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Im Schneeregen

Im Schneeregen

Titel: Im Schneeregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Schenk
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genannt. Das sind ja nur zwei Häuserreihen, wurde der Fahrer laut, dafür bin ich doch nicht mitten in der Nacht durch die ganze Stadt gefahren, Beatrice überhörte es, auch die Aufforderung, auszusteigen, und was er sonst noch sagte. Schwitter schloss die Augen und drückte ihre Hand, die in der seinen ruhte.
    Wasser rauschte. Obwohl sich die Dusche am anderen Ende des Ganges befand, war es Schwitter, als verliefe die Leitung direkt durch das Zimmer, sanft und verschwommen war der Klang, als strömte Gas aus. Wie lange sie duschte, längst müsste jemand vom Haus an die Tür poltern, damit Beatrice endlich damit aufhörte. Wie, hatte er sie gefragt, hältst du das aus hier, ohne eigenes Bad? Ich dusche mich nicht jeden Tag, hatte sie geantwortet und ihn auf den Mund geküsst. Er hätte Kaffee machen können, sich anziehen, frische Brötchen holen. Aber vielleicht ging sie lieber in eines der Cafés im Quartier. Er blieb liegen. Von den andern im Haus war noch nichts zu hören, keine Stimmen, kein Scheppern von Geschirr, nicht einmal ein Radio. Sind alles Studenten, hatte Beatrice gesagt, kommen vom Land, aus den Bergen, nach ein paar Monaten ziehen sie weiter, sobald etwas frei wird bei Studienkollegen, die sie in der Zwischenzeit gefunden haben. Am Boden liegend, konnte er Beatrices Bücher im Regal zählen, breite, schwere Lexikonbände. Fünfunddreißig Stück. Das ist mein ganzes Kapital, hatte sie gesagt. Er brauchte nur zu warten, bis das Rauschen aufhörte, dann würde sie, die nassen Haare im Gesicht, ins Zimmer zurückkommen, und ihre Haut wäre warm und weich.
    Jetzt, in diesem Wald liegend, war wieder alles da. Er hielt Augen und Ohren offen, der Rest geschah von selber, das heißt, der Wind wurde stärker, das Rauschen auch, die Wasserleitung, sie musste ganz nahe sein, Hitze stieg in ihm hoch. Sie könnten es nochmals versuchen, er wäre bereit, von vorne beginnen, sich im Zug begegnen, mit den Augen tasten, Herbstfarben vor dem Fenster, die Ungeduld beim Fotografieren. Noch einmal würde er zu dieser Frau schauen, sich unverfängliche Fragen ausdenken, während sie alles Sichtbare an sich zog mit ihrer Kamera, die Zeit zerteilte, wenn sich der Verschluss kurz öffnete und gleich wieder schloss, wie eingespielt sie sich in die Hände arbeiteten beim Wechseln des Films, als wären sie seit Jahren ein Paar, und doch war es nicht mehr als eine flüchtige Verbindung, jeder Augenblick zählt, ein Windstoß reicht, eine Handbewegung, ein gedankenlos ausgesprochenes Wort, und sie werden auseinandergetrieben.
    Der Schwitter im Spital, das wird die Runde machen in der Bank. Bleibt ein paar Tage zur Analyse, wird der Chef sagen. Er freut sich auf den Tag, wenn er zurückkommt, dann kann er einmal etwas erzählen, endlich Eindruck machen mit einer Geschichte, genau wie seine Kollegen, jeden Montag hausieren sie mit ihren Wochenenderlebnissen, immer in den höchsten Tönen, den schönsten Farben. Schwitter, um solches zu vermeiden, trifft sich gleich um halb acht Uhr mit dem ersten Kunden. Wenn er sich danach an seinen Platz setzt, sind die Schilderungen zu Ende. Der risikofreudige Imhof wird morgen vergebens in die Bank kommen, und womöglich schickt ihn sein Chef diesmal tatsächlich an den Schalter, damit man ihm dort einen Prospekt in die Hand drückt und er die verschiedenen Fonds zu Hause studieren kann. Und wenn Imhof morgen Neuigkeiten zu berichten hat, Aussicht auf die Erbschaft, der Vater im Spital, ein Hirnschlag vielleicht, der Aufstieg in eine bessere Anlegerkategorie vor Augen? Vollständig ist sie noch, die Familie Imhof, da ist sich Schwitter sicher, denn ihm entgeht keine Todesanzeige, auf der ein Kunde unter den Angehörigen aufgeführt ist. Das hat er Vater zu verdanken, alle waren sie darin geschult worden, die Ankündigungen in der Zeitung genau zu studieren. Als Aktuar des Turnvereins war Vater dafür verantwortlich, die Adresskartei à jour zu halten, manchmal las er die Anzeigen beim Frühstück vor, und der Rest der Familie musste Alter und Beruf der Verstorbenen erraten.
    Schlimmer als Montagmorgen ist nur die Rückkehr aus den Ferien. Auch von Schwitter wird dann ein Bericht erwartet, und jedesmal denkt er sich vor dem ersten Arbeitstag etwas aus. Die besten Erfahrungen hat er mit Strandferien in Spanien gemacht, darunter können sich alle etwas vorstellen, aber niemand will Genaueres wissen. Die Mittagszeit verbringt er in der Regel vor dem Computer. Am besten ist sein Verhältnis zu

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