Im Schutz der Nacht
die Jungs würden ihn unbeschadet überstehen. Sie hatte nach besten Kräften dafür gesorgt, dass sie unbeschwert heranwuchsen, und ihnen dabei genug Selbstbewusstsein vermittelt, um mit ihrer Großmutter ins Flugzeug zu steigen und sie zwei Wochen lang zu besuchen. Sie konnten es kaum erwarten, endlich zu fliegen. Natürlich waren sie schon einmal geflogen, aber damals waren sie so klein gewesen, dass sie sich nicht mehr daran erinnerten. Sie sollte froh sein, zwei so kleine tapfere Helden großgezogen zu haben.
Nur dass zwei Wochen entschieden zu lang waren. Sie hätte sich allenfalls auf eine Woche einlassen sollen.
Als um kurz nach drei das Telefon läutete, hechtete sie nach dem Hörer.
»Wir sind da.« Ihre Mutter klang erledigt.
»Ist alles gut gelaufen? Gab es irgendwelche Schwierigkeiten?«
»Alles wunderbar, es gab keinerlei Probleme. Sie waren ganz begeistert von dem Gepäckwagen. Und von den landenden und startenden Flugzeugen. Und von der winzigen Toilette, die beide besuchen mussten. Und zwar je zweimal. Die Piloten kamen kurz vor dem Start vorbei und haben sich mit ihnen unterhalten, und jetzt haben sie beide ein Paar Pappflügel, die sie noch nicht wieder abgenommen haben.«
Wahrscheinlich würden sie die Flügel immer noch tragen, wenn sie heimkamen, dachte Cate und spürte, wie ihr Tränen in die Augen schossen, obwohl sie der Gedanke lächeln ließ.
»Als wir heimkamen, haben sie sich als Erstes auf den Traktor-Rasenmäher gestürzt«, fuhr ihre Mutter fort. »Dein Vater ist jetzt draußen und fährt mit den beiden auf dem Schoß im Kreis herum. Die Klingen sind natürlich ausgeschaltet«, ergänzte sie.
Cate konnte sich erinnern, wie sie mit ihrem Vater auf dem Rasenmäher herumgefahren war, und merkte, wie ihr bei der Vorstellung, dass er jetzt das Gleiche mit ihren Kindern tat, warm ums Herz wurde.
»Du kannst also aufhören zu schniefen«, mahnte Sheila. »Sie haben nicht nur eine Menge Spaß, sie haben mich auch völlig aufgearbeitet und machen jetzt deinen Vater fertig, was dir wärmste Genugtuung bereiten sollte.«
»Das tut es auch«, sagte Cate. »Danke.«
»Gern geschehen. Soll ich dir Bilder schicken? Wir haben schon einen ganzen Haufen geschossen.«
»Nein, mit meinem Einwahlmodem brauche ich ewig, um sie herunterzuladen. Druck sie aus und bring mir Abzüge mit, wenn du die beiden zurückbringst.«
»Okay. Was hast du heute gemacht?«
»Ich habe geputzt wie eine Irre.«
»Gut. Jetzt hast du frei und kannst zum Friseur gehen.«
Cate lachte und begriff erst jetzt, dass sie tatsächlich zum Friseur gehen konnte. Ein neuer Schnitt würde nicht allzu viel kosten, und sie brauchte wirklich dringend einen. »Gute Idee.«
»Verwöhn dich ein wenig. Lies ein Buch. Schau dir einen Film an. Lackier dir die Zehennägel.«
Erst nachdem Cate aufgelegt hatte, begriff sie, dass ihre Eltern nicht nur darauf aus waren, die Jungs ein paar Tage bei sich zu haben, sondern dass sie ihr gleichzeitig eine Ruhepause gönnen wollten. Sie war ihnen dankbar für die Fürsorge, wirklich, und sie würde sich bemühen, die Zeit zu genießen. Also beherzigte Cate, nachdem sie ihre E-Mail durchgesehen und die über ihre Website hereingekommenen Buchungen erledigt hatte, außerdem die Wäsche fertig gemacht und eine Zutatenliste für ihre nächste Einkaufsfahrt kopiert hatte - sie hatte ein paar Rezepte entdeckt, die sie ausprobieren wollte - und sich zuletzt ein Abendessen gemacht hatte - ein gegrilltes Käsesandwich -, den Rat ihrer Mutter und lackierte ihre Zehennägel.
14
In dieser Nacht traf sich Teague wieder mit Toxtel und Goss. Die drei Männer, die er dabeihaben wollte, waren ebenfalls gekommen: sein ältester Cousin Troy Gunnell; sein Neffe Blake Hester; und sein alter Freund Billy Copeland. Troy und Billy kannten sich in den Bergen beinahe so gut aus wie Teague selbst; Blake war auch ziemlich gut, aber sein größtes Talent und der Grund für seine Teilnahme an dieser illustren Runde war seine Treffsicherheit. Wenn es irgendwann schwierige Schüsse abzugeben galt, wäre Blake der Schütze.
Wieder und wieder gingen die sechs den Plan durch. Teague hatte den größten Teil des Tages damit zugebracht, ihn zu skizzieren, und zwar im wahrsten Sinn des Wortes, unter Zuhilfenahme einer Kombination aus Straßenkarten, topografischen Karten, Satellitenbildern und Karten, die er selbst von der Gegend angefertigt hatte. Während er in Trail Stop gewesen war, hatte er außerdem heimlich Bilder mit
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