Im Schutz der Nacht
Dateien auf einen Memorystick geladen, was Bandini dummerweise mitbekommen hatte, und seither lief Layton um sein Leben. Erst jetzt konnte er Bandinis Männer abschütteln, und er war sicher, dass sich das FBI dafür interessieren würde, was auf dem Memorystick war. Damit sie die gesicherte Datei öffnen konnten, hatte er das Passwort in einer zweiten Datei abgespeichert. Vielleicht würde man ihn fragen, warum er nicht einfach angerufen und darum gebeten hatte, abgeholt zu werden, aber auch darauf wusste er eine Antwort: Er hatte gehört, dass Bandini einen Verbindungsmann im FBI hatte, und konnte nicht sicher sein, ob derjenige, der seinen Anruf entgegennahm, nicht zufällig diese Quelle war. Das hatte er tatsächlich gehört, das war nicht einmal gelogen. Er hatte sich überlegt, dass er den Stick mehreren Agenten gleichzeitig übergeben würde, um zu verhindern, dass das Beweismaterial und er selbst verschwand.
Nicht dass er nicht sowieso vorgehabt hätte zu verschwinden. Wahrscheinlich würden alle annehmen, dass Bandini ihn doch noch erwischt hatte. Das war ihm egal, es war ihm auch egal, ob sie ihn für eine Aussage brauchten oder nicht. Was sie mit den Informationen anfingen, die sich auf dem Memorystick befanden, war ihre Sache; Layton hatte sich ausgerechnet, dass die Staatsanwaltschaft in mehreren Punkten eine Verurteilung erreichen konnte, ohne dass er aussagen musste.
Nicht sein Problem.
Er wäre liebend gern eine Fliege an der Wand und würde beobachten, wie Bandini zu Fall kam, aber er musste sich schützen. Er hatte seinen Zufluchtsort bereits gewählt. Sich eine neue Identität zugelegt. Ihn erwartete ein angenehmes Leben, nicht so angenehm, wie es gewesen wäre, wenn Bandini ihn ausgezahlt hätte, aber angenehm genug.
Nachdem er sich rasiert hatte, zog er einen seiner Anzüge an, die alle danach ausgewählt waren, die Ausstrahlung eines unauffälligen Langweilers zu erzeugen. Es waren gute, aber nicht zu teure Anzüge. Geschmackvoll, aber nicht stylisch. Es waren Anzüge, die es ihm erlaubten, überall unterzutauchen, praktisch unsichtbar zu werden. Er hasste sie.
Um exakt zehn Uhr verließ er das Motel und fuhr zum örtlichen FBI-Büro in Dearborn. Er hätte es wissen müssen; er hätte ein Taxi nehmen sollen, damit er nicht erst einen Parkplatz zu suchen brauchte. Er hasste es, einen Parkplatz suchen zu müssen; das war nur Zeitverschwendung. Ein paar Minuten lang fuhr er durch die Gegend, immer Ausschau haltend, und rollte dabei an mehreren öffentlichen Parkplätzen vorbei, auf denen es noch freie Stellflächen gab, aber alle waren weiter entfernt, als ihm lieb war. Er wollte den Wagen nicht so weit weg abstellen, dass er auf dem Weg zurück ins Schwitzen käme, denn diesen Eindruck wollte er vermeiden. Moment, vielleicht doch nicht. Vielleicht war Schwitzen eine gute Idee. Vielleicht sollte er den Eindruck erwecken, nervös zu sein.
Ja. Das war eine gute Idee. Eingedenk dessen nahm er den nächstbesten Parkplatz.
Er musste zwei Blocks zum Dirksen Building zurückgehen, wo das FBI seinen Sitz hatte. Die warmfeuchte Septemberluft brachte ihn augenblicklich ins Schwitzen. Dann musste er durch den Securitycheck, bevor ihn die nächste Barriere in Gestalt der Empfangstheke erwartete. Bis man ihm endlich die gewünschten zwei Agenten aus dem Gaunerdezernat, oder wie auch immer das hier hieß, heruntergeschickt hatte, war sein Schweiß schon fast wieder getrocknet, was ihn ungemein ärgerte. So viel Mühe, und nun war die ganze Wirkung verpufft.
Er nahm den Memorystick aus der Tasche, hielt ihn hoch, um den beiden zu zeigen, was es war, und warf ihn dann dem nächsten Agenten zu. »Salazar Bandinis Privatbücher«, erklärte er barsch. »Viel Spaß damit.«
Der Boden war mit gut einer Handbreit Schnee bedeckt, aber das Wetter war aufgeklart und die Luft kristallklar. Rechts von ihnen konnten sie einen Teil von Trail Stops Pantoffeltierchengestalt erkennen und dahinter die nächste Bergkette. Die Schneegrenze lag etwa dreihundert Meter unter ihnen; das Tal selbst war immer noch schneefrei.
Cate hatte es aufgegeben, Cal überzeugen zu wollen, dass er mit ihr zurückkehrte. Seine Argumente wogen schwer. Der Schnee und das Eis hatten alles verändert. Die Wanderung, die ihrer Schätzung nach vier Tage dauern sollte, würde nun mindestens sechs in Anspruch nehmen, und das auch nur, wenn sie nicht aufgehalten wurden. Wegen des Eises konnten sie keine Routen wählen, bei denen sie klettern
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