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Im Schlauchboot durch die Unterwelt

Im Schlauchboot durch die Unterwelt

Titel: Im Schlauchboot durch die Unterwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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»Angewandte Wissenschafts-Globalisierung«, hatte den Flieger
gekonnt auf der Landebahn aufgesetzt: auf einer Art Rübenacker, den Querrinnen
durchzogen. Aber der 38-Jährige gilt nicht umsonst als Star-Pilot. Das sagt
sogar Professor Vierstein, Karls Vater — der Leiter des Teams.
    Er und alle andern befanden sich
jetzt im Flughafen-Gebäude. Die andern — das waren: John Woodlake, Co-Pilot und
Bordmechaniker und die Wissenschaftler Dr. Justine Gründl und Dr. Pierre
Chambord.
    Das Kaff mit der Landepiste
hieß Amajuta. Es lag am Ende der Zivilisation und bestand aus einem Dutzend
armseliger Lehm- und Wellblechhütten.
    Dass die Nigerianer hier einen
Flugplatz angelegt hatten, war auf die nahen Erdölvorkommen zurückzuführen.
Dieser Teil der Savanne hatte offenbar Zukunft; und die Vierstein-Mannschaft —
begleitet von TKKG — war hierher gejettet in wissenschaftlichem Auftrag. Die
nigerianische Regierung hatte ihn über die zuständige UN-Kommission nach
Deutschland vergeben — an das Institut, das dem Professor neuerdings
untersteht.
    Ganz allein stand jetzt der Jet
auf dem Rollfeld. Sonnenstrahlen prallten ab von Kanzel und silbrigem Rumpf,
der voll gestopft war mit wissenschaftlichen Apparaten.
    Was Fahrzeuge betraf, hatten
TKKG nur wenig ausgemacht: einen altersschwachen Jeep, der neben dem
Flughafengebäude parkte, und ein noch älteres Fahrrad. Trostlos!
    »Wenn unsere Leute
nachher...«Tim sprach nicht weiter, sondern schwieg verblüfft.
    Sinnestäuschung? Sonnenstich
nach so kurzer Zeit? Oder habe ich, dachte er, plötzlich Moskitos in den Ohren,
die mit Flügelschlag Motorenlärm vortäuschen?
    Die Luft war voll davon und
zwar im Handumdrehen. Automotoren dröhnten, Blech klapperte, Höllenlärm überzog
Amajutas Flughafen. Jetzt brüllten auch Stimmen — brüllten in einem
Eingeborenen-Dialekt, der nach Steinzeit und Krieg klang.
    Peitschend entlud sich ein
Schuss.
    »Um Himmels willen! Was ist da
los?«
    Tim startete aus der Hocke, war
schon beim Dornenstrauch, der Sichtblende, bremste scharf ab in seinen
knöchelhohen Lederschuhen und lugte durch die Zweige. Was er sah, trieb ihm
eine Gänsehaut über den Rücken — trotz äquatornaher Sonnenglut.
    Gaby, die jetzt neben ihm war,
atmete heftig, Karl verschlug der Anblick die Sprache. Klößchen stöhnte
entsetzt.
    »Das... sieht aus wie ein
militärischer Angriff«, stieß Tim hervor. »Macht euch klein — sonst haben sie
uns am Hemd.«
    Rund um das Flughafengebäude —
eine elende Baracke — wimmelte es von Militär: drei Dutzend Eingeborene in
Kampfanzügen, schwer bewaffnet mit Sturmgewehren und Maschinenpistolen. Die
Gesichter waren schwarz und glänzten wie Ebenholz.
    Eine Hand voll Soldaten stürmte
zum Jet. Die Treppe hinauf und hinein. Mit vorgehaltener Waffe. Aber dort war
niemand.
    Die anderen Uniformierten
hatten die Flughafenbaracke umringt. Schnellfeuermündungen richteten sich auf
jedes Fenster. Jetzt drangen Soldaten ein, angeführt von einem hünenhaften
Offizier. Von weitem wirkte seine Nase so breit wie ein Fußballschuh. Anstelle
der Kampfmütze trug der Hüne ein rosarotes Barett (Kappe), das wie ein
Wölkchen über ihm schwebte.
    »Unsere Leute sind dort... dort
drin«, stammelte Gaby. »Wir müssen hin und...»
    Tim hielt seine Freundin fest,
indem er den Arm um sie legte.
    »Ganz ruhig, Pfote! Wir können
nichts tun. Wir würden unseren Leuten nicht helfen. Dieser Überfall — oder was
auch immer das ist — gilt nicht uns. Wir sind hier im Auftrag der Regierung.
Also! Das sind Soldaten — Soldaten des Landes. Wer sonst? Aber vor einigen
Jahrzehnten lebten die noch ziemlich wild und im Busch. Denen sitzt der Finger
locker am Abzug. Ein Schuss fiel ja schon. Wahrscheinlich aus Versehen. Oder
als Warnung. Jedenfalls bleiben wir hier und beobachten erst mal.«
    Gaby versuchte, sich zu
beruhigen. Ebenso wie die Jungs trug sie tropentaugliche Klamotten: knielange
Shorts, Leinenhemd und strapazierfähige Sportschuhe.
    Außerdem hatte sie sich für
diese Reise nach Afrika in besonderer Weise ausgerüstet, hatte nämlich das
Amulett umgehängt, das Abschiedsgeschenk des Afrikaners Malco Miller. Als
dieser junge Mann — ein politisch Verfolgter, der sich illegal in Deutschland
aufgehalten hatte und ausgewiesen wurde — in seine Heimat zurückging, nahm er
nur eine freundliche Erinnerung mit: die an TKKG. Denn Gaby hatte ihn vor der
Messer-Attacke eines Ausländerhassers bewahrt — und Tim vor noch Schlimmerem

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