahinjagten. Sie hatten graue Federn und lange schwanenartige Hälse. Das Grau

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